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Die Sünde in mir

Die Sünde in mir

Titel: Die Sünde in mir
Autoren: Alegra Cassano
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Tanjas Brettchen.
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 11
     
     
    „Dr. Fabian, Sie kommen mir gerade recht“, begrüßte der Professor seinen Assistenzarzt. Frank lächelte etwas gequält. Wenn der Prof so etwas sagte, kam meistens eine Aufgabe für ihn dabei heraus.
    „Können Sie eigentlich gut mit Kindern umgehen?“
    Frank überlegte einen Moment, rümpfte dann die Nase und zuckte die Schultern.
    Der Professor klopfte ihm auf die Schulter: „Kommen Sie kurz mit in mein Büro“, forderte er ihn auf.
    Frank warf einen Blick zu Schwester Gisela, der ein gekonnt theatralischer Hilferuf war. Er tat, als würde der Professor ihn hinter sich her schleifen, dabei ging dieser ihm lediglich voraus. Die Schwester schüttelte lachend den Kopf. Was für ein Witzbold!
    Im Büro angekommen, bot Wieland dem jungen Arzt einen Platz an und setzte sich selbst hinter den alten Schreibtisch, der schon seinem Vorgänger gehört hatte. Liebevoll strich er über die abgewetzte Kante. Wie viele Akten waren hier schon gewälzt worden? Wie viele Schicksale entschieden?
    Doktor Fabian wartete geduldig, bis der Professor so weit war. Wie üblich legte Wieland die Fingerspitzen beider Hände aneinander, während er sprach.
    „Es geht um unsere neue Patientin. Ihr Name ist Nicole Schütz, geborene Lindemann. Sie ist vierzig Jahre alt, Hausfrau, verheiratet und Mutter zweier Kinder. Ausgebildete Einzelhandelskauffrau. Hat bis zur Geburt des ersten Kindes in einem Lebensmittelmarkt gearbeitet. Gestern Vormittag hat Frau Schütz ein schreckliches Verbrechen begangen.“
    Frank hatte genau zugehört und wartete nun auf die schauerlichen Einzelheiten, doch Professor Wieland machte eine überdurchschnittlich lange Pause. Auffordernd beugte Frank sich vor, so als könne der Professor ihm vertrauen und gegebenenfalls sogar in sein Ohr flüstern.
    „Ich denke, dass es besser ist, wenn ich Ihnen noch nichts von der Tat erzähle“, fuhr Wieland endlich fort, „So gehen Sie aufgeschlossener auf die Patientin zu. Ich möchte Sie bitten, sich auch von anderen Personen keine Informationen diesbezüglich geben zu lassen. Sie sollten nicht voreingenommen sein.“
    Vor Enttäuschung klappte Frank fast die Kinnlade herunter. Ein sensationelles Verbrechen und er sollte nichts davon erfahren?!
     
     
    „Die Patientin selbst hat momentan scheinbar keine Erinnerung an die Tat. Ich würde sogar sagen, sie hat die letzten vierunddreißig Jahre komplett verdrängt. Frau Schütz denkt, sie sei sechs Jahre alt. Leider konnte ich noch keinen richtigen Kontakt zu ihr aufbauen. Nachdem sie mir ihren Namen und ihr Alter mitteilte, wurde sie äußerst schweigsam. Ich hatte schon die Befürchtung, sie würde in einen katatonen Stupor fallen. Als ich sie heute Morgen aufsuchte, starrte sie nur an die Decke und reagierte nicht auf Ansprache. Dann fing sie allerdings an, wie eine Furie zu schreien und wir mussten ihr ein Beruhigungsmittel geben. Deshalb möchte ich, dass Sie zu ihr gehen, sobald sie wieder wach ist. Sie kennt Sie nicht und ist Ihnen gegenüber vielleicht aufgeschlossener.“
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 12
     
     
    Oma ist toll! Sie beantwortet mir immer alle Fragen. Meine Mama sagt oft: „Das erkläre ich dir, wenn du älter bist.“
    Oma sagt das nie. Einmal habe ich sie gefragt: „Oma? Warum sagst du nie, dass du mir später was erklärst?“
    Sie hat dann so ernst geguckt, dass ich schon Angst bekam, und dann sagte sie: „Weil ich später vielleicht nicht mehr da bin.“
    Darüber musste ich nachdenken.
    „Willst du denn weggehen?“, fragte ich bange. Das wäre wirklich schlimm gewesen, denn ich hatte meine Oma sehr lieb.
    „Ich will nicht“, sagte Oma, „aber manchmal können wir uns das nicht aussuchen.“
    Wir lagen eine Weile nebeneinander. Es war einer dieser wundervollen Tage, an denen mich meine Eltern zu Oma brachten und ich bei ihr schlafen durfte. Sie hatte ein ganz tolles Bett, richtig groß und breit und die Bettdecken waren riesig und schwer. Ich versank fast darin. Oma sagte immer, sie müsse mich in dem Bett suchen, weil es so groß sei und ich so klein. Omas ganzes Haus war toll! Sie hatte ein Treppengeländer, auf dem man runterrutschen konnte, aber eigentlich nicht durfte. Ihre Lichtschalter waren komisch. Schwarz und rund und in der Mitte war ein Ding, das man umdrehen musste, manchmal auch mehrmals. Über der Couch hingen kleine, grüne Lampen und man musste an einer Schnur ziehen, damit die angingen.
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