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Die Tote im Götakanal

Die Tote im Götakanal

Titel: Die Tote im Götakanal
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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Kanals. Einige angelten, andere sonnten sich, doch unverkennbar waren die meisten gekommen, um das Schiff zu sehen.
    Zum erstenmal seit mehreren Stunden fühlte sich Martin Beck veranlaßt, eine Frage zu stellen.
    »Kommt das Schiff immer um diese Zeit hier vorbei?«
    »Wenn es von Stockholm kommt, ja. Halb eins.
    Genau. Das da, das aus der anderen Richtung kommt, ist später, kurz nach vier, da. Die treffen sich in Vadstena. Legen dort an.«
    »Viele Leute hier – an Land, meine ich.«
    »Die kommen immer her, um das Schiff zu sehen.«
    »Jedesmal so viele?«
    »Meistens.«
    Der Mann, mit dem er sprach, nahm die Pfeife aus dem Mund und spuckte ins Wasser.
    »Auch so ein Vergnügen«, meinte er, »stehen da und glotzen die Touristen an.«
    Als Martin Beck zum Kanalufer zurückkehrte, kam er noch einmal an dem kleinen Passagierschiff vorbei, das nun mit halber Fahrt friedlich plätschernd in dem dritten Schleusenbecken lag. Verschiedene Passagiere waren an Land gegangen. Ein Teil war dabei, das Schiff zu fotografieren, andere drängten sich vor den Kiosken an Land, wo sie Wimpel, Ansichtskarten und Souvenirs aus Plastik kauften, die zweifellos in Hongkong hergestellt waren.
    Es gelang Martin Beck nicht, sich einzureden, daß er es eilig hatte, und der Respekt vor der Sparsamkeit des Staates ließ ihn für den Rückweg den Bus nehmen.
    Die Halle war leer, die Leute von der Presse waren verschwunden, und niemand hatte für ihn eine Nachricht an der Rezeption abgegeben. Er ging in sein Zimmer hinauf, setzte sich an den Tisch und blickte hinaus über Stora Torget, den Großen Markt.
    Eigentlich sollte er auf der Polizeidirektion vorbeigehen, aber er war ja schon zweimal vor dem Lunch dort gewesen.
    Nach einer halben Stunde rief er Ahlberg an.
    »Hallo! Gut, daß du anrufst. Der Landsfogd ist gerade hier.«
    »Und?«
    »Er wird um sechs eine Pressekonferenz abhalten. Sehr glücklich scheint er nicht darüber zu sein.«
    »Soso.«
    »Er will, daß du dabei bist.«
    »Gut, ich komme.«
    »Bringst du Kollberg mit? Ich hatte keine Zeit gehabt, ihm Bescheid zu sagen.«
    »Wo ist Melander?«
    »Draußen mit einem meiner Jungens und geht einem Hinweis nach.«
    » Erfolgversprechend?«
    »Natürlich nicht.«
    »Und im übrigen?«
    »Nichts. Der Fogd macht sich Sorgen wegen der Presse. Moment… da klingelt das andere Telefon.«
    »Na schön, wir sehen uns dann.«
    Er saß noch am Tisch und rauchte lustlos seine Zigarette zu Ende. Dann blickte er auf die Uhr, erhob sich und ging auf den Flur hinaus. Drei Türen weiter blieb er stehen, klopfte an und stand schon, wie es seine Art war, im Zimmer; lautlos und blitzschnell.
    Kollberg lag auf dem Bett und las eine Abendzeitung. Er hatte Schuhe und Jacke abgelegt und das Hemd aufgeknöpft. Seine Dienstpistole lag auf dem Nachttisch, eingewickelt in seinen Schlips.
    »Heute sind wir nur noch auf Seite zwölf zu finden«, sagte er. »Die armen Kerle haben es nicht leicht.«
    »Welche?«
    »Die Zeitungsschmierer natürlich.« Das Geheimnis um den bestialischen Frauenmord in Motala verdichtet sich. Nicht nur die örtliche Polizei, auch die erfahrenen Ermittlungsbeamten der Reichsmordkommission mühen sich in einem undurchdringlichen Dunkel. »Wo nehmen sie das bloß her?
    «
    Kollberg war ein wenig rundlich und pflegte sich freundlich und gepflegt auszudrücken, das hatte bei vielen Menschen bereits zu schicksalhaften Mißverständnissen geführt.
    »Der Fall schien zu Beginn eine Routinesache zu sein, hat sich aber als immer komplizierter erwiesen. Die Leitung der Fahndung hält sich eher zu-rück, arbeitet aber in verschiedene Richtungen. Die nackte Schönheit im Boren… »Ach leck mich doch!«
    Er überflog den Rest des Artikels und ließ die Zeitung auf den Boden fallen.
    »Na, das war mir aber eine verdammte Schönheit.
    Eine ganz gewöhnliche O-beinige Frau mit zu großem Hintern und zu kleinen Brüsten.«
    Martin Beck hob die Zeitung auf und blätterte unschlüssig darin herum.
    »Sie hatte natürlich eine zu große Fotze«, sagte Kollberg.
    »Und das ist ihr zum Verhängnis geworden«, fügte er hinzu.
    »Hast du sie gesehen?«
    »Na klar, du nicht?«
    »Nur auf Bildern.«
    »Na, ich hab sie mir jedenfalls angesehen.
    Schrecklich.«
    »Was hast du heute nachmittag getan?«
    »Was glaubst du denn? Die Berichte über die Fragerei an den Türen. Alles Abfall. Es ist reiner Wahnsinn, fünfzehn verschiedene Männer in alle Windrichtungen zu schicken. Alle drücken sich unterschiedlich
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