Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)
Autoren: Bethany Griffin
Vom Netzwerk:
Leute besänftigt, während sie herauszufinden versuchten, ob sie sterben würden oder nicht. Und wenn sie jemanden ausmachten, der am Schwärenden Tod litt, warfen sie ihn hochkant auf die Straße. Ich schlage die Augen wieder auf.
    »Schätzchen …«
    Am liebsten würde ich die Arme um sie schlingen und sie nie mehr loslassen. Dieser Gedanke setzt mir mehr zu als die Drogen, gegen die sich mein Körper schon den ganzen Morgen verzweifelt wehrt.
    Die Welt beginnt sich zu drehen.
    »Wieso tust du dir das bloß an?«, flüstert sie, bläst die Kerze auf dem Beistelltisch aus und breitet eine Decke über mir aus. Licht fällt durch die Fenster herein, die auf die Straße und auf den inzwischen leeren Garten hinausgehen.
    Stunden später betritt mein Vater das Zimmer. Er hat sich die Maske hochgeschoben, und das Haar steht ihm wild vom Kopf ab.
    »Ich möchte, dass du mit mir spazieren gehst, Araby«, sagt er.
    Meistens fragt er mich zweimal die Woche. Es sind die einzigen Gelegenheiten, bei denen er mich mit meinem Namen anspricht. Ich will, dass er endlich aus seinen Tagträumen aufwacht und sich daran erinnert, dass er immer noch ein Kind hat. Er zieht seinen Mantel über und hält mir meinen hin. Ich schließe für einen Moment die Augen, unterdrücke die letzten Spuren von Unwohlsein und folge ihm.
    Als wir aus dem Aufzug treten, kommt einer von Prinz Prosperos Wachleuten auf uns zu. Die Wachen wurden angeheuert, um meinen Vater zu beschützen. Jeder weiß, dass die Wissenschaftler unser größtes Kapital sind. Und zugleich unsere gefährlichsten Waffen. Nachdem der Prinz eine Fabrik zur Massenherstellung der Masken eröffnet hatte, brach Chaos in der Stadt los. Keiner wusste, wie er mit der Hoffnung umgehen sollte. Die Leute pinselten Sprüche an die Gebäudewände: DIE WISSENSCHAFT HAT TRIUMPHIERT . Oder: DIE WISSENSCHAFT HAT VERSAGT . Es waren stets zwei Parolen, die einander widersprachen, und allesamt mit derselben leuchtend roten Farbe geschrieben, die sie auch benutzen, um die Türen der von der Epidemie betroffenen Häuser mit dem Sensensymbol zu markieren.
    Obwohl die Stadt längst zum schwelenden Trümmerhaufen geworden war, kamen die Leute immer noch in der Dunkelheit aus ihren Häusern gekrochen, um Dinge an die zerfallenden Mauern zu schreiben, während die restliche Bevölkerung friedlich schlief oder heimlich, still und leise ihr Leben aushauchte.
    »Das sagt einiges über die Natur des Menschen aus«, erklärte Vater, machte jedoch niemals Anstalten zu erklären, was. Zumindest mir nicht.
    »Wohin gehen Sie, Dr. Worth?«, fragt der Wachmann.
    »Ich will nur einen Spaziergang mit meiner Tochter machen«, antwortet er.
    »Wir geben Ihnen eine Eskorte mit.«
    »Nur ein paar Männer. Wir gehen nicht allzu weit.« Resigniert vergräbt mein Vater die Hand in seiner Manteltasche und spielt mit irgendetwas herum.
    Wir warten im Foyer, bis die Eskorte zusammengetrommelt ist. Eine Staubschicht liegt auf den künstlichen Pflanzen. Die Farne sind die schlimmsten Staubfänger von allen.
    Der erste Wachmann öffnet die Tür, gefolgt von drei weiteren Männern. Sie halten sich an unserer Seite, mit Kurzschwertern und Pistolen bewaffnet, um Vater gegen jede Form von Bedrohung zu verteidigen, egal ob durch Menschen oder ein Tier. Auch wenn die Leute sich vor allerlei Geschöpfen fürchten mögen – die größte Gefahr geht in dieser Stadt nach Einbruch der Dunkelheit eindeutig von den Menschen aus.
    »Die Werft ist wieder geöffnet«, sagt Vater im Plauderton.
    »Wirklich?« In meiner Stimme liegt ein Anflug von Atemlosigkeit, den jemand, der mich nicht kennt, fälschlicherweise als gespannte Erregung interpretieren könnte.
    Als ich noch klein war und Finn noch gelebt hat, sind wir immer ausgesprochen gern zum Hafen hinuntergegangen. Damals herrschte dort unten stets Trubel und hektische Betriebsamkeit, mit den vielen Matrosen, die auf den Schiffen herumliefen. Vater zieht es auch heute noch häufig hin. Ich weiß nicht, ob es ihm bewusst ist oder nicht.
    Inzwischen hat sich vieles verändert. Überall liegt Abfall am Ufer herum, und die rußgeschwärzten Skelette der Schiffe ragen aus dem Wasser. Der Mob hat die meisten von ihnen zerstört. Ein Passagier könnte die Seuche eingeschleppt haben oder auch irgendein Nager, der mit einem der Schiffe gekommen ist.
    Neuerdings benutzen die Fischer einen anderen Hafen ein Stück weiter südlich, um der Verwüstung hier zu entgehen.
    Mir stockt der Atem. Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher