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Die Todespfeiler

Die Todespfeiler

Titel: Die Todespfeiler
Autoren: Hans Kneifel
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trägen Westwind getrieben, über die Linie zwischen den Feuertürmen. Während Necron auf Logghard hinunterblickte und sich fragte, ob es hier oder in Orankon besser sei, entdeckte Luxon zwischen vielen der heruntergekommenen Bauten und sogar entlang der Mole seltsame Trichter. Sie sahen aus wie die Mündungen von Fanfaren und richteten ihre Öffnungen nach rechts, hinaus aufs Meer. Es gab solche Trichter in allen Größen, von Mannshöhe bis hinauf zu steinernen Ohren oder Mündern, die groß waren wie ein Haus.
    Dann lösten beide Partner ihren Kontakt.
    Necron hatte noch gesehen, wie der Shallad an den Fingern bis zwölf zählte. Er erwartete also morgen gegen Mittag einen neuen Blickwechsel.
    Jetzt sah Necron mit eigenen Augen den Hafen von Orankon.
    Hinter dem Hügel und bis über den Backbordturm hinaus zeigte sich am Nachthimmel das neblige Band der Düsterzone. Ausläufer hatten sich an die Stadt herangetastet und lagerten wie Nebel über den Gebäuden. Unterhalb der düsteren Bänke blinkten einige Sterne in den nördlichen Quadranten. Während der letzten Tage auf See hatten die Männer einige Male gesehen, wie die Schleier der Düsterzone aufrissen.
    Dann, meist verbunden mit Leuchterscheinungen aller Farben, erkannten sie die gewaltig aufragende Schattenzone, jenes Band, hinter dem sich alle bösartigen Geheimnisse dieser seltsamen Welt verbargen.
    Jetzt gab es nur noch die scharfen, förmlich aufzischenden Feuerbahnen der Himmelssteine, die irgendwo ins Meer fielen und verdampften.
    »Ja. Dieselbe Strömung, die uns mitriß, wird jedes Schiff packen.«
    »Jedes Schiff, das den Hafen verläßt«, berichtigte Prinz Odam.
    »Und die Strömung reißt sie auf Skyll und Exinn zu«, sagte Exyll und winkte seinen Männern. »Seht ihr die Steinernen Ohren? Wir sind wieder daheim.«
    Einer der zwölf Wahnhaller spuckte über die Reling und sagte grimmig:
    »Eine schöne Heimat, in der ein Troll regiert.«
    Das Segel fiel. Einige Kommandos ertönten, und die Hälfte der Riemen schob sich aus den Öffnungen. Zwischen zwei Schiffen, die wie Lichtfähren aussahen, war ein breiter Platz an der Mole frei. Necron drehte sich zum Steuermann herum und sagte:
    »Dort legen wir an. Es scheint ein friedlicher Hafen zu sein. So viele Lichter!«
    »Verstanden, Necron. Klar bei Leinenwurf!«
    Es war zumindest jetzt ein Platz der Ruhe. Auf den Schiffen und in den hafennahen Häusern war man auf das stattliche Schiff aufmerksam geworden, dessen Segel schnell und sorgfältig zusammengelegt und mit Schlingen und Knoten belegt wurden. Im Takt tauchten die Blätter der Riemen ein, während die Grundseen im Hafenbecken ausliefen und als winzige Brandung gegen die Bäuche der Schiffe und die bewachsene Kaimauer plätscherten. Zwischen den Schiffen und den ersten Häusern schien ein großer Teil der Bevölkerung zu spazieren. Jetzt sammelte sich eine größere Menschenmenge an jener Stelle, an der die Guinhan anlegen würde. Das Schiff beschrieb langsam eine halbe Drehung.
    Mit scharfer Stimme sagte der Wahnhaller:
    »Odam! Necron! Glaubt nichts von dem, das eure Augen sehen. In Wirklichkeit ist die Stadt eine Versammlung gefährlicher Narren. Seltsame Dinge gehen vor. Morgen wird euch das Sonnenlicht die Augen öffnen – denn es durchdringt die Schleier.«
    »Aber es wirkt alles friedlich«, widersprach der zweite Alptraumritter.
    »Nein, Odam«, sagte Exyll und hob die Hand. »Gefahren drohen vom wahnsinnigen Herrscher Skalef und den Lauschern. Wir werden euch alles erklären.«
    Wieder ließ Necron seine prüfenden Blicke über die Szenerie gleiten. Seit sich das Schiff im Bereich der Düsterzone befand, spürte der Steinmann ein seltsam vertrautes Gefühl. Die Düsternis auf dem Wasser des Meeres unterschied sich in vielem von derjenigen, die über dem mehr oder weniger festen Land lag. Aber seine Sinne arbeiteten wieder zuverlässig; er konnte Trugbilder von der Wahrheit unterscheiden, und wenn seine Männer den scharfen Klippen ausweichen wollten, ließ er sie mittendurch steuern, denn es gab an diesen Stellen keine.
    Andererseits reckten sich dem verletzlichen Schiffsbauch unsichtbare Hindernisse entgegen, die Necron als erster und einziger sah.
    Hier in Orankon deckten sich Schein und Wirklichkeit, wenigstens zu dieser Stunde. Er fragte:
    »Was bedeuten die Trichter, Exyll?«
    »Sie richten ihre Öffnungen nach Skyll und Exinn«, lautete die Erklärung. »Die meisten von ihnen bieten den Wahnhallern Schutz vor dem tollwütigen
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