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Die Stunde Der Toechter

Titel: Die Stunde Der Toechter
Autoren: Michael Herzig
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garantiert eine Strafuntersuchung der Staatsanwaltschaft geben!«
    Er setzte sich auf den einzigen Stuhl neben Johannas Bett und griff reflexartig nach den Zigaretten in seiner Hemdtasche. Als er realisierte, dass Rauchen im Spital verboten war, steckte er sie zurück und sah noch unglücklicher aus als zuvor. Schuldbewusst blickte er Johannas Bettnachbarin an, die angestrengt in der Annabelle blätterte. Das tat sie, seit Johanna aus der Notfallaufnahme ins Krankenzimmer gebracht worden war. Auf ihrem Tischchen standen ein Blumenstrauß und ein Foto ihrer Familie. Von Weitem waren ihr Mann und sie kaum zu unterscheiden.
    Johanna grinste. »Ich war heute Morgen in der Röhre. Mein Gehirn wurde elektronisch filetiert.«
    Köbi schien nicht zu verstehen.
    »Sie haben mich in den Computertomografen gesteckt. Jetzt wissen wir, dass in meinem Schädel alles in Ordnung ist. Organisch wenigstens.«
    Er lächelte. »Im Büro ist der Teufel los. Einige meinen, dass hinter der Entführung eine größere Sache stecke. Dieser Stämpfli ist ein ausgebuffter Halunke. Wer weiß, mit wem er sich angelegt hat.« Köbi rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her. »Kann man hier nirgends rauchen? Das macht einen krank!«
    »Seine Tochter und ich waren zusammen in der Schule. Am Gymnasium Burgdorf.«
    Köbi hob die Augenbrauen. »Burgdorf im Emmental? Dann bist du ein noch größeres Landei als ich, Jo.« Er hustete. »Immerhin ist Frauenfeld ein Kantonshauptort!« Seine Geduld war zu Ende. Köbi erhob sich und öffnete den Kleiderschrank. »Da sind deine Kleider, Mädchen! Jetzt ziehst du dir etwas an und kommst mit mir raus. Ich warte vor dem Spital.« Er warf ihre Jeansjacke auf das Bett und stapfte aus dem Zimmer hinaus.
    Zögernd stellte Johanna ihre Füße auf den Boden. Augenblicklich packte sie ein Schüttelfrost.
    Die Bettnachbarin vertiefte sich noch etwas tiefer in ihr Magazin.
    Im Schrank waren die Kleider, die Johanna während des Unfalls getragen hatte. Sie fühlten sich schmutzig an. Wer hätte ihr auch andere bringen sollen?
    Also streifte sie das Nachthemd ab und zog sich an. Dann tastete sie sich zur Tür und anschließend den Gang entlang in Richtung Fahrstuhl.
    In ihrem Kopf wütete ein Wirbelsturm und die Tasten im Lift verschwammen vor ihren Augen.
    Als sie endlich am Ausgang angelangt war, sah sie, wie Köbi draußen eine neue Zigarette an der alten Kippe anzündete. Sie versuchte zu lächeln und ging durch die Drehtür hinaus.
    Sogleich verbrannte sie in der Hitze des Tages.
    6.
    Als sie zurück in ihr Krankenzimmer kam, wurde sie von einer wütenden Pflegerin empfangen. In dem klimatisierten Spital war auch der Schüttelfrost zurückgekehrt.
    Zuvor war sie mit Köbi auf den Üetliberg spaziert. Langsam und vorsichtig. Jeder Schritt kostete sie unglaubliche Kraft. Schnaufend hatte sie sogar die ihr angebotene Zigarette ausgeschlagen. Derweil hatte ihr Köbi erzählt, was er über die Entführung gehört hatte. Der Fahrer des Fluchtwagens war international ausgeschrieben. Verschiedene Kapitaldelikte. Vermutlich ein Auftragskiller. Auch der Beifahrer war kein unbeschriebenes Blatt. Söldnerdienst in verschiedenen Kriegen, Waffenschmuggel, Freiheitsberaubung, Erpressung. Alles deutete darauf hin, dass sich Bernhard Stämpfli mit einer mächtigen Organisation angelegt hatte. Gewaltverbrecher dieses Kalibers arbeiteten selten allein. Umso unbegreiflicher war, dass sie ihr Opfer samt Handy in den Kofferraum gesperrt hatten. Auch der gescheiteste Schuft ist nur ein dummes Arschloch, war Köbis Kommentar dazu. Darauf hatte sich Johanna doch noch eine Zigarette angesteckt. Anschließend waren sie zum Spital zurückgegangen, damit Johanna genesen und Köbi seinem Schrebergarten beistehen konnte.
    So stand sie nun schweißnass und fröstelnd vor der Krankenschwester. Diese fackelte nicht lange, zog Johanna aus, schob sie ins Bett und steckte ihr ein Fieberthermometer in den Mund.
    Erst jetzt bemerkte Johanna, dass die Familie ihrer Bettnachbarin da war. Sie hatten alle dasselbe T-Shirt an: Mami ist die beste …! Blaue Schrift auf gelbem Grund.
    … die beste Annabelle- Leserin nach einer Unterleibsoperation, ergänzte Johanna in Gedanken den Schriftzug.
    Als deute er Johannas düsteren Blick, offerierte Papa seiner Familie ein Eis im Spitalrestaurant. Er packte seine Ehegattin in einen Rollstuhl und schob sie aus dem Zimmer hinaus. Die beiden Kinder folgten ihnen. Im Vorbeigehen streckte ihr das Mädchen die Zunge
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