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Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)
Autoren: Bethany Griffin
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gestorben, sondern lediglich Träger der Krankheit geworden. Niemand spricht darüber – ebenso wenig wie über die Leute, die die Krankheit wochen- oder gar monatelang in sich tragen. Eigentlich müssen sie sofort getötet werden, wenn jemand sie sieht; sowohl erkrankte Fledermäuse als auch die Menschen, die das Virus in sich tragen. Beim Militär gibt es sogar eine Belohnung für jede abgelieferte Fledermausleiche.
    April reicht mir ihren Flachmann, und ich nehme einen großen Schluck.
    »Ich habe keine Angst vor Fledermäusen«, sage ich.
    Wir lachen. Aber würden wir nicht hier sitzen und trinken, wäre die Situation keineswegs komisch. Wir fahren an den Ruinen unserer einst florierenden Stadt vorbei, die inzwischen nichts als ein Denkmal unserer Toten ist.
    Jemand hat in großen schwarzen Lettern etwas auf eine Hauswand geschrieben. Ich kneife die Augen zusammen. DAS LEBEN IST HEILIG. DER TOD NOCH VIEL MEHR . Einen Moment lang starre ich auf die schiefen, eilig hingeschmierten Buchstaben, dann schubst April mich mit einem genervten Seufzer in die Polster.
    Mit einem dumpfen Knall landet ein Stein auf dem samtbezogenen Sitz, wo sich gerade noch mein Kopf befunden hat. Der Wachmann zu meiner Linken zückt seine Muskete und zerschießt einen zweiten Stein, der mitten in der Luft in tausend Teile zerbirst.
    Ich habe April noch nie so entsetzt gesehen. Die Angst ist ihr ins Gesicht geschrieben. Sie nimmt den ersten Stein, der scharfkantig und so groß wie ihre Hand ist, und schleudert ihn auf die Straße. Das Geräusch, mit dem er auf dem Boden aufschlägt, lässt uns beide zusammenfahren. Genau dasselbe Geräusch hätte er gemacht, wenn er auf die Maske geprallt wäre oder mir das Gesicht zertrümmert hätte. Die Leute haben keinerlei Mühe, Steine zu finden, um uns zu bewerfen. Die ganze Stadt fällt in sich zusammen und liefert ihnen massenhaft Munition. Jederzeit. An jeder Ecke.
    Aprils Wachen halten Ausschau, während der Fahrer seine Maske aufsetzt und Gas gibt.
    »Tja, sieht ganz so aus, als hätte ich dir schon wieder das Leben gerettet«, sagt sie schließlich.
    Sieht ganz so aus.
    Als ich April das erste Mal begegnet bin, stand ich auf dem Dach der Akkadian Towers, meine Zehen bereits einige Zentimeter über dem gähnenden Abgrund. Das ist jetzt knapp zwei Jahre her.
    Normalerweise setzt kein Mensch je einen Fuß auf dieses Dach, aber plötzlich stand sie neben mir und fragte: »Was machst du da?«
    Ich war so verdattert, dass mir nicht mal eine Lüge einfiel.
    »Ich stelle mir vor, wie es wäre zu springen.«
    Sie lachte. Das ist April, wie sie leibt und lebt, aber damals war ich zutiefst schockiert. Ich hatte alles darangesetzt, meine Selbstmordgedanken vor allen zu verbergen, und dieses Mädchen lachte mich aus!
    »Ich mag dich«, sagte sie. »Ich habe gehört, dass in der alten Wohnung des Prinzen neuerdings ein Mädchen wohnt. Ich brauche jemanden, der mir beim Zöpfeflechten hilft.« Sie nahm ihre Mütze ab und zeigte mir ihr Haar mit den zur Hälfte geflochtenen Zöpfen. Ihre Mutter war zu betrunken gewesen, um die Frisur zu Ende zu bringen. »Also spring lieber nicht jetzt, okay?«, sagte sie.
    Die Kutsche hält vor dem Club. April schimpft über einen Kratzer in einem der goldenen Blätter und tritt zu der unbeschilderten Tür.
    Ich trete in die tödliche Stille des Untersuchungsraums und zucke zusammen, als ich mich im Spiegel sehe. Ich bin ein stilles, unscheinbares Mädchen und gehöre eigentlich gar nicht in diese Art von Club.
    »Eigentlich wollte ich heute Abend nicht herkommen«, sage ich leise.
    »Und trotzdem bist du hier«, sagt er. Seine Stimme klingt neutral, als sei er weder sonderlich erfreut noch traurig, mich zu sehen. Aber es scheint ihn auch nicht zu stören. Keineswegs.
    Trotzdem scheint seine Hand einen Moment länger als notwendig auf meiner Taille zu ruhen, als er mir beim Aufstehen hilft. Am liebsten würde ich noch bleiben und mich eine Weile mit ihm unterhalten, aber er ruft bereits den nächsten Gast herein. Es spielt keine Rolle, denn so gern ich mit ihm reden würde, fürchte ich, dass ich ohnehin nichts Bedeutungsvolles zu sagen hätte.
    April ist nicht entgangen, wie ich ihn ansehe.
    »Zu schade, dass du diesen Enthaltsamkeitsschwur abgelegt hast«, sagt sie, als ich aus dem Untersuchungsraum trete.
    »Das ist kein Enthaltsamkeitsschwur.«
    Es ist mehr als das. Es geht darum, wie ich mein Leben in Zukunft führen muss. Ich habe keine andere Wahl.
    »Zu schade«, sagt
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