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Die Tochter des Münzmeisters

Die Tochter des Münzmeisters

Titel: Die Tochter des Münzmeisters
Autoren: Marion Henneberg
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war er immer davon ausgegangen, dass der Erzbischof ein Mann Gottes war, dem er Dank schuldete. Auch wenn der Junge damals froh war, dass er sich nicht in der Nähe des ehrgeizigen Mannes aufhalten musste und später als Knappe zu dessen Bruder Graf Dedo gehen konnte. All die Jahre hatte Randolf angenommen, dass sein Vater, ein Vasall des Grafen Thietmar, bei dem es sich wiederum um einen Onkel von Betlindis’ Vater handelte, dem Kaiser durch seinen Verrat an seinem Lehnsherrn das Leben gerettet hatte. Selbstverständlich musste der Kaiser auf die Anschuldigungen von Randolfs Vater reagieren, weshalb es zu dem Kampf an der Gerichtslinde in Palitha gekommen war.
    Randolf selbst war zu dem Zeitpunkt erst knapp vier Jahre alt und konnte über die ganze Geschichte gar nichtBescheid wissen, denn Adalbert hatte ihm nie genau gesagt, was mit seinem Vater geschehen war, und Randolfs Mutter war früh gestorben. Er hatte es einem Zufall zu verdanken, dass er Jahre später als Knappe bei Henrikas Großvater ein Gespräch zwischen dem Erzbischof und dem Vogt mit angehört hatte, wodurch ihm einiges klar wurde. Äußerst anschaulich hatte er Henrika vorhin davon erzählt, und beim Gedanken daran lief es ihr nach wie vor eiskalt den Rücken herunter, so deutlich klangen seine Worte noch in ihren Ohren.
    Adalbert nickte zufrieden und erhob sich, ließ sich aber nach kurzem Zögern wieder zurückfallen. »Eine Sache wäre da noch. Es geht um den Jungen, Randolf. Ich weiß, dass er sich bei Euch in guten Händen befindet, und es wäre sicherlich auch im Sinne meines Bruders.« Er hob abwehrend die Hände, als er Gottwalds Miene bemerkte. »Keine Sorge, ich stehe zu meinem Wort. Aber es ist mir wichtig, dass Euch die Familiengeschichte des Jungen bekannt ist. Obschon Euch eigentlich die Ähnlichkeit zu seinem Vater auffallen müsste. Ihr wart damals bei dem Zweikampf dabei, wenn ich mich richtig erinnere, aber es ist natürlich auch schon ein Weilchen her. Acht Jahre müssten es inzwischen sein.«
    Mit einem Mal wusste Gottwald, wen Adalbert meinte. Als er vor mehreren Tagen an der Linde in Palitha gestanden hatte, war ihm bereits so gewesen, als ob er etwas Wichtiges übersehen hätte. Jetzt lag es klar vor ihm. Den Zweikampf, den Kaiser Heinrich damals als Gottesurteil angeordnet hatte, hatte der Vasall des Grafen Thietmar gewonnen. Jetzt wusste Gottwald auch wieder den Namen des Mannes, der ihm vor ein paar Tagen nicht in den Sinn kommen wollte.
    »Arnold war der Name des Siegers. Ein Mann mit guter Schwertführung. Ich weiß noch, dass er nicht wie ein Sieger wirkte, sondern einen ziemlich geknickten Eindruck auf mich machte.«
    Es war der Tag nach dem Fest des Heiligen Michaels, das sie in der Pfalz gefeiert hatten. Gottwald gehörte seinerzeit noch nicht zum engsten Kreis des Kaisers, weilte aber gemeinsam mit vielen anderen Rittern in dessen Gefolge. Für jenen Tag hatte der Kaiser ein Gottesurteil angekündigt. Ein gewisser Graf Thietmar war dazu verurteilt worden, einen Zweikampf mit einem seiner Vasallen auszuführen, der seinen Herrn beschuldigt hatte, einen Anschlag auf den Kaiser geplant zu haben. Dank der Hilfe des Erzbischofs Adalbert und des Vasallen konnte dieser zum Glück vereitelt werden.
    Gottwald konnte sich zwar nicht mehr an den Namen des Mannes erinnern, doch er hatte noch gut die hochgewachsene Gestalt und das ernste, ebenmäßige Gesicht vor Augen, als der Mann des Grafen auf dem Platz vor der Linde zum angeordneten Zweikampf gegen seinen Lehnsherrn erschien. Das Gottesurteil sollte die Wahrheit ans Licht bringen, denn der Graf hatte nichts zu seiner Verteidigung hervorgebracht und sich dem Urteil des Kaisers gefügt. Die Sonne tauchte die Blätter der Linde in ein goldenes Licht, als das Blut des Grafen die Erde davor tränkte. Der Tag war viel zu schön, um zu sterben. Auch den Aufschrei von Thiemo, dem Sohn des Grafen, hatte Gottwald noch in den Ohren, als wäre es gerade eben geschehen. Den Sieger des Kampfes bedachte der Kaiser großzügig, indem er ihm die Freiheit schenkte, als Dank für den begangenen Verrat an seinem Herrn.
    Randolf sah seinem Vater unglaublich ähnlich. Der ernste, wachsame Blick war beiden zu eigen, genauso wie die hellbraunen Haare. Um zu beurteilen, ob der Junge auch die hochgewachsene Statur seines Vaters geerbt hatte, war es noch zu früh.
    Mit ernster Miene stimmte der Erzbischof Gottwald zu. »Vielleicht hat er damals schon geahnt, dass es ein schlimmes Ende mit ihm nehmen
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