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Die Stimme des Feuers

Titel: Die Stimme des Feuers
Autoren: Catherine Coulter
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Augenblick stieß einer der Männer einen Schmerzensschrei aus, und Rolfe brüllte, so laut er konnte: »Räuber!« Seine Hand fuhr zum Schwertgriff. »Ein Hinterhalt!« Mit wildem Blick schaute er um sich. Sie steckten in einer engen Schlucht, über der sich auf beiden Seiten hohe Felsen erhoben.
    Die langen Jahre der Erfahrung verhinderten eine Panik. Kühl überblickte Graelam die Lage, und kaum eine Sekunde später schrie er seine Befehle. »Alle absteigen! Volle Deckung unter den überhängenden Felsen! Dann müssen die Hurensöhne in die Schlucht kommen, um uns anzugreifen!«
    Graelam riß Kassia von Bluebells Rücken und deckte sie mit seinem Körper. Ein Pfeil fuhr ihm seitlich ins Kettenhemd, richtete aber keinen Schaden an. Er zog sie in einen Spalt zwischen zwei mächtigen Felsblöcken. »Hock dich hin und zieh dir den Mantel über den Kopf!«
    Kassia gehorchte. Räuber! Ein Pferd schrie im Todeskampf. Sie zuckte zusammen. Graelam huschte weiter, bis er auf Rolfe und drei weitere seiner Männer stieß.
    »Wir müssen sehen, wer sie anführt«, sagte er knapp. »James, sieh hier den schmalen Einschnitt zwischen diesen beiden Felsen! Meinst du, daß du dich da durchzwängen kannst? Wenn du es schaffst, kannst du ausspähen, mit wie vielen Gegnern wir es zu tun haben.«
    »Ja, Mylord«, sagte James zwischen Furcht und Erregung. Er stand noch nicht lange in Lord Graelams Diensten, und jetzt mußte er sich bewähren. Mit der Zunge fuhr er sich über die plötzlich trocken gewordenen Lippen. Dann zwängte er den schlanken Leib aufwärts in die schmale Rinne.
    Inzwischen war völlige Stille eingetreten, die Kassia noch mehr erschreckte. Sie begann zu beten.
    Eine Ewigkeit schien zu vergehen. Dann hörte Graelam das Geräusch eines rutschenden Körpers, fuhr herum und sah James vor sich.
    »Der Anführer muß ein Lord sein«, berichtete James. »Ich sah ihn in schimmernder Rüstung auf seinem Kampfroß, neben sich den Fahnenträger. Die Fahne zeigt einen Adler mit blutrotem Schnabel.«
    Graelam zog die Brauen zusammen. »Keiner rührt sich von der Stelle!« Dann schlich er wie ein Panther zu Kassia.
    »Es ist alles in Ordnung, meine Liebste«, beruhigte er sie rasch, als er ihr totenbleiches Gesicht erblickte. »Sie führen eine Fahne mit einem Adler darauf.«
    »Geoffrey«, flüsterte sie.
    »Das dachte ich mir«, sagte er leise. »Bleib, wo du bist, Kassia!« Er küßte sie rasch und war wieder weg.
    Im Schatten der überhängenden Felsen schlich er zu dem Einschnitt. Dann brüllte er: »Geoffrey! Geoffrey de Lacy! Zeig dich, du Feigling! Komm hervor, du Abschaum!«
    Als Geoffrey seinen Namen aus dem Munde des Feindes hörte, fuhr er auf. Einer seiner Männer hatte vorgeschlagen, keine Fahne zu zeigen und auf die auffallende Rüstung zu verzichten. Hatte er einen Fehler gemacht? Wenn er jetzt nichts unternahm und abwartete, könnten Graelam und seine Männer im Schutz der Dunkelheit entkommen.
    »Dein Vater hat nicht nur einen Feigling, sondern auch einen Taubstummen gezeugt!« schrie Graelam. »Stell dich zum Kampf, du wimmernder Hurensohn!«
    Geoffrey stieß einen Wutschrei aus. »Komm du doch heraus, Engländer! Dann zeige ich dir, wie ein tapferer Krieger kämpft!«
    Graelam lachte verächtlich. Er erkannte die Falle.
    »Verdammtes Engländerschwein! Nie sollst du bekommen, was mir gehört!«
    Graelam überlegte. Offenbar hatte der Mann noch nichts von Maurices Hochzeit erfahren und wußte nicht, daß er, Graelam, nicht allein zwischen Geoffrey und Belleterre stand. Dann schrie er: »Du krähst wie ein zerrupfter Hahn, Geoffrey! Verzieh dich auf deine Burg! Nie wird dir noch eine andere gehören. Maurice hat wieder geheiratet und hat zwei gesunde Stiefsöhne!«
    »Du lügst, feiger Engländer!«
    Kassia konnte nicht länger schweigen. »Es ist wahr, Geoffrey. Ich schwöre es dir. Laß uns in Frieden ziehen!«
    Unsicher kaute Geoffrey an der Unterlippe. Seine Männer zeigten betroffene Gesichter. Geoffrey überlegte fieberhaft. Dann kam ihm ein Gedanke. Er lächelte und rief: »Kassia, komm zu mir! Hier bist du sicher und kannst mir alles von Angesicht zu Angesicht erzählen!«
    Graelam erstarrte. »Kassia«, warnte er sie leise. Doch es war schon zu spät. Er sah, wie seine Frau die Deckung verließ und sich aufrichtete, so daß Geoffrey und seine Männer sie in voller Größe sehen konnten.
    »Hier bin ich, Geoffrey«, rief sie mit heller, klingender Stimme. »Hör mit diesen Dummheiten auf! Wenn du mir
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