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Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers

Titel: Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers
Autoren: Monika Felten
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Prolog
     
    Durch die zerklüfteten Schluchten des Ylmazur-Gebirges pfiff ein eisiger Wind. Heftige Böen rissen winzige Eiskristalle vom schneebedeckten Boden und wirbelten sie hoch in die Luft hinauf, wo sie vor dem Hintergrund des tiefblauen Himmels wie Diamantenstaub im Sonnenlicht glitzerten. Die funkelnden Schneewirbel tanzten über die glatt gefegte Ebene des Bajun-Gletschers, an dessen Flanke zwei vermummte Gestalten in einer Höhle Zuflucht vor der nächtlichen Kälte gesucht hatten.
    Am Fuß der Berge war der Frühling schon weit vorangeschritten, doch hier, jenseits der Baumgrenze, war es noch immer bitterkalt. In der dünnen Luft schien die Sonne ihre Macht verloren zu haben.
    Naemy blinzelte und hob schützend die Hand vor die Augen. Auf der anderen Seite des Tals hatte sich die Sonne eben über die schroffen Berggipfel erhoben. Der goldene Feuerball brachte mit seinem Licht auch ein wenig Wärme zurück, machte es der Nebelelfe aber fast unmöglich, die gegenüberliegende Seite der Schlucht zu erkennen, durch die sich der Gletscher nun schon seit mehr als zweihundert Sommern talwärts zwängte.
    Knorrige Überreste von Nadelbäumen, die an einigen geschützten Stellen den Naturgewalten trotzten, zeugten davon, dass es hier vor langer Zeit sehr viel wärmer gewesen war damals, als der finstere Herrscher seinen Angriff auf Nimrod begann.
    Bei diesem Gedanken musste Naemy unwillkürlich lächeln und ihre Gedanken schweiften ab. Einhundert oder eintausend Sommer? Welchen Unterschied machte das schon? Zeit! Welche Bedeutung hatte sie ? Die Menschen von Thale mussten sorgsam damit umgehen; ihre Lebensspanne war nur kurz. Gemessen an den Nebelelfen, starben sie schon als Kinder. Nebelelfen hingegen erreichten nicht selten ein Alter von über sechshundert Sommern.
    Zweihundert Sommer! Naemy seufzte leise. War es wirklich schon so lange her, dass sie gemeinsam mit Sunnivah den Kampf gegen den finsteren Herrscher aufgenommen hatte?
    Ihre Erinnerung daran war noch so frisch, als wäre es gestern gewesen. Und doch ... So vieles war seither geschehen. Unter der Regierung des Rats der Fünf, der einst von Sunnivah gegründet worden war und dem sie selbst bis zu ihrem Tod angehört hatte, war Thale zu neuem Wohlstand und Frieden erblüht. Druiden waren im Land wieder ebenso selbstverständlich geworden wie Seher und die Priesterinnen der Gütigen Göttin. Letztere hatten die Wälder von Daran nach dem Sieg über An-Rukhbar verlassen, um in Nimrod, der Hauptstadt Thaies, einen eigenen Tempelbezirk zu errichten.
    Die Sümpfe von Numark waren wieder von Nebelelfen bevölkert. Ein heißes Glücksgefühl durchströmte Naemy bei dem Gedanken, dass entgegen allen Erwartungen so viele Angehörige ihres Volkes die Verfolgung durch den finsteren Herrscher überlebt hatten. Die meisten von ihnen hatten den Weg zurück in die Sümpfe gefunden, wo sie auf den Überresten der alten Hauptstadt ihre neue Heimat errichteten. Sie gaben ihr den Namen Caira-Dan, was so viel bedeutete, wie Glückliche Heimkehr. Inzwischen beherbergte Caira-Dan mehr als einhundertfünfzig Nebelelfen und ihre Zahl wuchs ständig.
    Aber die vielen Sommer und all das Gute, das seither geschehen war, konnten Naemy nicht darüber hinwegtrösten, dass noch etwas sehr Wichtiges unerledigt geblieben war. Nach dem Sieg über An-Rukhbar war sie mit drei weiteren Nebelelfen aufgebrochen, um den Quarlin zu jagen, jenes schreckliche Raubtier, das Asco-Bahrran, der Meistermagier An-Rukhbars, vor zweihundertfünfzig Sommern freigelassen hatte und als der Todfeind aller Elfen galt.
    Viele Sommer hatten sie das Land durchstreift und den Quarlin gesucht. Gefunden hatten sie ihn nicht. Quarline waren überaus klug und ebenso langlebig wie Elfen. Irgendwo in Thale oder in der Zwischenwelt, jener kalten, düsteren Ebene, die die Elfen häufig betraten, um rasch große Entfernungen zurückzulegen, lauerte er, dessen war sie sich sicher. Auch heute konnte er noch immer zu einer großen Gefahr werden und ...
    »Du denkst schon wieder an den Quarlin, Mutter!«
    Naemy zuckte zusammen, als sie die Hand ihres Sohnes auf der Schulter spürte. Dicke Fellhandschuhe schützten ihn vor der Kälte, denn das menschliche Erbe, das Naemy in sich trug, war bei ihm nicht so stark ausgeprägt. Deshalb setzte ihm die Kälte auch mehr zu als seiner Mutter. »Quäl dich nicht damit. Er ist längst tot, glaub mir«, sagte er aufmunternd.
    Naemy nickte. »Ich weiß, wie du darüber denkst, Tabor.
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