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Die Suche nach den Sternen

Die Suche nach den Sternen

Titel: Die Suche nach den Sternen
Autoren: Colin Kapp
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Mensch war verletzlich, fehlbar, schnell gelangweilt und sträubte sich dagegen, sein ganzes Leben mit dem Sammeln von Staubpartikeln in einer abgelegenen Region des Universums oder mit ähnlichen Aufgaben zu verbringen. Ein Mensch brauchte eine atembare Atmosphäre, Nahrungsmittel, Gesellschaft, um nicht verrückt zu werden, und er verbrachte ungefähr ein Drittel seines Lebens mit Schlafen. Darüber hinaus benötigte er künstliche Schwerkraft, da in der Schwerelosigkeit rasch der Muskelabbau einsetzte; er mußte vor Masseträgheit und zu hohen Schwankungen von Temperatur, Druck und Strahlung geschützt werden. Und das alles reichte nicht aus, wenn der Mensch keinen Sinn darin sah, sein Leben in qualvoller, künstlicher Enge zu verbringen.
    Die Maschinen waren anders. Sie waren echte Weltraumbewohner, ihrer Umwelt perfekt angepaßt. Sie waren zäh und empfanden keine Langeweile. Sie störten sich nicht daran, einen dreihundertjährigen Flug auf sich zu nehmen, um an ihrem Ziel eine vorprogrammierte Routineaufgabe zu erfüllen. Sie überstanden Belastungen, die Menschen längst zerquetscht hätten, und verschwendeten keine Energie auf die Suche nach dem Sinn ihrer Handlungen, sondern begnügten sich mit Befehlen. Da ihre Größe und Reichweite praktisch unbeschränkt war, konnten sie Missionen durchführen, die ein Mensch sich nicht einmal vorstellen konnte.
    Ancor wußte, daß die Menschen die Maschinen brauchten, weil sie von Dingen abhingen, die ihre mechanischen Helfer erzeugten oder herbeischafften. Er war sich aber nicht so sicher, ob das auch umgekehrt galt. Die Machtverhältnisse zwischen Mensch und Maschine waren durch die Direktiven geregelt, die Teil von Zeus’ ursprünglicher Programmierung waren. Im Augenblick machte sich das Institut für Solaristik auf der Grundlage der Erkenntnisse ihrer früheren Expeditionen daran, Zeus’ wichtigste Direktiven neu zu formulieren. Aber was geschah, wenn die Wissenschaftler einen Fehler machten? Was sollte diese gewaltigen Maschinen daran hindern, die Menschen einfach zu vergessen und nur noch im eigenen Interesse zu handeln? Die Intelligenz der Maschinen hatte die der Menschen in den vergangenen Jahrtausenden weit hinter sich gelassen. Was gab den Menschen also noch das Recht zu sagen: »Das ist unser Universum, und wir wollen, daß ihr es nach unseren Vorstellungen gestaltet?«
    Ancor versuchte lange Zeit angestrengt, eine Antwort darauf zu finden, konnte aber nur seine feste Überzeugung bekräftigen, daß die Menschheit überleben mußte und darin der Zweck des Universums bestand. Er konnte sich ein leises Lachen angesichts der Unverfrorenheit seiner Gedanken nicht verkneifen: Es war so gut wie sicher, daß das Universum bereits unendlich lange existiert hatte, bevor es überhaupt Menschen gab, und noch ebenso lange existieren würde, wenn die Menschheit längst vergessen war. Sine Anura bemerkte Ancors Lachen, und er schilderte ihr seine Gedanken. Sie runzelte einen Augenblick nachdenklich die Stirn und sagte dann: »Wenn du mich fragst, hat das damit zu tun, ob unsere Existenz einen Zweck hat.«
    »Das mußt du mir erklären, Sine.«
    »Meiner Meinung nach hat unsere Existenz einen Zweck, und wir erfanden Maschinen, um ihn besser zu erfüllen. Aber den Maschinen ist es egal, ob sie existieren oder nicht. Bei uns ist das anders: Uns liegt die Zukunft am Herzen und deshalb gehört sie uns.«
    Anfangs tat Ancor ihre Meinung leichthin ab, aber nach einiger Zeit sah er ein, daß Sine recht hatte. Die Maschinen existierten nur, weil die Menschheit entschlossen war zu überleben. Plötzlich sah er die Beziehung Mensch-Maschine als eine Art von Symbiose. Die Menschen brauchten die Maschinen, um wichtige Bedürfnisse zu decken, und die Maschinen brauchten die Menschen, um einen Daseinszweck zu haben. Plötzlich fühlte er sich als Teil einer neuen Einheit, und ihre gewaltigen metallenen Begleiter hatten sich in Weggefährten verwandelt.
    Cherry dagegen teilte Ancors Begeisterung über ihre Eskorte nicht. Inzwischen war die Shellback von allen Seiten eingeschlossen. Der Kurs der Robotschiffe unterschied sich geringfügig von dem ihren, und er war schließlich gezwungen, ihren Vorgaben zu folgen, um eine Kollision zu vermeiden. Außerdem setzte der massige Rumpf des Schiffs unmittelbar vor ihnen den Radar außer Gefecht; die Shellback befand sich damit bei einer Geschwindigkeit von achthunderttausend Stundenkilometern faktisch im Blindflug. Cherry spürte, daß man sie
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