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Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)
Autoren: Bethany Griffin
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ich auf Vater warte.
    Unwillkürlich sehe ich noch einmal zu der Stelle hinüber, wo Vater mit dem jungen Mann spricht, der ihm gerade auf den Rücken klopft. Die Männer sehen wie typische Wissenschaftler aus, aber all die Wissenschaftler der Stadt befinden sich doch in Prinz Prosperos Schloss. Hinter dicken Mauern und vergitterten Fenstern. Zu ihrem eigenen Schutz.
    Ich lege das Buch beiseite und gehe zur Tür. Vater tritt zum Tresen und bezahlt, dann treten wir nach draußen. Einen Moment lang blendet mich die untergehende Sonne. Wie so viele andere ist auch dieser Tag wie in einem Nebel an mir vorübergezogen. Während sich meine Augen an das helle Licht gewöhnen, lasse ich den Blick durch die schmale Seitengasse schweifen. Die Wachen stehen immer noch gegen die Wand gelehnt da und rauchen. Über uns sehe ich Gesichter hinter den schmutzigen Fenstern auftauchen. Zwei Kinder spielen vor einer halb geöffneten Tür. Und ich sehe lange Schatten. Dichte Schatten.
    Vater berührt meinen Arm, als spüre er, dass ich mich unwohl fühle, doch ansonsten tut er nichts, damit es mir besser geht. Und er macht keinerlei Anstalten, etwas zu erklären. Ich überlege, wie ich ihn am besten fragen könnte, was hier los ist, aber der Weg zu den Akkadian Towers ist kurz, und mein Kopf schmerzt. Die Wachen bleiben in der Lobby zurück. Die Fahrt im Aufzug verläuft schweigend. Vater greift in seine Manteltasche und zieht etwas hervor.
    »Ich dachte, das könnte dir gefallen«, sagt er.
    Es ist das ledergebundene Gedichtbändchen. Entweder hat er mitbekommen, dass ich es vorhin in der Hand gehabt habe, oder er weiß, welche Art Bücher mir gefallen.
    »Vater …« Ich stehe da, den Arm immer noch ausgestreckt, und überlege, wie ich ihn fragen soll, was hier vorgeht, ohne dass der Fahrstuhlführer mitbekommt, dass Vater möglicherweise Hochverrat begeht. Doch in diesem Augenblick erreichen wir das oberste Stockwerk.
    Die Türen gleiten auf, und April steht vor uns und tippt ungeduldig mit dem Fuß auf. Sie hasst es zu warten.
    »Du musst mitkommen«, sagt sie. Sie trägt eine rote Corsage und hat ihr Haar zu einer kunstvollen Hochfrisur mit glänzenden schwarzen Federn aufgetürmt.
    Während ich mich umdrehe und ihr sagen will, dass ich nicht zum Ausgehen angezogen bin und außerdem auch gar nicht die Energie dafür aufbringe, ist Vater aus dem Aufzug geschlüpft und verschwunden. Und damit auch meine Gelegenheit, ihn zu fragen.
    »Elliott kommt auch.« April weiß, wie neugierig ich auf ihren Bruder bin. Immerhin habe ich es ihm zu verdanken, dass ich den Club besuchen darf.
    »Ich weiß nicht …«, sage ich mit einer vagen Geste in Richtung von Penthouse B.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er lange bleiben wird. Wir müssen uns beeilen.«
    Der Fahrstuhlführer mustert uns neugierig. April schwenkt triumphierend meine Tasche. »Sonst brauchst du nichts.« Ich verstaue das Buch in meiner Handtasche und kreuze die Arme vor der Brust, als wir nach unten fahren. April geht vor mir her durch die Lobby und tritt nach draußen, wo ihre lächerliche Dampfkutsche wartet.
    Das Gefährt, gleichermaßen ein Wunderding und eine Monstrosität, ist ein Geschenk ihres Onkels. Es ist weiß mit goldenen Intarsien und besitzt ein Klappverdeck, das bei schlechtem Wetter geschlossen werden kann, damit der Regen ihr nicht die Frisur ruiniert. Das Ding sieht aus wie die Kutsche einer Märchenprinzessin, nur dass es von einem bewaffneten Wachmann gelenkt wird. Vorne sitzen zwei weitere Wachleute, während im hinteren Teil ein Junge die Kohlen in den Ofen schaufelt, um das Wasser für den Dampf zu erhitzen.
    Es geht das Gerücht, der Wissenschaftler, der es konstruiert hat, hätte einen der Türme von Prinz Prosperos Schloss in die Luft gejagt, doch ich bin nicht sicher, ob das wirklich stimmt. Aber schließlich mussten wir ja ein Transportmittel finden, um von A nach B zu gelangen, nachdem all unsere Pferde der Seuche zum Opfer gefallen sind.
    Der Abendhimmel ist bewölkt, aber es regnet nicht. April lacht. »Wir fahren mit offenem Verdeck. Ich liebe den Wind, und es werden schon keine Fledermäuse in meinem Haar landen.«
    Fledermäuse. Sie wurden in die Stadt geholt, um die Stechmückenplage in Schach zu halten. Die Wissenschaftler haben an ihnen herummanipuliert, damit sie größer werden und folglich mehr Stechmücken in ihre Mägen passen.
    Zwar haben die Stechmücken das Virus auf die Fledermäuse übertragen, doch sie sind nicht daran
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