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Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)
Autoren: Bethany Griffin
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verlassenen Fabrikgebäude, wo früher Ziegelsteine hergestellt wurden. Damals, als die Leute noch Häuser gebaut haben. Erst wenn all die verlassenen Gebäude vollends zusammengefallen sind, können wir anfangen, neue zu bauen. Falls es uns dann überhaupt noch gibt.
    Die Schlange der Besucher zieht sich um den gesamten Häuserblock. Ich lasse den Blick über die Menge schweifen und stelle mir vor, dass sie um jeden Preis in den Club gelassen werden wollen, als hinge ihr Leben davon ab, aber wir sind zu weit entfernt, um einen Blick auf ihre Gesichter mit den Masken zu erhaschen.
    April und ich kommen regelmäßig hier vorbei, gehen aber nie hinein. Wir sind unterwegs zum Debauchery Club, der genauso heißt wie das Viertel hier und zu dem lediglich Mitglieder Zutritt haben.
    In einer engen Seitenstraße lässt der Fahrer uns aussteigen. Die Tür ist unauffällig und nicht verschlossen. Mit Ausnahme von pulsierenden roten Lichtern auf dem Boden empfängt uns völlige Dunkelheit, als wir das Foyer betreten. Obwohl wir schon oft hier waren, wecken die roten Lichter jedes Mal meine Neugier. Tastend lasse ich meinen Fuß über das erste Licht gleiten, um herauszufinden, inwiefern es sich vom restlichen Boden abhebt.
    »Los, komm schon, Araby.« April verdreht die Augen. Wir nehmen unsere Masken ab und verstauen sie in Samtbeuteln, wo sie sicher sind.
    Vor dem Ausbruch der Epidemie war der Debauchery Club ausschließlich Männern vorbehalten. Aber wie in all den anderen Clubs ist die Mehrzahl der Mitglieder längst tot.
    April und ich sind Mitglieder auf Probe. Die Mitgliedschaft haben wir ihrem Bruder zu verdanken, den ich bisher noch nicht kennengelernt habe. Erst mit unserem achtzehnten Geburtstag bekommen wir eine Vollmitgliedschaft.
    »Hier entlang, Ladys.«
    Ich erhasche einen Blick in den Spiegel und lächle. Ich bin nicht derselbe Mensch wie heute Morgen. Ich bin schön, künstlich, geistlos und inkognito. Mein schwarzes Kleid reicht mir bis zu den Knöcheln und schmiegt sich um das Fischbeinkorsett aus dem Kleiderschrank meiner Mutter – ich würde zwar nicht so auf die Straße gehen, trotzdem gefällt mir mein Outfit. Es lässt mich unglaublich dünn und ein klein wenig geheimnisvoll aussehen.
    Einen Moment lang muss ich an die Gestalten mit ihren Umhängen denken, die ebenfalls schwarz waren. Nervös streiche ich mein Kleid glatt.
    »Ich werde dir eine Schere leihen«, neckt April und betritt den Untersuchungsraum.
    Ich lache. Ihre eigenen Röcke hat sie kunstvoll über Kniehöhe abgeschnitten. Der Schwärende Tod hat sich auch auf unsere Mode ausgewirkt. Unter langen Röcken konnten sich eiternde Wunden verbergen.
    Ich genieße es, den Stoff an meinen Beinen zu spüren, als ich mich umdrehe und mich ansehe.
    »Du bist dran, Süße.«
    Ich folge der samtigen Stimme in den Untersuchungsraum.
    Wenn ich ganz ehrlich bin, muss ich zugeben, dass die kurzen Momente mit ihm der wahre Grund sind, weshalb ich Woche für Woche hierherkomme. Verschlungene Tattoos bedecken seine Arme, winden sich über seinem Hemdkragen empor und bis hinauf zum Ansatz seines zerzausten dunklen Haars. Ich bemühe mich, ihn nicht anzustarren. Es könnte sein, dass er mich glücklich macht. Seine Aufmerksamkeit, ein Schimmer der Bewunderung in seinen Augen … Aber ich verdiene es nicht, glücklich zu sein.
    »Du kennst ja die Prozedur. Hier hineinatmen.« Er hält mir das Gerät hin. »Könntest du dich diese Woche angesteckt haben?«
    »Nein, ausgeschlossen«, flüstere ich.
    »Ganz ausschließen kann man es nie. Du solltest vorsichtiger sein.« Er drückt auf einen roten Knopf, damit das Gerät die Luft aus meinen Lungen filtern kann. Mein Blick fällt auf die Nadel in seiner Hand. Ich erschaudere.
    »Du genießt das mehr, als du solltest«, bemerkt er leise.
    Er gibt meine Blutprobe in eine Art Maschine. Sie hat zwar einen Aufziehmechanismus und einen kleinen Messingknopf vorne dran, trotzdem bin ich ziemlich sicher, dass sie mit Ausnahme der Gutgläubigkeit der Leute in Wahrheit gar nichts messen kann. Trotzdem denke ich jedes Mal, wenn ich sehe, mit welchem Ernst er seine Arbeit erledigt, dass er sehen kann, ob ich mir etwas eingefangen habe. Mein Atem beschleunigt sich. Ich bin nervös.
    Was würde er wohl tun, wenn ich mich angesteckt hätte? Mich voller Verachtung ansehen? Mich mit einem Tritt auf die Straße befördern?
    Der Club ist der einzige Ort in der ganzen Stadt, wo wir uns ohne Masken gefahrlos aufhalten können. Unser
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