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Die Tote im Götakanal

Die Tote im Götakanal

Titel: Die Tote im Götakanal
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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aus und sehen verschiedenste Dinge.
    Manche schreiben vier Seiten, wenn sie eine einäugige Katze gesehen haben und die Kinder im Haus Schnupfen haben, und andere versuchen, drei Leichen und eine Zeitbombe in einem Relativsatz unterzubringen. Die fragen auch viel zu unterschiedlich.«
    Martin sagte gar nichts. Kollberg seufzte.
    »Ein Formular müßten die haben. Das würde vier Fünftel der Zeit sparen.«
    »Ja.«
    Martin Beck suchte in seinen Taschen.
    »Ich rauche bekanntlich nicht«, bemerkte Kollberg schadenfroh.
    »Der Landsfogd hat in einer halben Stunde eine Pressekonferenz angesetzt. Er will, daß wir kommen.«
    »Na schön. Dann müssen wir ja wohl.« Er zeigte auf die Zeitung und fuhr fort: »Und wenn wir nun die Zeitungsleute zur Abwechslung mal fragen? Vier Tage hintereinander hat dieser Kerl geschrieben, daß eine Festnahme für den Nachmittag bevorsteht.
    Und die Frau sieht mal wie Anita Ekberg und mal wie Sophia Loren aus.«
    Er hatte sich im Bett aufgerichtet, knöpfte das Hemd zu und begann sich die Schuhe zuzubinden.
    Martin Beck trat ans Fenster. »Es wird gleich Regen geben«, sagte er.
    »Ich glaub’s auch«, meinte Kollberg und gähnte.
    »Bist du müde?«
    »Hab zwei Stunden geschlafen in dieser Nacht.
    Wir waren im Mondschein draußen und haben in den Wäldern nach diesem Typen aus Sankt Sigfrid gesucht.«
    »Ach so, ja.«
    »Tja, und als wir sieben Stunden lang herumgelatscht waren, bequemte sich jemand und erzählte uns, daß die Kollegen von Klara den Kerl vorgestern abend im Berzelii Park erwischt haben.«
    Kollberg war angezogen und steckte die Pistole ein. Er warf Martin Beck einen schnellen Blick zu und fragte:
    »Du siehst deprimiert aus. Was ist denn?«
    »Nichts Besonderes. Komm, wir müssen gehen; die Weltpresse wartet.«
    Es befanden sich ungefähr zwanzig Journalisten im Raum, außerdem der Landsfogd, der Stadsfiskal, Larsson und ein Fernsehmann mit seiner Kamera und zwei Scheinwerfern. Ahlberg war noch nicht da. Der Landsfogd saß hinter dem Tisch und blätterte nachdenklich in seiner Mappe. Die Mehrzahl der übrigen mußte stehen, weil die Stühle nicht ausreichten; alle redeten aufeinander ein. Es herrschte ein fürchterliches Gedränge, und die Luft war schon jetzt verbraucht. Martin Beck, der Versammlungen aller Art verabscheute, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand, so daß er gerade zwischen Antwortenden und Fragestellern zu stehen kam.
    Nach einigen Minuten beugte sich der Landsfogd mit einer Bemerkung zum Polizeichef hinüber. Der Stadsfiskal wandte sich daraufhin zu Larsson, und sein Bühnengeflüster war im ganzen Zimmer zu hören:
    »Wo zum Teufel bleibt Ahlberg?«
    Larsson griff zum Telefon, und 40 Sekunden später trat Ahlberg ins Zimmer. Seine Augen waren rot umrändert; er war verschwitzt und immer noch damit beschäftigt, seine Jacke zu schließen.
    Der Landsfogd erhob sich und klopfte mit seinem Füllfederhalter leicht auf den Tisch. Er war groß und gut gebaut und äußerst korrekt mit leichter Andeutung von Eleganz gekleidet.
    »Meine Herren, es freut mich, daß Sie so zahlreich zu dieser improvisierten Zusammenkunft gekommen sind. Wie ich sehe, sind Presse, Rundfunk und Fernsehen hier vertreten.« Er machte eine leichte Verbeugung zu dem Fernsehmann hin, dem einzigen der Anwesenden, den er mit Sicherheit hatte identifizieren können.
    »Es freut mich auch, bestätigen zu können, daß Sie diese betrübliche und… prekäre Geschichte im großen und ganzen korrekt und verantwortungsbewußt der Öffentlichkeit unterbreitet haben. Leider gibt es auch einige Ausnahmen, Sensationsmacherei und lose Spekulationen gehören nicht zu einem so… prekären Fall wie…«
    Kollberg gähnte ganz offenherzig und machte sich nicht einmal die Mühe, die Hand vor den Mund zu nehmen.
    »Wie Sie alle verstehen, ist diese Untersuchung – ich brauche es wohl nicht besonders hervorzuheben – von besonders… prekärer Natur und…«
    Ahlberg, der an der gegenüberliegenden Wand lehnte, richtete seine hellen Augen auf Martin Beck.
    Sie verstanden sich auch ohne Worte…
    »… und gerade diese… prekären Fragen verlangen verständlicherweise besonders taktvolle Behandlung«, fuhr der Landsfogd fort.
    Martin Beck blickte dem Journalisten vor ihm über die Schulter und sah einen kunstvollen Stern auf dessen Schreibblock wachsen. Der TV-Mann lehnte sich gegen sein Stativ.
    »… und natürlich wollen – weder wollen noch können wir verheimlichen, daß wir dankbar für jede
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