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Die Tote von Schoenbrunn

Die Tote von Schoenbrunn

Titel: Die Tote von Schoenbrunn
Autoren: Edith Kneifl
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beinahe vermasselt. Gustav und Klausi waren sich sicher, dass der weiße Ball den gelben nicht berührt hatte. Aber der Marqueur entschied für den Erzherzog.
    Gustav blieb ruhig, ließ Karl Konstantins Hände nicht aus den Augen. Bildete er sich nur ein, dass sie leicht zitterten?
    „Verflucht!“, schrie der Erzherzog, als er den folgen­den Stoß komplett vergeigte. Er warf seinen Queue an die Wand und griff nach seinem Champagnerglas.
    „98 zu 88. Dritte Aufnahme Herr von Karoly.“ Die Stimme des Marqueurs bebte.
    Gustav spielte eine saubere Serie bis zum Stand von 99 zu 99. Doch dann ritt ihn der Teufel. Klausi schloss die Augen, als er sah, was sein Kamerad vorhatte. Der Besitzer des Dommayer und der Marqueur traten ganz nahe an den Tisch heran. Nur der Erzherzog tat, als würde ihn das alles nicht mehr interessieren. Er hatte sich eine Zigarette angezündet und blickte demonstrativ an die Decke, während Gustavs Ball über fünf Banden rannte und zuerst den weißen, dann den roten Ball karambolierte.
    „Das war der Todesstoß“, jubelte Klausi und umarmte seinen Kameraden.
    Einem erleichterten Seufzer von Gustav folgte ein Raunen der übrigen anwesenden Herren.
    Der Erzherzog war erbleicht, fing sich jedoch rasch wieder, griff nach seinem Glas und prostete Gustav zu.
    „Gratuliere!“, rief er. „Dieses Mal hast du kein Pardon gekannt.“
    Nachdem sich Klausi und die anderen beiden Männer verabschiedet hatten, zündete sich Karl Konstantin eine Zigarette an, während die andere noch brennend im Aschenbecher lag, und blickte Gustav belustigt an.
    Gustav begriff, dass er sich wieder einmal geirrt hatte. Von wegen Stolz und Ehre. Karl Konstantin war kein Mann von Ehre. Er würde nicht im Traum daran denken, diese tödliche Wettschuld einzulösen. Sein Verdacht wurde bestätigt, als der Erzherzog plötzlich spöttisch grinste.
    „Du Bastard hast im Ernst geglaubt, dass ich mich auf so einen Blödsinn einlasse?“
    Gustav holte aus und versetzte Karl Konstantin einen Schwinger mit seiner Rechten.
    Der Erzherzog taumelte, wollte sich an dem drei­beinigen Rauchertischchen festhalten und krachte samt Tisch zu Boden. Lachend rappelte er sich wieder auf.
    Gustav schlug ein zweites Mal zu. Karl Konstantin landete auf dem Billardtisch. Blut tropfte von einem Cut über seinem rechten Auge auf die teure grüne Bespannung.
    „Willst du mich umbringen?“
    „Wegen dir gehe ich sicher nicht ins Gefängnis“, sagte Gustav. „Aber wie wäre es mit einem echten Duell? Pistolen, Säbel oder Degen. Wie Sie wünschen.“
    „Mit einem Parvenü wie dir schlage ich mich nicht. Das ist unter meiner Würde.“ Karl Konstantins höhnisches Gelächter trieb Gustav zur Weißglut.
    „Ich werde es allen erzählen. Jedermann in Wien wird erfahren, dass du diese Frauen umgebracht hast …“
    „Und du denkst wirklich, dass man einem windigen Privatdetektiv wie dir eher glauben wird als einem Erzherzog? Armer Gustl! Mach dich nicht lächerlich, mein Lieber.“
    Gustav hörte sich aufheulen vor Zorn, bevor er noch einmal mit voller Kraft zuschlug.
    „Du hast mir die Nase gebrochen, du Idiot!“, schrie Karl Konstantin und hielt beide Hände vor Nase und Mund.
    Gustav weidete sich für einen Moment an dem erbärmlichen Anblick, den der Erzherzog bot, dann drosch er weiter auf ihn ein.
    „Du wirst deine Fratze nicht mehr wiedererkennen!“, brüllte er.
    Wenn in dieser Sekunde nicht der Lokalbesitzer und sein Oberkellner ins Zimmer gestürzt wären und Gustav mit vereinten Kräften zurückgehalten hätten, er hätte seine Drohung wahr gemacht. So blieb ihm nichts anderes übrig, als wutentbrannt das Casino Dommayer zu verlassen.
    Zu Hause musste sich Gustav Dorotheas und Veras abfällige Kommentare über männlichen Stolz und alberne Ehrbegriffe anhören, kaum, dass er ihnen von dem missglückten Duell erzählt hatte. Ihm blieb nichts anderes übrig, als dem verrückten Plan der beiden Damen kleinlaut zuzustimmen. Sie benötigten allerdings die Unterstützung von seinem Vater und von Edi für die Realisierung.
    Gustav schickte Edi sogleich zu Graf Batheny, der, wie Dorothea von Marie Luise wusste, gerade in seinem Palais in der Herrengasse weilte. Als der Graf in den Hofstallungen eintraf, erklärte ihm Gustav kurz und bündig, was in den letzten beiden Tagen passiert war.
    Graf Batheny war während der Schilderung, wie die tapfere Dorothea den Erzherzog in die Flucht geschlagen hatte, sehr blass geworden. Gustav überließ es
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