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Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin

Titel: Die Sturmreiterin - Hennen, B: Sturmreiterin
Autoren: Bernhard Hennen
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misstrauisch.
    »Ganz einfach. Wir haben keine Zeit, um uns zu streiten, also lassen wir eine Münze entscheiden. Kopf, ich bleibe alleine zurück, Adler, ihr leistet mir Gesellschaft.«
    Gabriela stutzte einen Augenblick, dann nickte sie schließlich. »Gut, machen wir es so.«
    Der Schotte holte eine schwere Silbermünze aus einer Tasche, die im Futter seiner Husarenweste verborgen war.
    »Ich werfe!«, forderte Gabriela nachdrücklich.
    »Wie kann man nur so misstrauisch sein«, brummte Sir und reichte ihr die Münze.
    Sie ließ das Silberstück in hohem Bogen durch die Luft segeln und schnappte es gekonnt wieder auf. Ganz langsam öffnete sie die Hand. »Verflucht, es ist zu dunkel, man kann nichts erkennen.«
    »Steig ab und leg die Münze dort auf den Stein. Ich werde Licht machen.«
    Gabriela gehorchte. Sir schüttete ein klein wenig Pulver direkt neben das Silberstück auf den flachen Stein. Dann schlug er einen Funken mit einem Feuerstein und in einer hellen Stichflamme verging das Pulver. Für einen Atemzug lang war ganz deutlich der Kopf des Königs von Frankreich auf der Münze zu sehen.
    Inzwischen war auch Gregorius zurückgekommen. Er hatte ganz offensichtlich Mühe, sich im Sattel zu halten. »Was macht ihr hier? Signalfeuer abbrennen, damit die Halsabschneider unsere Spur nicht verlieren?«
    »Wir werden uns trennen«, entgegnete Gabriela knapp. »Sir bleibt zurück, um sie aufzuhalten.« Sie trat an die Seite des Schotten. »Warum werde ich den Verdacht nicht los, dass du schon wieder eine Betrügerei ausgeheckt hast.«
    Sir grinste. »Wie kommt es nur, dass du so ein schlechtes Bild von mir hast?«
    Einen Moment lang sahen sie einander schweigend an. Dann drückte sie ihm ihre beiden Pistolen in die Hände. »Hier, die wirst du brauchen! Wo werden wir uns wiedersehen, wenn du das hier hinter dich gebracht hast?«
    »Erinnerst du dich an das Gasthaus ›Zur goldenen Sonne‹ an der Straße nach Kolin? Das liegt ein gutes Stück abseits von der Straße nach Wien. Dort wird man uns nicht vermuten. Ich erwarte dich wie damals in der Dachstube!«
    Gabriela schloss ihn in die Arme. »Mach’s gut, alter Halunke. Und pass auf dich auf!«
    »Hab keine Sorge um mich! Im Vergleich zu Culloden wird das hier ein Kinderspiel. Ein Schotte zählt so viel wie ein ganzes Dutzend Halunken. So gesehen bin ich in der Übermacht!«
    Gabriela schüttelte noch einmal den Kopf, dann stieg sie auf ihr Pferd und verschwand mit Gregorius in der Finsternis. Weiter unten auf dem Weg erklang gedämpfter Hufschlag. Mondlicht brach zwischen den Wolken hervor. Sir ging zu seinem Sattel und holte die kleine silberne Flasche hervor, die ihn so viele Jahre begleitet hatte. Er zog den Korken. Einen allerletzten Schluck hatte er sich für einen Tag wie diesen aufgehoben. Er behielt den Whisky einen Moment im Mund, um sein Aroma ganz auszukosten. Dann bückte er sich nach der Münze und sah sich die Königsköpfe auf den beiden Seiten an. Hunderte Male hatte er mit der falschen Münze gewonnen. Heute würde er die Zeche dafür zahlen. Er schnippte sie in den Abgrund, zog die beiden Pistolen aus seinem Gürtel und stellte sich breitbeinig mitten auf den engen Weg.
    Zwei Wochen warteten sie im Gasthaus »Zur goldenen Sonne«, doch Sir kehrte nicht mehr zu ihnen zurück. Gregorius hatte die Zeit gebraucht, um sich von seiner Verwundung zu erholen. Um weniger aufzufallen, stimmte Gabriela zu, von nun an in Frauenkleidern zu reisen. Wer wusste schon, wo Schnitters Bluthunde sie noch überall suchen würden. Sie reisten zunächst nach Prag, verkauften dort ihre Pferde, nahmen eine Postkutsche nach Linz und fuhren von dort aus schließlich nach Wien.
    Es war ein regnerischer Sommertag, als Gabriela und der Feuerwerker mit ihren Reisetaschen auf den Hof eines prächtigen Palais traten. Mit bangem Herzen benutzte sie den Messingklopfer am Hauptportal. Die Schläge hallten über den Hof. Lange Zeit verstrich, und die beiden wollten sich schon abwenden, als schließlich doch noch die Tür von einer dunkelhäutigen Gestalt in seidenen Gewändern geöffnet wurde.
    Gabriela zog die rubinbesetzte Rose hervor und drückte sie dem Sklaven in die Hand. »Sag deiner Herrin, eine alte Freundin sei zurückgekehrt!«

EPILOG
    Halime verschaffte Gabriela eine Audienz am kaiserlichen Hof und erreichte, dass das Todesurteil gegen Gabriela wegen ihrer Tapferkeit im Felde aufgehoben wurde. Darüber hinaus billigte die Kaiserin die Taten der Husarin jedoch nicht.
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