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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin
Autoren: Bernhard Hennen
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Der Name Gabriel von Bretton wurde aus den Regimentslisten der Nádasdy-Husaren gestrichen.
    Erst Jahre später, als Kronprinz Josef neben seiner Mutter den Kaiserthron bestieg, wurde Gabriela rehabilitiert. Der junge Herrscher beförderte sie zum Rittmeister und gewährte ihr die Pension, die einem Armeeoffizier zustand. Sie erhielt außerdem das Privilegium, zum Amazonenkleide die kaiserliche Uniform, Hut und Offiziersehrenabzeichen zu tragen.
    Am Morgen des 3. September 1763 standen Gabriela und Gregorius auf der Donaubrücke vor Wien. Melancholisch blickte sie zu den grauen Wellen hinab. »Denkst du auch noch oft an Sir?«
    Der Feuerwerker nickte.
    »Was aus ihm geworden sein mag? Ob er … «
    »Das kann ich mir nicht vorstellen!« Gregorius gab sich Mühe, zuversichtlich zu klingen. »Vielleicht ist er jetzt, in diesem Augenblick, in Venedig und versucht noch einmal, mit einem Feuerwerk die halbe Stadt abzubrennen … «
    Gabriela lächelte traurig. »Ja, vielleicht … «
    Schweigend standen sie für eine Weile nebeneinander, bis der Nürnberger ihre Hand ergriff. »Ich muss jetzt gehen, sie warten auf mich.«
    Am anderen Ufer standen drei Wagen. Der vorderste hatte ein riesiges Bild auf die Plane gemalt. Es zeigte die Hure Babylon in all ihrer verwerflichen Herrlichkeit.
    Der Feuerwerker drückte ihre Hand fester. »Lebe wohl, meine liebe Freundin.«
    Gabriela hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Sie brachte kein Wort hervor und nickte ihm nur stumm zu. Dann ging Gregorius. Mit festem Schritt überquerte er die Brücke. Sein braunes Haar war vom Wind zerzaust. Er trug jetzt wieder die abgewetzte alte Pelzmütze. Sie passte besser zu ihm als die Perücke und der Dreispitz eines Offiziers.
    Gabriela wandte sich ab und sah zum Stephansdom, der sich schwarz über die Stadt erhob. Für den Abend war sie ins Winterpalais der Esterházys eingeladen. In der feinen Gesellschaft brannte man darauf, die Amazone kennenzulernen, die unter dem Banner Österreichs gekämpft hatte. In den nächsten beiden Wochen gab es keinen Abend, für den sie keine Einladung gehabt hätte.
    Sie sah zu den Planwagen am anderen Ufer. Gregorius wollte nach Paris fahren. Er war frei!
    Mit einem Achselzucken wandte sie der Stadt den Rücken. Wahrscheinlich würde man heute Abend im Palais Esterházy nicht gut von ihr reden.

Anmerkungen des Verfassers
    Studiert man die historischen Quellen zur Geschichte der österreichischen Kavallerie, so mögen viele Autoren nicht darauf verzichten, mehr oder weniger breit auf jene Nichte des Festungskommandanten General Bretton einzugehen, die es im Siebenjährigen Krieg zum Rittmeister bei den Nádasdy-Husaren brachte. Eilfertig schreiben sie einhellig zuletzt, dass es sich wahrscheinlich nur um eine Anekdote handle, so als vermöge der Name einer Frau noch nach Jahrhunderten den Waffenruhm ihrer männlichen Gefährten zu schmälern.
    Ein Hauptargument, die Husarin ins Reich der Fabel zu verweisen, besteht darin, dass in den ziemlich vollständig vorhandenen Monatsstandesausweisen des Regiments für diese Zeit weder der Name Bretton noch der Name Plarenzi fallen. Nur wenige Seiten zuvor erwähnt derselbe Autor, dass am 22. Juli 1760 während eines Überfalls nordöstlich von Glatz das Regimentsarchiv verlorenging, was seine Aussage in meinen Augen doch sehr relativiert.
    Untersucht man die Namenslisten der Offiziere, die während des Siebenjährigen Krieges im 9. Husarenregiment gedient haben, so stößt man auch dort auf erstaunliche Widersprüche. So wird z. B. der Baron von Graffenstein laut Regimentsgeschichte schon 1758 für seine tollkühne Attacke bei Hochkirch zum Major befördert. In der erhaltenen Offiziersliste bekleidet er diesen Rang allerdings erst 1761. So viel zu den unzweifelhaften Quellen aus dieser Zeit …
    Geht es um den Werdegang der Frau Rittmeister, so sind die Militärhistoriker über diese Person, die es ja angeblich nie gegeben hat, erstaunlich gut informiert. Hierzu ein Auszug aus von Kordas Regimentsgeschichte von 1903:
    »Nach Angabe von L. S. 1834 und M. Ernst 1862 verließ um diese Zeit Kapitän-Lieutenant Plarenzi das Regiment und bekannte sich bei dieser Gelegenheit – als Dame. Sie war die Tochter eines kaiserlichen Offiziers und früher an einen Zollbeamten in Ungarn verheiratet. Zerwürfnisse in der Ehe vermochten (sic) sie zu ihrem Onkel, dem General Baron Breton (!) , Festungskommandanten in Olmütz, zu flüchten, welcher, nachdem er vergeblich alles aufgewendet
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