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Die Stimme des Daemons

Die Stimme des Daemons

Titel: Die Stimme des Daemons
Autoren: Grant McKenzie
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war immer noch ehrlich zu antworten; zu lügen verlangte eine gewisse Konzentration.
    »Hat Sie jemand überfallen? Das Auto sieht versengt aus, und Ihre Kleider …«
    Zack zuckte erneut die Achseln. Er wäre jetzt gern ein anderer gewesen – vielleicht James Cagney in Angels with Dirty Faces : ein knallharter, kämpferischer Typ, der keine Autorität anerkannte. Er wollte sich aufsetzen und diesen gut aussehenden Mistkerl k.o. schlagen. Vielleicht würde dann die Kollegin des Bullen ihm zu dem verhelfen, was er selbst nicht vermochte. Verdammt, ihre Heldentat würde ihr vielleicht sogar die goldene Marke einbringen, die sie sich sicher wünschte; vielleicht würde sie das zum Lächeln bringen.
    »Was gibt’s denn zu grinsen?«, knurrte Mary unwirsch.

    Zack hatte gar nicht gemerkt, dass er lächelte. Er wandte sich der Frau zu. Sie hatte wirklich bemerkenswerte türkisfarbene Augen.
    »Sie haben hübsche Augen.« Die Worte kamen ganz automatisch aus dem Teil seines Gehirns, auf den er sich immer verlassen konnte. »Aber Sie müssen aufhören, die Augen so zusammenzukneifen. Die tiefen Falten gehen am schwersten weg.«
    Marys Gesicht verfärbte sich dunkelrot. »Wer hat Sie um Ihre Meinung gefragt, Arschloch?«
    Ihr Kollege begann zu lachen. »Weißt du, ich glaube, er hat recht. Du hast wirklich …«
    Mary brachte ihn mit einem eiskalten Blick zum Schweigen.
    Colin legte die Hände in die Hüfte und wandte sich wieder Zack zu. »Wie heißen Sie, Sir?«
    »Zack Parker.«
    »Ist das Ihr Wagen?«
    Zack nickte.
    »Wollen Sie den Schaden melden?«
    Zack schüttelte den Kopf.
    »Haben Sie Hunger? Es gibt da ein tolles Pfannkuchen-Restaurant nur einen Block weiter.«
    Mary seufzte tief.
    Colin hielt ihm die Hand hin, und Zack zögerte einen Augenblick, ehe er sie ergriff.

10
    Sam stand am Rand des Kraters, wo zuvor sein Haus gestanden hatte.
    Ein dünnes gelbes Absperrband war um die Grube gespannt. Das Band raschelte und flatterte in der leichten Brise. An einer Stelle, dort wo Hannah ihren Kräutergarten anlegen wollte, hatte es sich bereits von dem Pfosten losgerissen und wehte im Wind wie eine etwas zu lang geratene Fahne – passenderweise auf halbmast.
    Ein leichter Regen verwandelte die glimmende Asche in Schlamm, und eine blasse Sonne drang mühsam durch den Wolkenschleier und tauchte die Szene in ein sanfteres Licht als die grellen Halogenlichter wenige Stunden zuvor.
    Nachbarn lugten hinter den Vorhängen hervor, doch keiner kam heraus, um sich den Ort der Katastrophe aus der Nähe anzusehen – zumindest nicht, solange er hier war, und dafür war Sam auch dankbar. Wahrscheinlich dachten sie nicht so gern darüber nach, wie leicht dasselbe auch ihnen hätte passieren können, ihrem Haus, ihrer Familie.
    Sie würden darüber reden, wenn er weg war. Manche würden sich das Loch auch aus nächster Nähe ansehen, die Toten bedauern und dem Himmel danken, dass es nicht sie erwischt hatte. Sie würden von einer Tragödie sprechen und dann schnell anfangen, es zu vergessen.
    Bei diesem Gedanken entfernte sich Sam innerlich
noch weiter von der »normalen« Gemeinschaft, in der sich Hannah zu Hause gefühlt hatte. Vorher hatte ihm nur das Geld gefehlt, um mit seinen Business-Class-Nachbarn mit ihren neuen schicken Leasing-Wägen gleichzuziehen.
    Aber jetzt war seine Familie weg, und er hatte alles verloren.
    Sam begann wieder zu weinen, die salzigen Tränen schmerzten auf der wunden Haut um seine Augen. Die kleinen blauen Pillen, die ihm der etwas mitgenommen aussehende Arzt im Krankenhaus gegeben hatte, bescherten ihm ein unangenehm taubes Gefühl, so als wäre sein Hirn in Watte und zerrissene Alufolie gepackt.
    Nachdem er ihm die Pillen gegeben hatte, schickte ihn der Arzt weg. »Gehen Sie nach Hause«, waren seine Worte. Es gab keine freien Betten im Krankenhaus, außer für Todkranke, und selbst da war es hilfreich, wenn man jemanden kannte.
    Sam versuchte ihm zu erklären, dass er kein Zuhause mehr habe und dass der Tod ganz akzeptabel sei, wenn man dafür wenigstens einen Platz bekam, wo man sich hinlegen konnte.
    Der Arzt hielt seine Bemerkung für einen Scherz und lachte laut, als ein Polizist vortrat und Sam am Arm nahm, um ihn hinauszugeleiten.
    Auf dem Rücksitz des Streifenwagens hatte er zu zittern begonnen, sein ganzer Körper zuckte, und seine Zähne klapperten so laut, dass er glaubte, sie könnten brechen. Er nahm noch zwei von den blauen Pillen, und der junge Polizist reichte ihm eine dicke
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