Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Taeuschung

Die Taeuschung

Titel: Die Taeuschung
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
Genick müsse brechen. Er löste die
Verriegelung, öffnete ihre Tür und zog sie heraus. Seine Faust
landete in ihrem Gesicht. Nadine fiel zu Boden, fühlte einen
wilden Schmerz an Nase und Stirn, schmeckte Blut auf ihren
aufgeplatzten Lippen. Er beugte sich über sie, packte sie vorn
an ihrem Pullover, zog sie hoch und ließ zum zweiten Mal
seine Faust in ihr Gesicht krachen. Sie sah Sterne, ging zu
Boden, fühlte sich dann erneut nach oben gerissen.
Er würde sie totschlagen, und was sie fühlte, war ein fast
ungläubiges Staunen darüber, daß so also das Ende aussah, daß
ihr zugedacht war.
Während sie seine geballte Faust zum dritten Mal auf sich
zukommen sah, verlor sie bereits die Besinnung.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Laura es wagte, aus ihrem
Zimmer zu kommen. Sie konnte jetzt nichts mehr hören und
war fast sicher, daß Christopher das Haus verlassen hatte und
bisher nicht zurückgekehrt war. Sie hatte den furchtbaren
Verdacht, daß Nadine tatsächlich hierhergefahren war, um
nach ihr zu sehen, und sie wagte sich kaum vorzustellen, was
er ihr da draußen im Garten jetzt antat. Sie mußte unbedingt die
Polizei anrufen. Was bedeutete, sie mußte die Treppe hinunter
und an das Telefonbuch gelangen.
So leise wie möglich öffnete sie schließlich die Tür. Der
laute Wind draußen und der Regen machten sie fast
wahnsinnig, denn sie verhinderten, daß sie wirklich auf die
Geräusche des Hauses lauschen konnte. Ihr schauderte bei dem
Gedanken, Christopher wäre eine Stunde später in den Keller
eingedrungen. Beim Tosen des Sturms hätte sie nichts gehört
und wäre wahrscheinlich nicht aufgewacht. Er hätte sie in
ihrem Bett überrascht, und sie hätte nicht die geringste Chance
zur Gegenwehr gehabt.
Die Galerie und die Halle lagen leer vor ihr. Draußen im
Garten brannte das Licht. Christopher schien sich nicht im
Haus aufzuhalten, aber sie wußte, daß er jeden Moment wieder
auftauchen konnte. Kurz spielte sie mit dem Gedanken, durch
den Keller zu fliehen, aber da sie keine Ahnung hatte, wo im
Garten er sich befand, verwarf sie den Einfalt wieder. Die
Gefahr, ihm dabei genau in die Arme zu laufen, war zu groß.
Sie mußte unbedingt die Polizei anrufen, sich dann wieder im
Schlafzimmer verbarrikadieren und hoffen, daß die Beamten
eintrafen, ehe Christopher die Tür aufgebrochen hatte.
Sie huschte die Treppe hinunter, argwöhnisch die Haustür im
Auge behaltend. Die war zugefallen, aber ein Blick zu dem
Haken, der direkt daneben an der Wand angebracht war, sagte
ihr, daß er den Schlüssel mit nach draußen genommen hatte. Er
hatte es nicht riskiert, ausgesperrt zu werden. Den zweiten
Hausschlüssel hatte Peter gehabt. Er mußte sich noch unter den
persönlichen Habseligkeiten befinden, die von der
französischen Polizei einbehalten worden waren.
Mit zitternden Fingern blätterte sie im Telefonbuch. Einmal
rutschte es ihr auf den Boden, so sehr bebten ihre Hände. Auf
der ersten Seite ... eigentlich müßte die Polizei auf der ersten
Seite zu finden sein ...
Das Licht im Garten erlosch. Laura erschrak so sehr, daß sie
fast das Telefonbuch hingeworfen hätte und die Treppe
hinaufgelaufen wäre. Doch sie zwang sich zur Vernunft. Wenn
er jetzt zum Haus zurückkam, zumindest zum Vordereingang,
mußte er wieder die Schranke passieren. Damit wäre sie
rechtzeitig gewarnt.
Sie hatte die magischen Worte Samu, Police und Pompiers entdeckt, Notarzt, Polizei und Feuerwehr, aber
unglücklicherweise befanden sich dahinter keine Nummern.
Sondern kleine Kreuze in verschiedenen Grautönen, die
offenbar darauf hinweisen sollten, daß man irgendwo auf
dieser Seite die jeweiligen Nummern in der entsprechenden
Farbe oder in einem entsprechend schraffierten Feld finden
würde.
Laura fluchte leise und dachte, daß wer immer dieses System
erfunden haben mochte, offensichtlich nicht überlegt hatte, daß
es bei Notrufen häufig um Notfälle und damit für manche
Menschen um Sekunden ging, und daß ein heiteres Suchspiel
daher womöglich fehl am Platz war. In panischer Hast irrten
ihre Augen über die Buchseite. Endlich entdeckte sie einen
Kreis, der in verschiedene Grauzonen unterteilt war, von denen
die mittlere Farbstufe dem Kreuz hinter dem Wort Police entsprach. Darin eine große 17. Sie hatte die Nummer
gefunden.
Sie hob den Hörer ab und wartete auf das Freizeichen und
stellte fest, daß die Leitung tot war.
Im selben Moment, da sie bemerkte, daß er das Telefonkabel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher