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Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte
Autoren: Camilla Läckberg
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wußte er umzugehen.
    Mit leerem Blick starrte er auf die vor ihm liegenden Papiere und versuchte das Gehirn so weit von Spinnweben zu befreien, daß er weiter arbeiten konnte. Das Klingeln des Telefons ließ ihn heftig zusammenfahren, und erst nach dem dritten Läuten sah er sich imstande, den Hörer abzunehmen.
    »Patrik Hedström.«
    Zehn Minuten später riß er die Jacke vom Haken neben der Tür, rannte zu Martin Molin ins Zimmer und sagte: »Martin, ein Fischer hat draußen auf dem Wasser Hummerkörbe eingeholt und eine Leiche zutage gefördert.«
    »Wo denn?« Martin war verwirrt. Die dramatische Mitteilung brachte den ruhigen Montag auf der Tanumsheder Polizeidienststelle aus dem Trott.
    »Draußen vor Fjällbacka. Er hat an der Landebrücke beim Ingrid-Bergman-Platz angelegt. Wir müssen los. Der Rettungswagen ist unterwegs.«
    Martin brauchte keine zweite Aufforderung. Auch er schnappte sich seine Jacke, um sich gegen das rauhe Oktoberwetter zu schützen, und folgte Patrik zum Auto. In schnellem Tempo fuhren sie nach Fjällbacka, und Martin klammerte sich ängstlich am Autodach fest, wenn der Wagen in den scharfen Kurven den Straßenrand touchierte.
    »Ist es ein Ertrunkener?« fragte Martin.
    »Woher zum Teufel soll ich das wissen«, sagte Patrik, bereute jedoch seinen knurrigen Tonfall sofort, »‘tschuldige, einfach zu wenig Schlaf.«
    »Schon in Ordnung«, erwiderte Martin. Wenn er bedachte, wie angeschlagen Patrik in den vergangenen Wochen gewirkt hatte, verzieh er ihm nur zu gern.
    »Wir wissen lediglich, daß sie vor einer Stunde gefunden wurde und, wie der Mann sagte, anscheinend nicht sehr lange im Wasser gelegen hat, aber das werden wir ja wohl gleich sehen«, sagte Patrik, während sie den Galärbacken zur Anlegebrücke hinunterfuhren, wo ein Holzkahn vertäut lag. »Sie?«
    »Ja, es ist ein Mädchen, ein Kind.«
    »Oh, Scheiße«, sagte Martin und wünschte, daß er seinem ersten Instinkt gefolgt und daheim bei Pia im Bett geblieben wäre.
    Sie parkten am Cafe Bryggan und eilten auf das Boot zu. Erstaunlicherweise hatte noch niemand bemerkt, was geschehen war, und man mußte keine Neugierigen verscheuchen.
    »Sie liegt hier im Kahn«, sagte der Mann, der ihnen auf der Brücke entgegenkam. »Ich will das Mädel nicht öfter als nötig anfassen.«
    Patrik kannte die bleiche Gesichtsfarbe des Alten nur zu gut. Er wußte sie in seinem eigenen Gesicht, jedesmal wenn er gezwungen war, sich einen toten Körper anzuschauen.
    »Wo hast du sie hochgeholt?« wollte Patrik wissen und schob durch die Frage die Konfrontation mit der Toten für ein paar Sekunden auf. Er hatte sie noch nicht einmal gesehen, dennoch verspürte er schon ein flaues Gefühl im Magen.
    »Bei Porsholmen. Südlich der Insel. Sie war am Reep des fünften Korbs, den ich eingeholt habe, hängengeblieben. Sonst hätte es wohl noch eine Weile gedauert, bevor wir das Mädel zu Gesicht bekommen hätten. Vielleicht auch nie, wenn die Strömung sie ins Meer getrieben hätte.«
    Es wunderte Patrik nicht, daß der Mann wußte, wie ein Körper auf das Meer reagiert. Alle Fischer vom alten Schlag kannten sich aus und wußten, daß ein Körper zuerst sank und dann, wenn ihn immer mehr Gase füllten, langsam wieder an die Oberfläche % stieg, bevor er schließlich, einige Zeit später, erneut in der Tiefe verschwand. In früheren Tagen stellte das Ertrinken eine höchst reale Gefahr für einen Fischer dar, und Frans war es bestimmt nicht erspart geblieben, nach verunglückten Kollegen zu suchen.
    Wie zur Bestätigung sagte der Fischer: »Sie kann dort nicht besonders lange gelegen haben. Sie ist noch nicht wieder aufgestiegen.«
    Patrik nickte. »Du hast es schon am Telefon gesagt. Ja, ist wohl das beste, wir sehen uns die Sache an.«
    Äußerst langsam gingen Patrik und Martin nebeneinander zum Kopf der Brücke, wo das Boot lag. Kurz vor dem Ende hatten sie genügend Sicht, um zu erkennen, was jenseits der Reling auf dem Boden lag. Das Mädchen war auf den Bauch gefallen, als es der Fischer ins Boot gezogen hatte, und alles, was sie sahen, war ihr zerzaustes, nasses Haar.
    »Jetzt kommt der Rettungswagen, die können sie umdrehen.«
    Martin nickte nur schwach. Seine Sommersprossen und das rötliche Haar hoben sich viel stärker als sonst von seinem weißen Gesicht ab, und er kämpfte, um die Übelkeit in Schach zu halten.
    Das düstere Wetter und der pfeifende Wind sorgten für schaurige Stimmung. Patrik winkte den Sanitätern zu, die ohne Eile
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