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Die Stunde des Puppenspielers: Thriller (German Edition)

Die Stunde des Puppenspielers: Thriller (German Edition)

Titel: Die Stunde des Puppenspielers: Thriller (German Edition)
Autoren: Matthew Pritchard
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bereitete er sich auf das Unvermeidbare vor. Als Danny sich ihm näherte, schüttelte er den Kopf und sagte mit feuchten Augen: »Nicht jetzt, Kumpel. Die Mistkerle sind gerade dabei, uns zu ruinieren.«
    Danny nickte, froh, dass er nicht das obligatorische »Wie geht es Ihnen?« fragen musste, das der Job eines Reporters so mit sich brachte: Es war erstaunlich, wie blöd man sich mit diesem kurzen Satz manchmal vorkam. Doch Peggy Cooke wollte etwas sagen: »Warum wir?«, fragte sie mit schriller Stimme. »Von all den Hunderten von Leuten, warum gerade wir? Ich will, dass Sie das drucken. Es ist nicht fair.«
    Warum wir? Das war die erste Reaktion eines jeden gewesen, als im März 2009 der richterliche Abrissbeschluss an elf verschiedene Familien, die verstreut in der Gemeinde von Los Membrillos lebten, verschickt wurde. Im Verhältnis zum Ausmaß des Problems in Almería, der Provinz an der südöstlichen Spitze Spaniens, wirkte das monströs unfair: Ein Gutachten der Regierung hatte in nur zehn der am schlimmsten betroffenen Gemeinden zwölftausendfünfhundert irreguläre Bauten festgestellt. Aber das spanische Rechtssystem war ein kafkaeskes Konstrukt mit Korinthenkackerpersonal: gigantisch und verwirrend in seiner Kompliziertheit, willkürlich in den Entscheidungen, die es traf, und auf gehässige Art unbeugsam, wenn es das tat. Das war eins der Risiken, die man einging, wenn man sich in Spanien niederließ, die Schattenseite des vielen Sonnenscheins, der Fiestas und des guten Lebens.
    Wobei sich die Zehntausenden von Briten davon nicht einschüchtern ließen, die am Ende des Jahrhunderts das Almanzoratal überflutet, Villen und Grundstücke für in Eigenregie errichtete Häuser gekauft hatten und so den sterbenden ländlichen Gemeinden dieser Gegend neues Leben eingehaucht hatten, eines knapp zweitausenddreihundert Quadratkilometer großen Streifens im Norden der Provinz, am Fuß der Gebirgskette Sierra de los Filabres.Aber im Rausch des Expandierens hatten sich Tausende in den Fallstricken der Konkurrenz zwischen lokalen und regionalen Behörden Andalusiens verfangen. Gemeinderäte konnten Baugenehmigungen erteilen, doch die Regionalregierung, die Junta de Andalucía, hatte das Recht, diese zu widerrufen. Das Problem dabei war, dass niemand einen abhielt, das Haus zu planen ; das Haus musste erst gebaut und das Geld ausgegeben sein, damit die Regierung darauf aufmerksam wurde und seine Rechtmäßigkeit in Zweifel zog.
    Warum wir? Danny kannte die Antwort auf Peggy Cookes Frage, er hatte den Bürgermeister von Los Membrillos interviewt. »Wir hatten so viele Anträge auf Baugenehmigungen, dass wir darin förmlich ertranken«, sagte der Bürgermeister, während er einen Aktenschrank aufschloss und auf drei große Kartons zeigte, aus denen die Anträge quollen. »Bis jetzt haben wir es nur geschafft, elf zu bearbeiten.« Das war die bittere Ironie: Indem die elf Hausbesitzer versucht hatten, sich an die Regeln zu halten, hatten sie lediglich eine Papierspur gelegt, die die Regierungsbeamten zu den einzelnen Häusern zurückverfolgen konnten.
    Die Uhr tickte. Die Menge wurde wütender, schrie lauter. Weitere Guardia-Beamte trafen ein. Danny rief alle und jeden an, die, soweit er wusste, mit diesem Fall zu tun hatten.
    Es war das übliche Schwarze-Peter-Spiel.
    Der Gemeinderat gab der Regierung die Schuld, die Regierung gab den Gerichten die Schuld, und die Gerichte dem Gemeinderat. In der gesamten Zuständigkeitskette zuckte jedes Glied nur mit den Achseln und verwies auf jemand anderen. Arthur Cooke verfolgte, wie Danny telefonierte. Er konnte die Worte zwar nicht verstehen, hoffte aber, dass ein Mann, der so perfekt Spanisch sprach, irgendwie ein Wunder zu bewirken vermochte. Danny schaltete ab und schüttelte den Kopf. Das hoffnungsvolle Flackern in den Augen des Mannes verlosch.
    Um elf traf Paco Pino gähnend und sich die Brust kratzend ein. »Mein freier Tag«, sagte der Fotograf und schraubte ein Objektiv auf eine der drei Kameras, die ihm vor der Brust baumelten, »und dann muss so was passieren. Ich und mein Pech.«
    Danny war froh, dass die Cookes kein Spanisch sprachen: Derbe Bemerkungen wie diese waren das Letzte, was sie jetzt zu hören brauchten. Paco war kein schlechter Kerl, nur hatte ihn die Erfahrung etwas blasiert gemacht; wie jeden, der seinen Lebensunterhalt damit verdient, über das Pech anderer Leute zu berichten. Um ehrlich zu sein, im Vergleich zu einigen anderen war Paco der reinste
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