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Die Stadt unter dem Eis

Die Stadt unter dem Eis

Titel: Die Stadt unter dem Eis
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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anders«, sagte er. »Und einige andere Nationen auch. Grönland
verfügt über ungeheure Bodenschätze. Das macht dieses Land
sehr interessant. Wäre das Klima hier nicht so schlecht, hätte
sich längst eine der großen Nationen entschlossen es sich unter
den Nagel zu reißen. Aber das ist im Moment nicht unser
Problem. Kommt.«
Er drehte sich um und ging mit steifen Schritten zum Turm
zurück. Serena und Mike folgten ihm nach kurzem Zögern.
Trautman wartete, bis sie an ihm vorbei in den Turm geklettert
waren, dann stieg er über die kleine Leiter noch einmal nach
oben und schloss die schwere Luke.
Mike trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen, als
seine Zehen zu kribbeln begannen. Nach den schätzungsweise
zwanzig Grad unter null, die draußen geherrscht hatten, kam es
ihm hier drinnen nicht nur warm, sondern regelrecht heiß vor.
Trotzdem hatte er das Gefühl, dass sich seine Finger und Zehen
in Eisklötze verwandelt hätten. Vorsichtig zog er mit den
Zähnen die Handschuhe aus, rieb die Hände aneinander und
blies hinein. Es half nicht viel. Seine Finger waren vollkommen
gefühllos.
Sie folgten Trautman nach unten. Serena ging zu ihrer Kabine,
um die schwere Pelzjacke auszuziehen, während Mike
Trautman in den Salon folgte. Singhs Gesichtsausdruck nach zu
schließen hatte der Inder bereits auf sie gewartet. Und er schien
keine guten Neuigkeiten zu haben.
»Gut, dass ihr kommt«, sagte er. »Sind alle Luken dicht?«
Trautman nickte. »Warum?«
»Wir müssen verschwinden«, antwortete Singh. »Sie sind
schon wieder da.«
»Das deutsche Kriegsschiff?«, fragte Trautman ungläubig.
»Sie müssen gefahren sein, bis ihre Kessel geglüht haben«,
bestätigte Singh. »Ich schätze, sie sind in einer Stunde hier.«
»Aber sie können unmöglich von uns wissen!«, protestierte
Mike.
»Warum sagst du das nicht ihnen?«, fragte Singh spöttisch.
»Ich verstehe es ja auch nicht. Aber sie halten genau auf uns zu.
Sollen wir warten, bis sie hier sind, um sie zu fragen, wie sie es
gemacht haben?«
Trautman reagierte ungewohnt heftig auf Singhs kleinen
Scherz. Er machte eine zornige Bewegung und schnauzte den
Inder regelrecht an: »Hör mit dem Unsinn auf. Wir tauchen auf
zehn Meter ... oder besser auf zwanzig. Sofort.«
Singh blinzelte überrascht und tauschte einen fragenden Blick
mit Mike, aber der konnte nur wortlos mit den Schultern
zucken. Trautmans Benehmen passte immerhin zu seinem
komischen Verhalten während der letzten beiden Tage. Je mehr
sie sich ihrem Ziel näherten, desto nervöser wurde er.
Keiner von ihnen antwortete und so ging Trautman zum Tisch
und begann eine Karte auszubreiten. »Hier ist die
Handelsstation«, sagte er nach kurzem Suchen. »Ungefähr
fünfzig Kilometer weit im Landesinneren. Sie liegt an einem
Fluss.«
»Ein Fluss?« Mike trat neugierig näher und warf einen Blick
auf die Karte. »Aber der ist doch bestimmt zugefroren.«
»Umso besser«, sagte Trautman. »Wir können zumindest
unter dem Eis hindurchtauchen. Dem kaiserlichen Zerstörer
dürfte das schwer fallen. Genau so machen wir es.«
»Genau so machen wir was?«, erklang eine Stimme von der
Tür her. Mike drehte flüchtig den Kopf und sah Juan und Ben,
die nebeneinander hereinkamen. Astaroth wuselte zwischen
ihren Beinen hindurch und sprang mit einem Satz auf den Tisch
hinauf, um sich auf Trautmans Karte zu einem pelzigen Ball
zusammenzurollen.
»Wir fahren mit der NAUTILUS den Fluss hinauf«,
antwortete Trautman unwillig. »Singh und ich werden von Bord
gehen und im Ort eine Ausrüstung kaufen.«
»Was für eine Ausrüstung?«, erkundigte sich Ben.
Trautman verdrehte die Augen. »Was man eben so braucht«,
antwortete er. »Schlitten, Hunde, ein Zelt ... muss ich eigentlich
alles zehnmal erklären?«
Ben machte ein verwirrtes Gesicht. Trautman hatte bisher
noch gar nichts erklärt. Mike war offenbar nicht der Einzige,
dem Trautmans verändertes Verhalten aufgefallen war. »Und
wofür brauchen wir diese Ausrüstung?«, fragte Ben betont.
»Hast du vergessen, weshalb wir hier sind?«
»Keineswegs«, antwortete Ben. »Ich meine nur: Wenn Sie in
die Stadt gehen, können Sie doch auch dort Bescheid geben,
damit sie eine Rettungsaktion organisieren.«
»Ich verstehe sowieso nicht, wieso Sie nicht schon längst auf
den SOS-Spruch reagiert haben«, fügte Juan hinzu.
Trautman sah einen Moment lang regelrecht bestürzt drein.
Dann sagte er: »Vielleicht hören sie diese Frequenzen nicht
regelmäßig ab. Oder sie haben sie
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