Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Taeuschung

Die Taeuschung

Titel: Die Taeuschung
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:

hierhergefahren hatte, hatte ihr Zaudern bemerkt und ihr
angeboten, sie zu begleiten, aber sie hatte abgelehnt. Sie hatte
plötzlich das Gefühl, die Anwesenheit eines Polizisten werde
alles nur schlimmer machen.
    Die Spurensicherung war bis morgens dagewesen, hatte
jedoch kaum Unordnung hinterlassen. Die Kommode oben im
Schlafzimmer stand noch halb vor die Tür gerückt, und Laura
beschloß, sie so stehen zu lassen. Wenn sie geklärt hatte, was
mit dem Haus passieren würde, mußte sie sowieso herkommen
und ihre Möbel abholen lassen, und erst dann würde Monsieur
Alphonse mit seinen Führungen beginnen. Sie würde die
Putzfrau bitten, jemanden kommen zu lassen, der das kaputte
Schloß in der Kellertür erneuerte.
    »Das hatte er im Handumdrehen aufgebrochen«, hatte ein
Beamter gesagt. »Dieses Schloß war so schlecht, daß Sie die
Tür eigentlich auch gleich hätten offen lassen können.« Sie
fragte sich, ob Christopher diese Einbruchsmöglichkeit schon
ausspioniert hatte, als er sie besuchte. Mindestens einmal war
er in den Keller gegangen, um eine Flasche Wein zu holen.
Aber ebensogut konnte es sein, daß sie selbst oder Peter in den
letzten Jahren in seiner Anwesenheit einmal davon gesprochen
hatten. Sie dachte an Nadines fassungsloses Erstaunen, mit
dem sie gesagt hatte: »Er war Peters bester Freund!« Als
solcher hatte er am Familienleben teilgenommen. Über viele
wichtige Dinge hatte er Bescheid gewußt.
    Die Polizei hatte Monique Lafond tot in seinem Haus
gefunden, das hatten sie Laura am Morgen gesagt. Er hatte
nicht gelogen: Sie hatte sich das Genick gebrochen, als sie die
steile Kellertreppe hinuntergestürzt war.
    »Es sah so aus, als sei sie in dem Keller gefangengehalten
worden«, hatte Bertin gesagt, »doch wie lange und warum
wissen wir nicht. Sie hat für Camille Raymond gearbeitet. Ich
nehme an, daß sie irgend etwas wußte, was für Monsieur
Heymann gefährlich wurde. Deshalb mußte er sie aus dem
Verkehr ziehen.«
    Christopher selbst hatte noch keine Aussage gemacht. Bertin
sagte, er schweige beharrlich auf alle Fragen. Sein Fuß hatte
sich fürchterlich entzündet, es war eine Blutvergiftung
hinzugekommen, und er hatte hohes Fieber. Wie Nadine lag
auch er im Krankenhaus von Toulon; auf einer anderen Station
jedoch und unter scharfer Bewachung.
    »Unsere Leute haben Scherben und Blut im Keller
gefunden«, hatte Bertin berichtet, »da ist wohl sein Unfall
passiert. Möglicherweise in einem Kampf mit Mademoiselle
Lafond.« Er hatte Laura sehr ernst angesehen. »Sie haben
unglaubliches Glück gehabt. Ohne seine schwere Verletzung
wäre die Sache wahrscheinlich anders ausgegangen. Er hatte
Schmerzen und Fieber, und wohl nur deshalb konnte sich
Madame Joly losreißen und in den Garten entwischen – und
nur dadurch hat Cathérine Michaud mitbekommen, daß da
etwas Schlimmes vor sich ging. Danach wäre er sicher sehr
viel schneller in Ihr Zimmer eingedrungen. Die Polizei wäre zu
spät gekommen, wäre er nicht so gehandikapt gewesen.«
    An diese Worte mußte Laura nun denken, während sie ihre
Koffer aus dem Schlafzimmer nach unten trug und durch das
Haus ging, die Fensterläden schloß, die Blumen goß und sich
vergewisserte, daß alles in Ordnung war. Bei allem, was ihr
zugestoßen war in den letzten Wochen, hatte sie tatsächlich
zum Schluß doch einen Schutzengel gehabt. Vielleicht auch in
Gestalt der armen Monique, ohne deren Zutun Christopher
seine Verletzung womöglich gar nicht gehabt hätte. Und
natürlich auch in Gestalt von Nadine und Cathérine.
    Mit Grauen betrachtete sie die Küchenablage, dachte an den
Abend, an dem sie und Christopher sich hier geliebt hatten.
Ein Mörder. Sie hatte mit dem Mörder ihres Mannes
geschlafen.
Schwer atmend lehnte sie sich an die Spüle, drehte den
Wasserhahn auf und spritzte ein paar Tropfen in ihr Gesicht.
Ihr war plötzlich schwindelig geworden, aber nach ein paar
Minuten ging es ihr besser, sie konnte wieder klar sehen. Durch
das Fenster schaute sie auf das Meer, das in eintönigem Grau
mit dem Himmel verschmolz. Es regnete noch immer.
Sie hatte Bertin gefragt, was wohl mit Christopher
geschehen würde. Bertin hatte gemeint, er werde eher in eine
psychiatrische Anstalt kommen als in ein Gefängnis.
»Und wird man ihn je wieder herauslassen?« hatte sie
gefragt.
Bertin hatte die Schultern gehoben. »Das kann man leider
nicht genau sagen. Das Schlimme ist, daß solche Leute auch
immer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher