Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin

Titel: Die Tochter des Magiers 02 - Die Gefährtin
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
entschied er.
    Maru tat es ungern, aber sie gehorchte. Der tote Körper schlug mit dumpfem Klatschen auf und begann sofort zu versinken. Eine Schar schwarzer Schwäne wurde offenbar durch das Geräusch aufgeschreckt. Sie erschienen wie aus dem Nichts und stoben mit rauschenden Flügeln und misstönenden Schreien davon. Maru schauderte.
    »Es ist nur die Hülle, Kröte, also stell dich nicht so an«, meinte Tasil, der die Schwäne keines Blickes würdigte. Er zerbrach die Lanze des Hakul und warf sie weit ins Moor hinaus.

    »Und jetzt pack unsere Sachen. Wer weiß, vielleicht sind doch noch andere Hakul in der Nähe.«
    Ein heftiger Blitz zerriss den Himmel. Der Regen ging in ein Gewitter über.
     
    Sie kehrten zurück zum Tempel. Maru warf einen Blick über die Schulter. Der Körper des Kriegers war bereits verschwunden. Tasil hatte gesagt, das sei nur eine leere Hülle. Aber dennoch fand sie es Unrecht, so mit einem Toten zu verfahren. Nach allem, was sie wusste, kamen die Hakul nach ihrem Tod nicht nach Ud-Sror, sondern auf eine weite grüne Ebene, über die sie mit Geisterpferden dahinjagten. Aber würde dieser Hakul auch dorthin gelangen, wenn er ohne jeden Ritus in einem Sumpfloch versenkt worden war? Oder würden seine Ahnen ihn an der Pforte abweisen?
    Maru blieb stehen. Da mischte sich ein mahlendes Geräusch unter den Regen. Sie hob den Kopf. Jetzt war sie sicher.
    »Es kommt jemand.«
    Tasil lauschte. Nun war es nicht mehr zu überhören. Es war das laute Knarren eines schweren Rades auf seiner Achse. Vielleicht ein Ochsenkarren?
    »Versteck dich dort drüben, Kröte, ich werde sie am Schirqu erwarten«, sagte Tasil schnell.
    Maru lief hinüber und verbarg sich im niedrigen Buschwerk, dort, wo Tasil dem Reiter aufgelauert hatte. Das Knarren kam näher. Tasil tat gelassen. Er wählte einen halbwegs trockenen Platz unter dem zerstörten Dach des Tempels und wartete. Jetzt konnte man den zweirädrigen Karren sehen, der den langen Pfad von Norden heruntergekommen war und sich gerade eine Bodenwelle hinaufkämpfte. Es war ein Eselskarren, doch wurde er nicht von einem Tier, sondern von einem Mann gezogen. Hinten schob eine weitere Gestalt. Sie war viel zierlicher als der Mann an der Deichsel,
eine Frau. Maru entdeckte drei Kinder, die unter der Plane des Wagens kauerten. Hakul waren das jedenfalls nicht.
    »Wer kommt da?«, rief Tasil in den Regen hinaus.
    Die Frau erstarrte. Sie bemerkte erst jetzt die Ruine und den Fremden, der sie dort im Halbschatten erwartete. Der Mann schlug seinen Umhang zurück und stolperte zum Wagen. Er zog einen kurzen Speer von der Ladefläche und hielt ihn drohend auf Tasil gerichtet.
    »Ihr habt nichts zu befürchten«, rief Tasil ihnen zu.
    »Wer ist da?«, rief der Mann.
    »Ich bin ein harmloser Reisender, ich raste hier nur«, antwortete Tasil.
    »Aber können wir dir trauen?«
    »Wären wir Räuber, hätten wir euch längst überfallen.«
    »Wir? Wer ist da noch?«
    »Maru!«, rief Tasil.
    Maru kam aus ihrem Versteck. Sie schlug ihren Überwurf zurück, damit der Mann erkennen konnte, dass sie nur ein Mädchen war. Das schien ihn halbwegs von ihrer Harmlosigkeit zu überzeugen. Er nahm die Deichsel wieder auf und zog den Wagen zur Ruine. Der Speer behinderte ihn dabei, aber er hielt ihn weiter in der Hand. Die Frau half ihm und redete beruhigend auf die Kinder ein. Maru sah, dass der Mann weder Bauer noch Handwerker war. Der Stoff seiner Kleidung war kostbar, wenn auch völlig verschmutzt, und auch das Gewand seiner Frau ließ darauf schließen, dass die beiden wohlhabend waren.
    »Einen seltsamen Rastplatz habt ihr euch ausgesucht«, sagte der Mann. »Dieser Tempel ist verflucht, sagt man. Voller böser Geister. Habt ihr die schwarzen Schwäne nicht gesehen?«
    »Schwäne?«
    »Sieben waren es, doch sie flogen einzeln, nicht im Schwarm. Ein böses Zeichen an diesem Ort des Unheils.«

    »Dem einen mag er Unheil bringen, den anderen Heil. Bis jetzt haben uns die Geister in Ruhe gelassen. Außerdem ist es halbwegs trocken.«
    Maru musste wieder an den jungen Hakul denken. Wie gelassen Tasil das gesagte hatte: »Dem einen mag er Unheil bringen...«
    »Habt ihr...«, der Mann stockte, blickte sich zu seiner Frau um. Sie nickte ihm zu. Er fuhr fort: »Habt ihr etwas zu essen?«
    Tasil nickte bedächtig und fragte: »Könnt ihr denn zahlen?«
    Der Mann schluckte und schwieg betroffen. Hatte er kein Geld? Seine Kinder, keines war älter als sieben oder acht Jahre, sahen hungrig
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher