Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Todespfeiler

Die Todespfeiler

Titel: Die Todespfeiler
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
ist ALLUMEDDON?« wollte er mit rauher Stimme wissen.
    Sie schüttelte schwach den Kopf. Wieder war sie unansprechbar.
    »Oder wo ist ALLUMEDDON?« bohrte Luxon.
    Yzindas Schultern sackten nach vorn. Sie klammerte sich an Luxon und begann zu weinen und zu schluchzen. Er legte seine Arme um sie und hielt sie fest. Neben seinem Ohr wisperte sie einen langgezogenen Singsang fremder Wörter.
    »Ist es ein Mann? Ein Zauberer?« fragte er, obwohl er wußte, daß er keine zufriedenstellende Antwort erhalten würde. Ihr Schluchzen hörte für einen Moment auf, sie bog sich zurück und sagte unvermittelt:
    »Ich bewundere dich, Luxon. Du brichst nicht unter der Last der Verantwortung zusammen. Ich weiß, wie schön es sein könnte, wenn du mich lieben würdest. Aber wir sind unfrei.«
    Sie schwieg, als habe sie zuviel gesagt, dann stieß sie hervor:
    »Ich kann es nicht. Ich darf es nicht…«
    Abermals zuckte sie zusammen und erschlaffte, als die Ohnmacht sich über sie senkte. Luxon ließ sie langsam auf das Lager zurücksinken und trank nachdenklich den Wein aus. Er verließ das Gemach und schlug, als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, leicht gegen einen Gong.
    Eine junge Dienerin kam auf nackten Sohlen herbeigelaufen. Luxon deutete auf die Tür und sagte:
    »Yzinda hatte wieder einen Anfall, in dem sie wirre Worte sprach. Jetzt schläft sie. Du oder eine andere Zofe sollen an ihrem Lager wachen. Wenn sie wieder ansprechbar ist, sage ihr, daß der Shallad sie unter der Obhut Cassons als Vermittlerin mit der Flotte mitschicken wird.«
    »Wir werden es ihr sagen, Shallad!«
    »Gut so. Ihr braucht keine Angst zu haben. Sie ist nur verwirrt und geschwächt.«
    »Ich weiß. Wir haben ihr schon ein paarmal geholfen.«
    Luxon nickte ihr freundlich zu und ging zurück in seinen Arbeitsraum. Ein Blick auf die tropfende Wasseruhr zeigte ihm, daß es noch nicht Mitternacht war.
    Er blieb am Rande der Terrasse stehen und schaute hinunter auf das schlafende Logghard. Nicht jedermann schlief. Er sah die Laternen der Schenken, sah die Feuer bei den Schiffen im Hafen, sah das Lodern der Flammen in den Leuchttürmen und hörte den Lärm der Arbeiten auf dem Werftgelände.
    Dann verschwammen die Bilder. Vorübergehend war Luxon blind und hielt sich an den Steinen der Brustwehr fest.
    Sein Augenbruder ließ ihn jetzt durch seine Augen sehen.
    Necron erlebte auf der Reise nach Wahnhall etwas Ungewöhnliches. Deshalb meldete er sich jetzt.

2.
    »Das ist Orankon!« sagte Exyll und deutete auf die Hafeneinfahrt.
    Die Bilder, die sich im vagen Licht zeigten, waren einzigartig. Regungslos standen die Besatzungsmitglieder der Guinhan an der Reling und blickten hinaus.
    Necron senkte den Blick und schrieb mit dem Zeigefinger in die dünne Salzkruste neben den Planken des Hecks: Orankon – Hafen-Hauptstadt von Wahnhall.
    Niemand sah, daß er leicht taumelte; das Schiff stampfte in den Wogen der Grundsee, die vor der Hafeneinfahrt stand.
    Zwei mächtige Türme aus schwarzen Quadern erhoben sich backbords und steuerbords der Hafeneinfahrt. Sie waren jeweils sechzig Ellen groß, auf der obersten Plattform brannten in mächtigen Kesseln helle Feuer. In regelmäßigen Abständen schob sich von unten, durch einen Schlitz der Mauer, eine eiserne Platte hoch und verdunkelte das Leuchten der Hafenfeuer. Die Einfahrtfeuer warfen ihr auf- und abgeblendetes Licht weit hinaus aufs Meer. Die Ausgucke der Guinhan hatten es schon vor Stunden erkannt.
    Dahinter öffnete sich das Hafenbecken.
    Es war gegen alle Winde geschützt, nur nicht gegen solche aus Südosten. Ein riesiger Hügel erhob sich jenseits der schwarzen Wasserfläche. Ein Dreiviertelkreis aus Tausenden kleiner und großer Lichter umgab das Rund des Hafenbeckens und spiegelte sich in dessen stinkendem Wasser. Der Hafen war voller Schiffe; eines lag neben dem anderen, und viele davon lagen so tief im Wasser, daß die Seeleute denken mußten, sie wären mit Bruchsteinen beladen. Tangfetzen wuchsen an den Tauen, die sich zum Ufer spannten und schräg aus dem Wasser hingen, in dem die Anker rosteten.
    Exyll stieß undeutliche Flüche aus und wandte sich dann an Necron.
    »Die Schiffe liegen vor Anker, und keines wird je wieder auslaufen.«
    Noch immer nahm im fernen Logghard Luxon diese Bilder wahr. Necron drehte den Kopf und antwortete:
    »Es ist die Strömung, nicht wahr?«
    Die Guinhan hatte vor dem Hafen gekreuzt und die nächtliche Flutwelle abwarten müssen. Jetzt schob sie sich, von einem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher