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Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)
Autoren: Bethany Griffin
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nach all dem Grauen, das er erlebt hat, noch etwas anhaben könnte.
    Mit einer Dose Pfirsiche und zwei Gabeln kehren wir zu unserem Schachbrett zurück.
    »Immer noch dein Zug«, sagt Finn. »Araby?«
    Ich sehe ihn an, um herauszufinden, ob er doch verärgert ist. Besitzt er tatsächlich diese übermenschliche, scheinbar unendliche Geduld? Aber ich kann ihn nicht erkennen. Der Dunst ist so dicht, und der Schein der Lampe so trübe. Ich kneife die Augen zusammen. Ich höre seine ruhige Stimme, aber ich kann ihn nicht sehen, kann nicht sehen …
    In diesem Augenblick wache ich auf.
    »Lieber Gott, wie um alles in der Welt soll ich dich tragen?«, höre ich April fragen. Die Kälte schlägt mir entgegen, und mir wird bewusst, dass wir uns im Freien befinden. Es regnet. Wir stehen vor dem Club. Panik erfasst mich. Die Angst vor der Ansteckung durch die Luft ist mir inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen. Ich berühre mein Gesicht und spüre die glatte Porzellanoberfläche meiner Maske. Ein erleichterter Seufzer entfährt mir. Ich trage dieses Ding schon so lange, dass ich es nicht mehr spüre.
    Ich versuche mich wieder zusammenzurollen. Ich leide unter Schlaflosigkeit, und die Euphorie, die ich empfinde, ist so wunderbar. Ich spüre den kalten Regen auf meinen Fußsohlen. Wo sind meine Schuhe?
    »Ihr solltet vorsichtig sein«, sagt jemand. »Es ist gefährlich, nachts draußen herumzulaufen.«
    »Ich muss sie nach Hause schaffen«, erklärt April. Der Klang ihrer Stimme ruft eine Erinnerung wach – vielleicht nicht an den Tag, als wir uns das erste Mal begegnet sind, sondern vielmehr an die Art, wie sie die Geschichte erzählt. Sie glaubt allen Ernstes, sie hätte mir das Leben gerettet. »Wir haben Wachen. Uns passiert schon nichts.«
    Wenn die Warnung nicht von einer der Wachen kam, mit wem redet sie dann?
    Ich spüre den gepolsterten Sitz von Aprils Kutsche unter mir.
    »Danke für die Hilfe«, sagt sie.
    »Das wird wohl nicht das letzte Mal gewesen sein.« In der samtweichen Stimme schwingt ein Anflug von Belustigung und noch etwas anderem mit. Er beugt sich vor und sieht mich an. Als ich versuche, sein Gesicht auszumachen, wird mein Gefühl der Orientierungslosigkeit noch schlimmer. Die Tattoos, das dunkle Haar. Mein Herzschlag beschleunigt sich. Ich glaube … ich glaube … kann einem das Herz stehen bleiben, obwohl man erst siebzehn ist? Aber wenn ich zusammenbreche, bekommt mein Vater mich bestimmt wieder hin.
    »Diesmal hattest du noch Glück, Süße. Aber das wird nicht so bleiben. Das Glück ist nie ein Dauergast.«
    Doch. Ich bin diejenige, die Glück hatte – etwas, was ich wohl niemals vergessen werde.

D REI
    I ch lasse meine Wange gegen das kühle Glas der Fensterscheibe sinken. Ich bin schon so lange hier, dass sie sich selbst unter meinen kalten Fingern eisig anfühlt. Ich habe mich auf dem Sitz unter der Fensterbank zusammengerollt und starre hinaus, aber nicht auf die Straße, sondern in eine Art Innenhof. Die Architekten der Akkadian Towers haben zwei luxuriöse Penthouse-Wohnungen mit einem üppig bewachsenen Garten dazwischen entworfen, einer Art überdachtem Eden. Wir leben in Penthouse B.
    Ich blicke hinaus auf die tropische Pracht. Mir ist hundeelend. Den ganzen Morgen schon kämpfe ich gegen die Übelkeit an.
    Meine Mutter betritt den Raum. Ich drehe mich nicht zu ihr um, denn ich weiß auch so, was sie tut. Sie knetet ihre Hände, ihre schmalen weißen Hände, die sie in Pfefferminzöl gebadet hat.
    Vor mir steht ein Teller mit vier verschiedenen Crackern. Ich streiche mit der kühlen Wasserflasche über mein Gesicht. Kondenswasser zieht sich in Schlieren über meine Wangenknochen und an meinem Hals entlang.
    In diesem Moment registriere ich eine Bewegung im Garten. Der Typ mit der silbernen Spritze von gestern Abend steht mit den Händen in den Hosentaschen da und beobachtet mich.
    Aber das ist völlig unmöglich.
    Als das Klima tropisch-feucht wurde und sich die Krankheiten auszubreiten begannen, wurde der Garten der Akkadian Towers geschlossen. Die Türen wurden zugemauert und die Spalten mit Mörtel abgedichtet.
    Ich setze mich auf. Meinem Magen gefällt die abrupte Bewegung ganz und gar nicht. Ich kneife die Augen zu.
    Teures Parfum steigt mir in die Nase und schnürt mir die Luft ab.
    »Araby?«
    Mutter legt mir die Hand auf die Stirn. Während wir im Keller Zuflucht gesucht haben, ist sie hier in den Akkadian Towers geblieben und hat Klavier gespielt. Ihre Musik hat die reichen
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