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Die Tochter des Fälschers

Die Tochter des Fälschers

Titel: Die Tochter des Fälschers
Autoren: Carl Heigel
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Tisch und ergriff dann beide Hände ihres Verlobten, der indessen Hut und Ueberrock abgelegt hatte. Ihre Augen ruhten leuchtend auf der hohen Gestalt des geliebten Mannes. Sie streifte den Reif von seinem lichtbraunen Haar und brachte die feuchtgewordene Halsbinde in Ordnung.
    „Die weiße Binde steht Dir gut zu Gesicht,“ sagte sie erröthend. „Du siehst heute gar schön und vornehm aus. Wenn Damen bei Tische waren, haben sie mich gewiß um meinen Bräutigam beneidet.“
    [ 2 ] „Wer wird an Aeußerlichkeiten hangen!“ erwiderte er, aber im Innersten that ihm die aufrichtige Bewunderung doch überaus wohl. „Wie geht’s dem Vater?“
    „Er ist sehr aufgeregt und hat wiederholt nach Dir gefragt.“
    „So gehen wir hinein zu ihm.“
    „Erzähle ihm nur recht ausführlich vom Diner. Er wäre gar zu gern dabei gewesen. Auch bin ich selber neugierig.“
    Sie traten in’s Krankenzimmer. Günther, ein kleiner, schmächtiger Mann mit ergrautem Haar, saß aufrecht im Bett und drückte hastig die Hand seines künftigen Schwiegersohnes. „Da sind Sie ja,“ sprach er mit flüsternder, heiserer Stimme, oft vom schlimmen Husten unterbrochen. „Die Tafel hat lange gedauert. Oder kommen Sie nicht direct vom Schloß?“
    „Wie sollt’ ich hier vorübergeh’n, ohne anzupochen?“
    „Ein armer, kranker Mann darf nicht verlangen, daß sich die Welt um ihn bekümmere.“
    „Sie sehen doch die Welt in Ihren Freunden?“
    „Ich bin allen Menschen Freund.“
    „Und Alle sind es Ihnen. O mein verehrter, väterlicher Freund, hätten Sie doch hören können, wie heute wieder, bei der fürstlichen Tafel, Alle von Ihnen mit Liebe und Bewunderung sprachen!“
    „Man sprach von mir?“ fiel Günther hastig ein. „Was – bitte, erzählen Sie!“ … Ein heftiger Husten folgte seiner Aufregung.
    Amanda legte wie zur Besänftigung der empörten Natur die Hände auf des Kranken Stirn und Brust. Auch Reinhold war liebevoll um ihn besorgt. „Sie sprachen zu viel, lieber Vater,“ sagte das Mädchen, nachdem der heftige Anfall vorüber war.
    „Ist von keiner Bedeutung, meine Theueren,“ versetzte der Rendant und zwang sich zu einem Lächeln. „Ein bloßer Kitzel! Ich habe eine starke Natur, und wenn ich erst wieder gehen und arbeiten darf, bin ich in vierzehn Tagen völlig hergestellt. Währenddessen seid Ihr ein Paar geworden, und eines Morgens dann reisen wir in’s Gebirg!“
    Die Blicke der Verlobten begegneten sich; sie waren thränenfeucht.
    „Aber nun, mein bester Reinhold, erzählen Sie mir Weiteres von der Tafel. War auch mein College Scybylski geladen?“
    „Ja.“
    „Das war doch sonst nie der Fall! Aber ich ahnt’ es! Man betrachtet ihn bereit als meinen Nachfolger.“
    „Niemand denkt daran.“
    „Doch, doch! Aber sie irren sich. Ich werde, ich muß genesen, und dann will ich arbeiten, noch viele Jahre arbeiten!“
    „Das ist ja unser Aller Wunsch und tägliches Gebet! Ueber einen Mann, wie Sie, von Allen geliebt und Allen ein Muster, hält Gott schützend seine Hand. Der Stolz meines Herzens, mich bald zu den Ihrigen zählen zu dürfen, ist keine Sünde! Wie hob er heute meine Brust, als von Aller Mund Ihr Lob ertönte, als sich zuletzt der Fürst selbst erhob, dem Gefühl der Verehrung für Sie begeisterten Ausdruck gab, und die ganze Gesellschaft jubelnd auf Ihr Wohlergehen die Gläser klirren ließ!“
    Hoch auf schlug Amanda’s Herz vor Freude und Genugthuung; auch über das Antlitz des Kranken flog eine leise Röthe, dann aber sagte er mit einer abwehrenden Handbewegung:
    „Gott segne den guten, hohen Herrn, aber sein Lob verdien’ ich nicht! Ihr Alle habt zu viel Nachsicht mit mir; ich bin schwach, sündig und irdischen Gebrechen unterworfen, mehr als viel Tausend Bessere in dieser Stadt. Verdienste hab’ ich nicht –“
    „Ihre Bescheidenheit sagt das,“ fiel der Pastor, von der schlichten Art des Mannes hingerissen, mit großer Wärme ein. „Anders reden Ihre Vorgesetzten, der Gerichtsrath, der Kreisrichter! Sie sagen, im ganzen Königreich finde man keinen gewandteren Arbeiter und treueren Verwalter. Vor acht Tagen war Ihr Chef, der Gerichtsrath, bei uns zu Tisch. Wir sprachen natürlich von Ihnen. „„Der gehörte an einen ganz andern Posten,““ meinte der Rath. „„Nach der Hauptstadt, in’s Ministerium müßte Günther! Ich wünsch’ es ihm und wünsch’ es nicht; er verdient es, aber ich möchte ihn auch um alle Welt nicht verlieren!““ So äußern sich Ihre
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