Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte
Autoren: Camilla Läckberg
Vom Netzwerk:
zumindest Freude und wetteiferten mit dem Vater darin, Agnes zu verwöhnen, nachdem ihre Tochter im Kindbett so plötzlich verstorben war.
    »Herzchen, ich fahre runter ins Büro.«
    Agnes drehte sich um, als ihr Vater das Zimmer betrat. Sie hatte eine Zeitlang am Flügel vor dem Fenster gesessen und etwas gespielt, vor allem, weil sie wußte, wie gut sie sich dort ausnahm. Mit ihrer Musikalität war es nicht weit her; trotz der teuren Klavierstunden, die man ihr von klein auf zugestanden hatte, kam sie mit den Noten nur leidlich zurecht.
    »Vater, hast du über das Kleid nachgedacht, das ich dir dieser Tage zeigte?« Sie schaute ihn bittend an und sah, daß er wie gewöhnlich hin- und hergerissen war zwischen dem Wunsch, nein zu sagen, und seiner Unfähigkeit dazu.
    »Schatz, ich habe dir doch gerade erst ein Kleid in Oslo gekauft …«
    »Aber das ist doch gefüttert, Vater, es kann doch wohl nicht dein Ernst sein, daß ich zu dem Fest am Samstag in einem gefütterten Kleid gehe, jetzt, wo es draußen so warm ist!«
    Sie zog verärgert die Augenbrauen kraus und wartete auf seine Reaktion. Wenn er wider Erwarten noch weiter Widerstand leistete, mußte sie ihre Unterlippe beben lassen, und wenn auch das nicht half, ja, dann pflegten ein paar Tränen das Ihre zu tun. Aber heute wirkte er müde, und sie glaubte nicht, daß mehr vonnöten war. Wie gewöhnlich hatte sie recht.
    »Ja, ja, lauf morgen zum Konfektionsgeschäft runter und bestelle es dir. Eines Tages kriegt dein alter Vater wegen dir noch graue Haare.« Er schüttelte den Kopf, aber konnte das Lächeln nicht unterdrücken, als sie zu ihm hinhüpfte und ihn auf die Wange küßte.
    »Schon gut, setz dich jetzt hin und übe die Tonleitern. Es ist schließlich möglich, daß sie dich am Samstag bitten, etwas vorzuspielen, da ist es das Beste, wenn du gut vorbereitet bist.«
    Zufrieden nahm Agnes wieder auf dem Klavierhocker Platz und begann brav zu üben. Sie konnte den Abend schon vor sich sehen. Aller Blicke würden an ihr hängen, wenn sie im flackernden Kerzenschein am Flügelsaß, herausgeputzt mit dem neuen roten Kleid.
     
    Endlich ließ die Migräne nach. Der stählerne Ring um ihre Stirn löste sich allmählich, und sie konnte vorsichtig die Augen öffnen. Es war still im Obergeschoß. Wie schön. Charlotte drehte sich auf dem Bett um und Schloß erneut die Augen. Sie genoß es, daß der Schmerz verschwand und die Glieder langsam erschlafften.
    Nach einer Weile der Ruhe schwang sie die Beine vorsichtig über die Bettkante, blieb sitzen und massierte sich die Schläfen. Die waren noch immer etwas empfindlich nach der Attacke, und aus Erfahrung wußte sie, daß dieser Zustand ein paar Stunden andauern würde.
    Albin hielt dort oben wohl Mittagschlaf. Also konnte sie mit dem Aufstehen ruhigen Gewissens noch warten. Sie brauchte, weiß Gott, jede Erholung, die sie bekommen konnte. Die steigende Aufregung der letzten Monate hatte für häufigere Migräneanfälle gesorgt, und die raubten ihr das letzte bißchen an Energie, was sie noch hatte.
    Sie entschloß sich, bei ihrer Leidensgefährtin anzurufen und zu hören, wie es mit ihr stand. Obwohl es bei ihr selbst im Augenblick ziemlich stressig war, machte sie sich über Ericas Zustand trotzdem Sorgen. Sie kannten sich noch nicht sehr lange, hatten erst angefangen zu reden, als sie sich bei ihren Spaziergängen mit dem Kinderwagen wiederholt begegneten. Erica mit Maja und Charlotte mit ihrem acht Monate alten Sohn Albin. Nachdem sie festgestellt hatten, daß sie nur einen Steinwurf voneinander entfernt wohnten, trafen sie sich so gut wie jeden Tag, aber Charlotte machte sich wegen der neuen Freundin allmählich immer mehr Gedanken. Sie hatte Erica zwar nicht gekannt, bevor das Kind da war, aber ihre Intuition sagte ihr, daß es nicht zu Erica paßte, so apathisch und niedergeschlagen zu sein, wie sie es jetzt meist erlebte. Charlotte hatte Patrik sogar vorsichtig auf eine Schwangerschaftsdepression hin angesprochen, aber er hatte die Sache abgewehrt und gesagt, es wäre nur die Umstellung, und es würde sich schon regeln, wenn sie erst etwas Routine hätten.
    Sie griff nach dem Telefon auf dem Nachtisch und wählte Ericas Nummer.
    »Hallo, hier ist Charlotte.«
    Erica klang schlaftrunken und abwesend, was Charlottes Unruhe noch verstärkte. Irgend etwas stimmte nicht. Stimmte ganz und gar nicht.
    Nach einiger Zeit wirkte Erica jedoch fröhlicher. Auch Charlotte fand es schön, ein paar Minuten zu plaudern und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher