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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters
Autoren: Marion Henneberg
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bitten – Gut Liestmunde.
    Die Vorwürfe, mit denen Randolf den Erzbischof konfrontierte, setzten diesem zur großen Verblüffung des Ritters sehr zu. Aus diesem Grund hörte er sich auch die Erklärungsversuche Adalberts widerwillig an. Zwar glaubte er dem Erzbischof nicht, dass er die Intrigebereute, für die Randolfs Vater sterben musste, doch seine Versicherungen, für den Jungen stets das Beste zu wollen, klangen ehrlich. Allein weil der Erzbischof zähneknirschend zugegeben hatte, dass ihm auch der Tod Gottwalds nicht ungelegen gekommen war. So hatte er endlich sein vorrangiges Ziel erreichen und seinen Zögling Randolf beim jungen König Heinrich unterbringen können, der zu dem Zeitpunkt ebenfalls den Verlust seines Vaters zu beklagen hatte. Dadurch hatte Adalbert es geschafft, einen weiteren Fuß in die Tür zur Macht zu stellen. Eine Macht, die er in den kommenden Jahren, vor allem in der Zeit, in die die Mündigkeit des Königs fiel, weiter ausbauen konnte.
    Einige Monate nach der Heirat war Randolf aufgegangen, dass er in seiner grenzenlosen Wut einen unschuldigen Menschen benutzt hatte, und er bereute es zutiefst. Allerdings machte es ihm die Liebenswürdigkeit von Betlindis nicht allzu schwer, nach und nach so etwas wie Liebe für sie zu empfinden. Wie unglaublich tief, jedoch auch ungeheuer schmerzhaft dieses Gefühl sein konnte, hatte er erst mit Henrika erfahren.
    Jetzt verstand die verstörte junge Frau auf ihrem nächtlichen Strohlager endlich auch die ablehnende Haltung von Betlindis’ Vater bei seinem Besuch auf dem Gut, immer wenn die Sprache auf Randolf kam. Der letzte Gedanke Henrikas, bevor sie endlich in einen unruhigen, kurzen Schlaf fiel, war der, dass sie nicht den gleichen Fehler mit ihrer eigenen Heirat begehen durfte. Zum ersten Mal wurde ihr bewusst, wie dankbar sie ihrem Vater sein musste, der sie niemals zu einer Pflichtheirat gedrängt hatte. Spontan tauchte Guntrams Bild vor ihren Augen auf. Wie wundervoll musste es für seine Frau gewesen sein, dass er sie so bedingungslos geliebt hatte. Und wie furchtbar, miterleben zu müssen, wie dieseLiebe durch einen anderen Menschen beschmutzt und entehrt wurde. Nicht zum ersten Mal hoffte Henrika inständig, dass der blonde Mann seinen Rachefeldzug überleben möge.

21. KAPITEL
    E ine gute Woche, nachdem sie den König beim großen Heerlager des Schwabenherzogs Rudolf, unter dessen Männern sich auch Brun befunden hatte, verlassen hatten, trafen sie in Goslar ein. Da Henrika den Brief nicht mehr bei sich trug, hatte sie ihrem Onkel nur davon berichten können. Doch sein freudiger Gesichtsausdruck reichte bereits aus, um sie glücklich zu machen. Für den Weg nach Hause hatten der Ritter und Henrika sich den Unterhändlern des Königs angeschlossen, die in ihrem Geburtsort mit den sächsischen Fürsten über eine friedliche Lösung verhandeln sollten. Randolf brachte sie zu ihrem Vaterhaus, wo die nächste schreckliche Nachricht auf sie wartete, denn nicht nur Waltraut, die treue Seele des Hauses, war von ihnen gegangen.
    Gefasst stand der Münzmeister Randolf gegenüber, während er einen Arm um seine Tochter gelegt hatte. Niemals würde Henrika das kreidebleiche Gesicht und den starren Blick des Ritters vergessen, als ihr Vater ihm mitteilte, dass Betlindis kurz nach seinem Aufbruch zur Hartesburg plötzlich starke Blutungen bekommen hatte.
    »Die Hebamme hat alles Menschenmögliche getan und die Blutungen sogar stoppen können, aber Eure Gemahlin hatte bereits zu viel Blut verloren. Sie lag noch ein paar Tage ohne Bewusstsein in ihrem Bett,aber es hatte sie zu viel Kraft gekostet. Es tut mir unsäglich leid, aber wir konnten Eure arme Gemahlin nicht retten.«
    Die darauf eingetretene Stille war fast unerträglich, bis Randolf ohne ein Wort zu sagen das Haus verlassen hatte. Als Henrika ihm hinterhereilen wollte, hielt ihr Vater sie fest.
    »Lass ihn jetzt allein. Er wird sich von ihr verabschieden wollen«, teilte er ihr bestimmt mit. »Deine Großmutter würde sich allerdings sehr über deinen Besuch freuen. Außerdem gibt es da noch jemanden, der sich über euer Wiedersehen sehr freuen wird, und zu guter Letzt findest du vielleicht auch Herwin bei ihr. Der kleine Kerl war kaum zu trösten.«
    Henrika schluckte schwer und nickte stumm. Allerdings hatten die Worte ihres Vaters einen unbestimmten Verdacht in ihr aufkommen lassen, und mit eiligen Schritten hastete sie zum Zimmer ihrer Großmutter. Doch Herwin war nicht bei Edgitha,
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