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Die Stimme des Feuers

Titel: Die Stimme des Feuers
Autoren: Catherine Coulter
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nicht glaubst, dann reite mit mir nach Belleterre, wo ich dir die zweite Frau meines Vaters und ihre Kinder vorstellen werde!«
    Ohne an seine eigene Sicherheit zu denken, verließ Graelam die Deckung, rannte zu ihr und packte sie. Ein sengender Schmerz durchfuhr seinen Arm. Flüchtig sah er auf den Pfeil, der sich durch das Kettenhemd gebohrt hatte. Er drückte Kassia zu Boden und zerrte sie in den Schatten des Überhangs.
    Schuldbewußt starrte sie auf den Pfeil in seinem Oberarm. »Halt still, Mylord!« sagte sie, holte tief Luft und legte beide Hände um den dicken Pfeilschaft. Mit einem Ruck zog sie ihn heraus. Graelam gab keinen Laut von sich. Sie hob den Rocksaum, riß ein Stück Stoff vom Unterkleid ab und verband ihm damit den verwundeten Arm. »Und was machen wir jetzt, Mylord?«
    »Warten, bis es dunkel wird«, sagte Graelam knapp. »Dann werde ich diesen Narren töten. Ich freue mich schon darauf.«
    Langsam schleppte die Zeit sich hin. Kassia litt unter großem Durst. Graelam war wieder zu seinen Männern geschlichen. Sie berieten jetzt. Die Sonne neigte sich zum Untergang. Plötzlich setzte sich Kassia auf. Sie glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Doch ja, es war die durchdringende Stimme ihrer Tante Felice!
    »Du blöder Kerl!« hörte sie Felice kreischen. »Du Vollidiot! Dein Glück, daß einer deiner Männer mir von deinem irrsinnigen Plan erzählt hat! Seit wann ziehst du los, ohne mich um Rat zu fragen? Sie haben dir die Wahrheit gesagt!«
    Kassia drehte sich um. Graelam kam zu ihr. Er grinste breit. »Noch ein Prinz unter den Frauen und ein Zankteufel dazu!«
    »Wenn du den Engländer umbringst, erreichst du gar nichts!« hörten sie Felice kreischen. »Willst du dann etwa deine arme Kusine heiraten, die nicht mal eine Mitgift bekommt, du hirnloser Narr?«
    Betroffen starrte Geoffrey seine Mutter an. »Aber er hat den Tod verdient«, sagte er mürrisch.
    »Du Schwachkopf«, sagte Felice verächtlich. »Jetzt hör mich mal an, Geoffrey! Als ich erfuhr, daß Maurice diese Marie de Chamfreys aus der Normandie geheiratet hatte, habe ich meine Fühler spielen lassen. Ich habe ein hübsches Mädchen für dich gefunden, mein Junge. Ein Mädchen, das uns, das dir wertvollen Landbesitz einbringt. Laß doch dem Engländer sein mageres Weibchen!«
    »Wie heißt sie?«
    »Lady Joanna. Sie ist Engländerin und die Tochter des Grafen von Leicester. Sie fällt dir als reife Frucht in die Hände. Mein guter Freund Orland de Marston hat bereits in meinem Auftrag mit ihrem Vater gesprochen. Er gibt ihr als Mitgift reiche Ländereien in der Normandie in die Ehe. Du mußt bald nach London reisen und deine Verlobte kennenlernen.« Dann rief sie in die Schlucht hinab: »Mylord Graelam!«
    »Lady Felice«, antwortete Graelam. »Seid Ihr gekommen, um Euer ungezogenes Hündchen nach Haus zu holen?«
    »Werdet nicht übermütig, Mylord!< rief sie. »Ich bin nur um die ... Gesundheit meines Sohnes besorgt. Ihm steht nämlich eine große Zukunft bevor. Ja, Mylord, er wird in Kürze Lady Joanna heiraten, die Tochter des Grafen von Leicester! Ihre Schönheit ist berühmt, und sie bringt ihm großen Reichtum mit! Nehmt Eure alberne Kindfrau und verzieht Euch aus der Bretagne!«
    Felice riß ihre Stute herum und ritt zu ihrem Sohn zurück. Graelam warf einen Blick auf Kassia. Vergeblich versuchte sie sich das Lachen zu verbeißen. Doch Graelam lachte aus vollem Halse. Seine Männer stimmten in das Gelächter ein.
    Absichtlich geziert sagte Kassia: »Mylord, wir müssen meinem Vetter und seiner Verlobten ein Hochzeitsgeschenk schicken.«
    »Ja«, sagte Graelam. »Vielleicht eine Peitsche und Handschellen. Wenn sie sich dann darum streiten, wette ich, daß Joanna die Oberhand gewinnt.«
    Kassia hob die Hand. Von oben hörte man, daß die Angreifer den Rückzug antraten. »So, Mylord, jetzt möchte ich deinen Arm gründlich untersuchen.«
    »Und danach, Mylady, möchte ich dich für deine unbedachte Handlungsweise gründlich verdreschen.« Graelam zog sie an sich, strich ihr liebevoll über die weichen Hüften und gab ihr einen Kuß.

EPILOG
    Leise stieß Graelam die Fensterläden auf und atmete die frische vorwinterliche Luft ein. Ein Jahr war es jetzt her, seit er mit Kassia nach Wolffeton zurückgekehrt war. Und jetzt hatte er einen Sohn. Er drehte sich um und schaute lächelnd zu, wie Kassia ihrem Sohn Henry die Brust gab. Die noch länger gewordenen Haare fielen ihr jetzt in schweren goldbraunen Locken über die
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