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Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel
Autoren: Will Berthold
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Soziussitz zurückkam.
    Garella riß die Pistole aus der Tasche. Im gleichen Moment rotzte der Killer auf dem Sozius einen Feuerstoß aus der Maschinenpistole.
    Die Passanten flüchteten kreischend in alle Richtungen. Decha stürzte sich auf den Attentäter, aber Garella hatte ihn wohl noch im gleichen Moment erwischt, als er selbst von der MP-Garbe erfasst und zerfetzt worden war.
    Garella lag ausgestreckt am Gehsteig. Mehrere Einschüsse. Decha Vivikul beugte sich über ihn und stellte fest, daß die Narbe Pauls Gesichtsharmonie nicht mehr störte.
    Sein dritter Tod war endgültig.
    Nach Garellas Ende überschlugen sich die Ereignisse in Bangkok. Vier Tage hielt Vasatrana der ›chinesischen Vernehmung‹ stand; es war eine Rekordleistung, aber dann kippte er zusammen, und seine Geständnisse begannen Bände zu füllen. Er hatte die Rauschgiftfront als Mittel zum Zweck organisiert: ethnische Gegensätze, soziale Ungerechtigkeit, Korruption, Inflation, Misswirtschaft, bewaffnete Aufstände im Grenzgebiet und die Zersetzung durch Opium genutzt, um das Königreich Thailand zu erschüttern. Salami-Taktik: Scheibe um Scheibe wird abgeschnitten, um den letzten Stützpfeiler des Westens für den Ostblock reif zu machen. Vasatrana hatte auch ein paar echte Komplizen in sein Dossier eingebaut, daneben aber völlig Unschuldige belastet. Skandal und Desinformation hätten im Falle des Gelingens das Land der Freien destabilisiert und dem kommunistischen Endziel ein Stück näher gebracht. Natürlich versuchte er, sich gelegentlich wieder herauszuwinden, aber da auch Leutnant Nakorn und seine ganze Clique verhaftet worden waren, blieb ihm keine Chance, von der Wahrheit abzuweichen.
    General Ragusat hatte sich in seinem Dienstzimmer erschossen. Der wieder aufgetauchte Colonel Maliwan war zu seinem Nachfolger ernannt worden und konnte mit allen Mitteln und fundiertem Wissen den Feldzug gegen den Heroinhandel im Goldenen Dreieck vorbereiten, und dafür hatte er in Decha Vivikul, der Vasatranas Posten übernahm, einen exzellenten Fachmann und zuverlässigen Partner.
    Die Feuerbestattung Garellas war für Dany und die anderen Teilnehmer – Decha Vivikul, Carol Dexter, Kim Kalaschke und den Bangkok-Residenten Grawutke – ein erschütterndes Erlebnis, wiewohl keine Reden gehalten und keine Kränze niedergelegt wurden. Sie hatten alle nasse Augen, und das kam nicht daher, daß sie – gemäß der Landessitte – nahe am offenen Feuer standen. Als sie, dem Wunsch des Verstorbenen entsprechend, die Asche dem Menam übergaben, sagte Vivikul: »Es gibt ein laotisches Sprichwort: ›Das größte Erlebnis im Leben ist der Tod.‹«
    »Er war ein Gentleman«, sagte Kim, Garellas Leihfrau, die jetzt wieder zu ihrem Ehemann zurückfliegen konnte. »Er hat sich auch in der Drecklinie nie die Hände schmutzig gemacht.«
    »Paul Garella muß es geahnt haben«, erwiderte Grawutke. »Er wollte Schluß machen, aber in unserem Fach gibt es keine Aussteiger.«
    »Er ritt beständig auf dem Rücken des Tigers«, stellte Carol fest. »So konnte es ihm nicht gelingen abzuspringen.«
    Carol war entschlossen, Schluß zu machen, sie hatte nie daran geglaubt, daß Paul Garella irgendwo in der Südsee Ruhe fände. Wenn er nicht jagte, wäre er gejagt worden. Und einer solchen Zukunft wollte sie entgehen. So hatte alles seine Ordnung – es war nur sehr, sehr traurig.
    Auf einmal stand Dany neben ihr und legte tastend den Arm um Carols Schultern. »Sie haben ihm nahe gestanden«, sagte sie.
    Die Amerikanerin nickte. »Ich mochte Paul zuerst nicht«, antwortete sie. »Er war mir zu kalt, zu unnahbar, mehr Roboter als Mensch. Aber dann, bei der Zusammenarbeit merkte ich, daß diese Gefühlsarmut zur Tarnung diente. Paul war ein Einsamer – mit enormen menschlichen Qualitäten.«
    »Ich hatte sie zuerst auch nicht erkannt«, erklärte Dany. »Ich dachte, die Branche färbt auf den Charakter ab.«
    »Nicht bei Paul«, behauptete Carol. »Es sollte sein letzter Auftrag sein – er wurde es auch. Zwischendurch träumten wir von einer Südsee-Insel – aber Träume sind Schäume.«
    »Ich hoffe, Sie kommen rasch darüber hinweg.«
    »Ach ja«, entgegnete Carol. »Ich hab' noch einen Auftrag zu erfüllen: Paul hat verfügt, daß – falls ihm etwas zustoßen sollte – Sie seine in einem Panzerschrank verwahrten Aufzeichnungen und Unterlagen zur exklusiven Auswertung erhalten. Ich werde das umgehend veranlassen. Sie sind nur an die Auflage gebunden, Ihr
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