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Die Stunde des Adlers (Thriller)

Die Stunde des Adlers (Thriller)

Titel: Die Stunde des Adlers (Thriller)
Autoren: Markus A. Will
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wie er in der Bundesbank genannt wurde, nie Held sein wollte wie sein Großvater und Urgroßvater, beide gefallen auf dem Feld der Ehre zweier Weltkriege. Als jemand, der seinem Land als hoher Beamter diente, war es für von Hartenstein keine einfache Entscheidung gewesen, sich gegen die eigene Regierung zu stellen. Aber er hatte es nicht geschafft.
    Mutlos kauerte er zwischen den Münzen und Scheinen, versteckt in einem großen leeren Geldsack. Heute war keine Stunde des Adlers, sondern wirklich D-Day. Keine Stunde der Übung, sondern ein Tag der Entscheidung, der den Deutschen ihre ersehnte D-Mark zurückbrachte, die Fesseln der Europäischen Währungsunion löste und den Euro beerdigte.
    So etwas hatte es seit der Währungsreform von 1948 nicht mehr gegeben. Danach hatte man nur noch alte gegen neue Scheine ausgetauscht, meist aus Sicherheitsgründen, wenn Farbkopierer oder andere Neuigkeiten das Fälschen leichter gemacht hatten. Letztmalig hatte die Deutsche Bundesbank 1989 kurz vor dem Fall der Mauer das Geld ausgewechselt. Von Clara Schumann bis Balthasar Neumann zierten damals große Deutsche die Scheine. Die Bundesbank hatte sogar eine Werbekampagne gestartet, wie sich von Hartenstein, damals gerade erst ein paar Jahre in den Diensten der Bundesrepublik, ausgerechnet jetzt im Laster erinnerte. Damals hatte man den Deutschen den Wert des Geldes, der Stabilität der Mark vermittelt.
    Heute würde man ihnen etwas zurückgeben, das wohl genau das Gegenteil bewirken würde. Ganz anders als 1948, als die D-Mark für die junge wachsende deutsche Wirtschaft so etwas wie das Blut eines Gesunden für einen Kranken war – ein Blutaustausch, der die Schwarzmärkte ersetzte, die Marktwirtschaft in Gang brachte und »Made in Germany« zur Erfolgsstory machte. Von Hartenstein hatte seine Doktorarbeit über die historische Bedeutung der deutschen Währungsreform geschrieben; und er wusste besser als jeder andere, dass dieses Mal alles anders sein würde. »Bad Germany« würden die alten Partner morgen sagen.
    Monatelang hatten die alten Europartner versucht, die Deutschen zum Bleiben zu überreden, trotz der Probleme mit den für Deutschland immer teurer werdenden Eurobonds. Deutschland bekam über immer höhere Zinsen zu spüren, dass die Welt der Investoren und der Wähler den Glauben an Europa zu verlieren begann. Und weil die demokratische Legitimation für die Transferunion fehlte, hatten sich auch die Wähler abgewandt. Vorschläge mit Zwischenlösungen wie »GEuro« für die Griechen, »EEuro« für Spanien oder »PEuro« für Portugal, also Parallelwährungen zum Euro, waren genauso gescheitert, wie ein Hybrid-Auto stehen bleiben würden, wenn der deutsche Eco-Tankwart die Batterie nicht mehr mit Strom aufladen wollte.
    In diesen Monaten war in Deutschland die Stimmung gekippt. Erst hatte man angefangen, die Dinge mit einem »man wird doch mal sagen dürfen« abzuwägen, dann waren plötzlich die Nachteile und die Risiken größer, und mit ihnen wurden »Die Markigen« immer größer. Die Bewegung, anfangs politisch belächelt, war tatsächlich an die Regierung gekommen. Radikale Entwicklungen wie in vielen Ländern Europas, spätestens seit 2012, hatten auch die deutsche »markige Bewegung« beflügelt. Dabei hätte man seit den Erfolgen der Piraten und an den Absichten von Freien Wählergemeinschaften auch in Deutschland sehen können, wie schnell man freie Parlamente entern konnte. Mit nur einem Thema: der Deutschen Mark. Damit stürmte die markige Bewegung mit ihrer »Deutsche Mark Partei«, kurz DMP, die Parlamente.
    Ganz demokratisch gewählt, wie auch von Hartenstein in den geheimen Sitzungen der Projektgruppe der Operation D-Day hatte zugeben müssen, wenn er wieder mit der erst 30-jährigen »schwarzen Pest« zusammengerasselt war. Anna-Maria Kuhn, die neue Finanzstaatssekretärin, war der eigentliche Kopf der markigen Bewegung. Mit Internet, Ignoranz, Intrigen, aber auch Intelligenz waren die Markigen an die Macht gekommen. Die markigen Populisten hatten leichtes Spiel beim deutschen Volk, das ein fast schon erotisches Verhältnis zu seiner D-Mark hat. »Nicht alle Deutschen glauben an Gott, aber alle an die Bundesbank«, hatte der Franzose Jacques Delors, ehedem Präsident der Europäischen Kommission, einmal über die Deutschen gesagt, als es um die Einführung des Euro ging. Wie recht Delors hatte, wusste von Hartenstein in diesem historischen Moment auf der kalten Ladefläche. Geld wärmte eben nicht
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