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Die Tatarin

Titel: Die Tatarin
Autoren: Iny Lorentz
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waren noch die Wünsche Zar Peters von Russland, der das vor einer Generation an Schweden verlorene Ingermanland und den Zugang zur Ostsee zurückgewinnen wollte.
    Die drei Herren hatten ihre Rechnung jedoch ohne Carl XII. gemacht. Während die Dänen, die nun ebenfalls einen Thronwechsel zu verkraften hatten, unter ihrem neuen König Frederik IV. gegen das mit Schweden verbündete Schleswig vorrückten und Friedrich August von Sachsen-Polen das baltische Riga zu belagern begann, überquerte Carl XII. mit seinem Heer in einem kühnen Manöver den Sund zwischen Schweden und der dänischen Hauptinsel Seeland und schloss die Hauptstadt Kopenhagen ein. Der überstürztzurückkehrende Frederik IV. wurde am 18. August 1700 geschlagen und musste um Frieden bitten.
    Unterdessen rückte Zar Peter gegen die Stadt Narwa vor, konnte sie aber selbst mit der erdrückenden Übermacht seiner Truppen nicht einnehmen. Nach seinem Sieg in Dänemark überquerte Carl XII. allen Herbststürmen zum Trotz mit zehntausend Soldaten die Ostsee und schlug das russische Heer am 20. November 1700 bei Narwa vernichtend. Der leichte Erfolg bestärkte den Schwedenkönig in dem Glauben, die Russen endgültig besiegt zu haben, und er wandte sich in der Folgezeit August dem Starken zu, der eine Niederlage nach der anderen erlitt und zuletzt nicht nur auf die polnische Königskrone verzichten, sondern auch eine Besetzung seiner sächsischen Heimat durch schwedische Truppen hinnehmen musste.
    Während dieser Zeit gelang es Zar Peter, seine Armee neu aufzustellen und erste kleine Erfolge im Baltikum zu erringen. Nöteborg am Ausgang des Ladogasees, das er in Schlüsselburg umtaufte, fiel ebenso in seine Hand wie die Newamündung, in der seinem Willen zufolge eine neue Stadt errichtet werden sollte, die er nach seinem Namenspatron, dem heiligen Petrus, Sankt Petersburg nannte. 1704 eroberten die Russen schließlich auch Dorpat und Narwa, während Carl XII. zu dem Zeitpunkt die sächsischen Truppen aus Südpolen vertrieb und Friedrich August schließlich zum Frieden zwang.
    Damit war klar, dass die endgültige Entscheidung in diesem Krieg zwischen Carl XII., den seine Bewunderer wegen seiner kühn errungenen Siege bereits den Alexander des Nordens nannten, und Zar Peter fallen musste.
    Als Carl XII. im Sommer 1707 mit einem gewaltigen Heer in das von den Russen kontrollierte, aber offiziell zu Polen gehörende Weißrussland einmarschierte, hätte niemand in Europa auch nur einen Kreuzer auf den Zaren gewettet. Auch die ersten Scharmützel und Schlachten deuteten auf einen raschen Sieg der Schweden hin. Die Russen wurden geschlagen oder zogen sich ohne Kampfhandlung vor ihren Feinden zurück. Während Carl XII. mit aller Machtdie Entscheidungsschlacht suchte, wollte Zar Peter diese unter allen Umständen vermeiden. Den Schweden gelang es zwar, das russische Heer bei Holovczyn zu stellen, doch konnten die Russen sich halbwegs geordnet zurückziehen.
    Carl XII. setzte nach, unterschätzte jedoch sowohl die Weite des russischen Landes als auch die fortschreitende Jahreszeit und vor allem den Willen seines Feindes Peter, diesen Krieg siegreich zu beenden. Kleine Fehler begannen sich zu summieren. General Lybecker, mit dem Befehl aus Finnland aufgebrochen, Sankt Petersburg zu erobern und dem Erdboden gleichzumachen, ließ sich von Fürst Apraxin mit gefälschten Meldungen an der Nase herumführen und verlor durch sinnlose Märsche und einen schlecht vorbereiteten Übergang über die Newa große Teile seines Heeres. General Lewenhaupt, der mit einer großen Menge an Nachschubgütern zum Heer des Königs stoßen sollte, wurde, weil Carl XII. zu ungeduldig vorrückte, von den russischen Truppen, die Carls Heer in einem Schwenk umgingen, attackiert und konnte sich nur unter Verlust seines gesamten Trains mit ein paar tausend Mann zum schwedischen Hauptheer durchschlagen.
    Als wegen der fortgeschrittenen Jahreszeit und der Verwüstungen, die auf Zar Peters Befehl hin auf dem weiteren Marschweg angerichtet worden waren, ein Vorrücken in Richtung Moskau unmöglich wurde, entschied Carl XII. sich für die schlechteste aller Lösungen und zog mit der Hoffnung in die Ukraine, die dortigen Kosaken würden sich gegen den Zaren erheben und sich ihm anschließen.
    Nach einem gnadenlosen Winter kam es schließlich am 28. Juni bei der Stadt Poltawa zu der von Carl XII. so herbeigesehnten Entscheidungsschlacht. Allerdings hatte er bis zu diesem Zeitpunkt alle Trümpfe aus der
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