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Die Stunde Der Vampire

Die Stunde Der Vampire

Titel: Die Stunde Der Vampire
Autoren: Carrie Vaughn
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nicht recht, ob das eine gute Idee ist.«
    Bloß gut, dass ich durch Texas fuhr – keine Kurven und nichts, womit ich kollidieren konnte. Flemming genoss meine ganze Aufmerksamkeit.

    Â»Das ist vielleicht Ihre einzige Gelegenheit, außerhalb der Anhörung Ihre Seite der Geschichte zu erzählen, warum Sie diese Forschungen betreiben und warum Sie die Fördergelder benötigen. Unterschätzen Sie niemals die Macht der öffentlichen Meinung.«
    Â»Sie können ganz schön überzeugend sein.«
    Â»Ich tue mein Bestes.« Reiß sie einfach mit deiner Begeisterung fort. Das war der Trick. Ich kam mir wie ein Werbespot vor.
    Er zögerte; ich ließ ihn darüber nachdenken. Dann sagte er: »Rufen Sie mich wieder an, wenn Sie nach D.C. kommen.«
    Zu diesem Zeitpunkt war alles, das kein klares »Nein« war, ein Erfolg. »Sie versprechen, dass Sie tatsächlich an den Apparat gehen und mich nicht durch den Anrufbeantworter abblocken?«
    Â»Ich werde drangehen.«
    Â»Danke.«
    Kopfrechnen – die nächste Sendung war am Freitag, in vier Tagen. Bis dahin konnte ich D.C. erreichen. Und Flemming vor Beginn der Anhörung in die Sendung holen.
    Zeit für einen weiteren Anruf, diesmal bei Matt. »Matt? Kannst du dich darum kümmern, dass die Sendung diese Woche in Washington, D.C., gemacht wird?«
    Jahrelang hatte ich die Stadt, in der ich lebte, nicht verlassen und war erst recht nicht quer durch das Land gefahren. Ich wollte nicht weg von dem Ort, an dem ich mich wohlfühlte und mich sicher wähnte. Es war leicht, dort zu bleiben und mich von meinen Rudelgenossen, meinem Alpha
umsorgen zu lassen. Dann fing die Sendung an, und die Grenzen wurden auf einmal zu eng. Was eigentlich passieren sollte – gemäß dem Verhalten wild lebender Wölfe und auch Lykanthropen –, war, dass ein junger Wolf sich in der Rangordnung emporarbeitete, seine Grenzen austestete, bis er die Anführer selbst herausforderte, und wenn er gewann, wurde er zum neuen Alpha.
    Ich konnte es nicht tun. Ich forderte heraus, ohne anführen zu können. Schließlich verließ ich die Stadt. Im Grunde war ich seitdem heimatlos. Auf der Wanderschaft, ein streunender Wolf.
    So schlimm war es gar nicht.
    Ich trank einen Kaffee, der mich nervös machte, aber dafür sorgte, dass ich wach blieb und fahren konnte. Vor meiner Abreise aus Denver hatte ich dies noch nie getan, stundenlang alleine Auto zu fahren, bis der Asphalt auf dem Highway schwirrte und die Landschaft verschwommen an mir vorüberflog. In gewisser Weise gab es mir ein Gefühl von Macht. Ich musste auf niemanden hören, konnte anhalten, wann ich wollte, essen, wo ich wollte, und niemand konnte voraussagen, wohin es mich als Nächstes verschlüge.
    Ich nahm mir die Zeit, unterwegs Touristin zu spielen. Ich hielt wahllos bei bronzenen Hinweistafeln auf historische Begebenheiten an, folgte braunen Wegweisern unbekannte zweispurige Highways entlang und besichtigte Schlachtfelder aus dem Bürgerkrieg und riesige Gipshühner. Vielleicht konnte ich mir nach der Anhörung ein verrücktes Ziel setzen und einen Werbegag daraus machen: die Sendung aus der Hauptstadt jedes Bundesstaates zu
senden, jede Woche ein Jahr lang aus einer anderen Stadt. Die Produzenten sollten mir einen Abstecher nach Hawaii bezahlen. O ja!
    Matt brachte mich in einem Radiosender in Arlington, Virginia, unter. Ich kam Freitag um die Mittagszeit dort an, etwas knapp, denn die Sendung wurde Freitagnacht live ausgestrahlt.
    Ich hatte Glück gehabt, denn Flemming hatte tatsächlich eingewilligt, als Gast in die Sendung zu kommen.
    Die Büroräumlichkeiten und das Sendezentrum, ein flaches Backsteingebäude aus den Fünzigerjahren, an dessen Fassade die Rundfunkfrequenz in modernistischem Stahl prangte, befanden sich auf einem Bürogelände in der Vorstadt, in dem dicke, belaubte Bäume wucherten. Hinter den gläsernen Schwingtüren sah es aus wie bei einem Dutzend anderer privater Radiosender, die ich besucht hatte: unordentlich, aber anständig, von Leuten betrieben, die einfach nicht die Zeit zu finden schienen, den vergilbten Gummibaum in der Ecke zu gießen.
    Eine Empfangsdame saß an einem Tisch, auf dem sich unsortierte Post häufte, und telefonierte gerade. Als ich mich ihr näherte, schenkte ich ihr ein Lächeln, das freundlich und nicht bedrohlich wirken sollte – wenigstens hoffte
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