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Die Tochter des Fälschers

Die Tochter des Fälschers

Titel: Die Tochter des Fälschers
Autoren: Carl Heigel
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Vorgesetzten, und die Ihnen untergeordneten Beamten stimmen nicht minder bereit Ihr Lob an. Der Actuar Scybylski würde für Sie in’s Feuer gehen!“
    „Still, still! Nichts mehr von meinen Verdiensten“ rief der Gepriesene. „Ich wollte, daß Sie mein Herz sehen könnten, Ehrwürden, wie es sich krümmt unter Ihrem Lob. Ich bin ein schwacher, sündiger Mensch!“
    „Vor Gott sind wir Alle Sünder; unter uns aber sind Sie ein Augentrost und eine Leuchte der Gerechten!“
    Nach einer Pause begann Günther: „Haben Sie den Doctor gesprochen?“
    „Nur flüchtig,“ antwortete Reinhold verlegen.
    „Glauben Sie, daß er mich morgen aus der Stube entlassen wird?“
    „Wenn es Ihrer Gesundheit heilsam ist, gewiß.“
    „O, wenn ich nur wieder in meinem Büreau bin! Ich werde ein tüchtiges Stück Arbeit nachzuholen haben! das wird mir besser thun, als alle Medicin!“
    „Willst Du jetzt nicht ein Weilchen schlafen?“
    „Liebes Kind, Du behandelst mich gerade, als ob ich auf den Tod krank wäre. Um sieben Uhr schläft doch Niemand!“
    „Aber Doctor Michaelis hat Dir das viele Sprechen verboten.“
    „Die Aerzte haben leicht verbieten,“ entgegnete Günther mit der den Kranken eigenthümlichen Gereiztheit. „Doch,“ fügte er hinzu, „ich will es mit dem Doctor nicht verderben, denn er muß mir morgen auszugehen erlauben. Weißt Du was, Amanda? Sing uns ein schönes Lied. Reinhold wird Nichts dagegen haben, und mir thut Dein Gesang gar sehr wohl.“
    „Ich bitte darum,“ sagte der Pastor, und Amanda setzte sich an den Flügel im Nebenzimmer und sang mit angenehmer Stimme und leidlichem Vortrag:
Noch nichts von winterlicher Trauer;
Noch einmal warmen Sonnenschein
Und düftetrunkne Ahnungsschauer,
Noch einmal laßt es Frühling sein!
Die schwergebeugten Wipfel warten
Der Hand noch, die die Früchte bricht;
Die Sonnenblume kehrt im Garten
Ihr Antlitz sehnend noch zum Licht.
Noch immer hör’ ich den gewohnten
Gesang der Vögel im Geheg,
Und Schatten gaukeln wie vor Monden
Auf dem verlaßnen Waldesweg.
und geh’ ich Nachts im Sternenscheine
An Deinem Hause still vorbei,
Regt sich die Sehnsucht, und ich meine,
Daß es noch immer Frühling sei!
    Amanda’s Lied verhallte. Von mannigfachen Gefühlen bewegt, blieben die drei Menschen im Schweigen versunken. Draußen aber hatten sich die Nebel zertheilt, und ein karer Sternenhimmel spannte sich über der Winterlandschaft aus.
    2.
    Von allen Gästen der fürstlichen Tafel war, außer den Besitzern selbst, nur der Arzt im Schloß zurückgeblieben. Ein früher unbewohnter Flügel war ihm daselbst eingerichtet und enthielt in zwei geräumigen, braungetäfelten Zimmern seine Bibliothek, seine Sammlungen und Instrumente. Das Schlafgemach, das hoch in einem Thurm lag, benutzte er zugleich als Sternwarte.
    Einsam und freundlos, wenn nicht Bücher und Sterne und ein alter Pudel seine Freunde genannt werden dürfen, lebte er hier, denn so liebevoll er für seine Kranken sorgte, ebenso kalt und unzugänglich blieb er den Gesunden gegenüber. Wohl hatten der Fürst und die andern Bewohner der Landschaft seine Kenntnisse, wie seinen uneigennützigen Sinn erprobt, aber mehr als Achtung wünschte weder, noch erlangte dieser immer besonnene, gemessene Mann, dessen scharfer Verstand jedes wärmere Gefühl erfrieren ließ. Nach dem Tode seines Vorgängers, des fürstlichen Leibarztes, war er aus der Hauptstadt hierher berufen worden. Von seinem frühern Leben wußte Niemand zu sagen. Nur der Menschenkenner errieth aus den leisen Falten seiner Stirn und einem schwermüthigen Zug um den Mund, daß auch andere Sorgen und Aufregungen als die der Arbeit ihn hatten altern lassen. Er selbst sprach nie von sich. Sogar die gelehrten Abhandlungen, die Früchte seiner rastlosen Studien, veröffentlichte er ohne seinen Namen.
    [ 3 ] Als er nach dem Diner in sein Zimmer trat, sprang ihm der Hund bellend und wedelnd entgegen, schmiegte und drückte sich an seine Beine und beleckte die Hände des Herrn, der ihm freundlich den zottigen Kopf streichelte. Dann entledigte sich Michaelis seines Fracks, zog seinen blauen, langschößigen Hausrock an und schritt, vom Pudel begleitet, ein paar Mal im Zimmer auf und nieder. „Die Herrschaft thäte auch klüger,“ sagte er halblaut zum aufblickenden vierfüßigen Begleiter „wenn sie mich ein für allemal von ihrer Tafel fern hielte. Ich begnüge mich vollkommen mit Deiner Gesellschaft. Hol’ der Geier diese Diners! Langweile während und ein
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