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Die Todespfeiler

Die Todespfeiler

Titel: Die Todespfeiler
Autoren: Hans Kneifel
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Hafenschenken. Ein Kamin auf dem flachen Dach eines großen Hauses schickte einen Schauer rotglühender Funken in die stille Luft. Auf den Decks aller Schiffe standen jetzt Frauen und Männer und starrten das Schiff an, das es gewagt hatte, der Strömung zu trotzen und so herausfordernd gut gepflegt war.
    Dennoch boten Stadt und Hafen einen friedlichen Anblick. Die erste Regung berechtigter Furcht, die Odam und Necron beim Anblick der schwarzen Leuchtfeuertürme gehabt hatten, verschwand wieder.
    Eine neugierige Menge umgab das Heck der Guinhan. Zwischen den Planken und der Kaimauer waren Säcke trockenen Grases, alter Seilstücke und harter Schwämme ausgebracht worden, um das Holz zu schützen.
    »Willkommen«, schrie es aus der Menge. »Habt ihr Gold dabei? Oder etwas zu essen?«
    Die Mannschaft Necrons, die bis jetzt das Schiff versorgt hatte, versammelte sich auf dem Achterdeck und setzte sich zwischen die Stützen der Reling. Leise Bemerkungen austauschend, musterten sie die Szene.
    »Bei Skyll!« beschwor Exyll leise, »gebt ihnen nichts. Sie sind anhänglicher als Erdpech.«
    Necron unterzog die Mannschaft einer schnellen Musterung und sah zufrieden, daß jeder der Männer die Wachskügelchen an der dünnen Schnur um den Hals trug.
    »Wir sind selbst nicht reich«, rief er schließlich zum Kai herunter. »Und unsere Reise dauert noch lange.«
    Die Orankonier machten verächtliche und enttäuschte Bemerkungen.
    »Wann wird diese Ruhepause zu Ende gehen?« fragte der Steuermann. Dieser Hafen schien ihm nicht zu gefallen. Er war mehr ein Mann, der lieber in leeren Buchten anlegte.
    »Du meinst, wann der Wahnsinn wieder ausbricht?« fragte Odam zurück.
    »Das meine ich.«
    »Niemand kann das sagen«, erklärte Exyll. »Ich habe es euch auf der Fahrt ausreden wollen. Es läßt sich nicht messen oder berechnen. Niemand vermag den Ausbruch des Wahnsinns vorherzusagen.«
    Der Steuermann beschränkte sich darauf, über die Reling zu spucken und einen Fluch zu knurren. Noch immer stand die Menschenmenge auf den dunklen Steinplatten über dem Wasser und sprach aufgeregt über die Guinhan. Man hörte schnelle Schritte, ein paar Ausrufe, und einige Orankonier traten schweigend zur Seite. Die Bewegung setzte sich fort, die Rufe und Fragen hörten auf. Als sich die Menge geteilt hatte, breitete sich ein unbehagliches Schweigen aus.
    Drei seltsam aussehende Gestalten kamen entschlossen durch die Gasse. Sie blieben vor dem Schiffsheck stehen. Ihr Anführer trat vor. Auf den Planken sagte Exyll leise zu Odam und Necron:
    »Es ist Kezarim mit seinen Lauschern. Hört erst einmal an, was sie wollen, dann erkläre ich es euch.«
    Die drei Männer waren in dunkles Leder gekleidet. Ihre Helme waren von einem schlangenartigen Gerät geschmückt, das ebenso wie die Steinernen Ohren in einen Trichter auslief. Der Kopfputz, mit Zacken, Stacheln und kleinen, bunten Fähnchen ausgestattet, sah sehr exotisch aus. Niemand hatte derlei schon jemals gesehen.
    »Wir sind die Lauscher«, rief der Anführer. »Die Garde des Herrschers Skalef.«
    »Skalef, der wahnsinnige Troll«, murmelte Exyll in Odams Ohr.
    »Was können wir für euch tun?« versuchte es Necron mit freundlicher Herzlichkeit. Er trat in den Lichtkreis einiger Hecklaternen.
    »Ich, der Anführer Kezarim, verkünde euch den Erlaß des Herrschers. Ihr sollt alle Waffen an uns abliefern, Fremde.«
    Necron horchte auf den kalten Befehlston und entschied, sich nicht geschlagen zu geben. Auf dem Schiff waren sie sicher; sicherer jedenfalls als irgendwo auf dem Land. Er schüttelte den Kopf und rief hinunter:
    »Ich, Necron, Kapitän dieses Schiffes, sage euch, daß wir gut auf unsere Waffen aufpassen können. Wir werden sie dir nicht übergeben. Außerdem sind wir in anderen Häfen schon freundlicher empfangen worden.«
    Der Lauscher ließ sich nicht beirren und schnarrte:
    »Das oberste Gesetz verlangt, daß in Orankon alle Waffen sicher verwahrt werden müssen. Während der nächsten Periode des ausbrechenden Wahnsinns verwandeln sie sich zu Mordinstrumenten. Liefert sie aus, auch zu eurem eigenen Schutz.«
    »Hör zu, Kezarim«, meinte Necron in weniger scharfem Ton. »Geh zu deinem Herrscher und sage ihm, daß wir den Sinn eines solchen Gesetzes wohl einsehen. Ich werde unsere Waffen hier im Schiff einschließen.«
    Der Anführer änderte seine Meinung nicht. Sein Tonfall wurde noch schärfer.
    »Das Gesetz verlangt es. Ich vertrete das Gesetz.«
    »Nicht an Bord meines
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