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Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel
Autoren: Will Berthold
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Oberammergau gewesen war. Die Thais sind zwar sehr sprachbegabt, aber in sechs Wochen lernt keiner von ihnen dieses sichere Umgangsdeutsch. Ich rechnete seine Lehrjahre nach, es fehlte annähernd ein halbes Jahr: ›Private Europareise mit wechselnden Zielen‹ stand lapidar in seinem Personalakt. Ich nehme an, daß er diese sechs Monate bei einem entsprechenden Verein in Ost-Berlin verbracht hatte.«
    »Beim DDR-Staatssicherheitsdienst?« fragte Gregory.
    »Stasi oder KGB, das ist ja alles ein Laden. Wir wissen doch beide, Sir, daß gerade Söhne aus reichen, einflussreichen Familien nicht selten extrem nach links tendieren. Denken Sie an die Terroristen in der Bundesrepublik und …«
    »Ich hab' also den Bock zum Gärtner gemacht«, knurrte Gregory. »Vasatrana ist Sulla. Na ja«, sagte er. »Sie waren eben klüger als wir, darum wurden Sie auch für diese extrem schwierige Operation ausgesucht.« Er lehnte sich zurück; für seine Verhältnisse hatte er sich bereits zu viel vergeben. »Wie sind Sie eigentlich darauf gekommen, daß dieser Vasatrana ein Verräter ist?«
    »Der Ausgangspunkt war, daß unsere Agenten einen Hinweis auf einen Ostberliner nach Pullach gegeben hatten. Wir haben daraufhin ganz Bangkok auf den Kopf gestellt, um diesen Mann zu finden, und das konnten wir nicht. Gemeint war kein Ostberliner, sondern ein Mann, der in Berlin seine Agentenausbildung erhalten hatte. Aber das wird alles in meinem Bericht stehen.«
    »Eine ganz simple Erklärung«, stellte Gregory wie kopfschüttelnd fest. »Ich nehme an, daß Sie Vasatrana unter Kontrolle haben.«
    »Nicht ich«, verbesserte ihn Garella. »Mein Freund Decha Vivikul – der Mann, mit dem ich von vornherein zusammenarbeiten wollte.«
    »Ich weiß«, erwiderte der zweite Mann der Agency. Er zeigte rare Nehmerqualitäten, wie es in der Boxersprache heißt, er schluckte auch diesen Kinnhaken, ohne zu wanken. »Übrigens gehen die Vollmachten Ihres Freundes in Ordnung. Der Ministerpräsident hat es schriftlich bestätigt.«
    »Was jetzt geschehen soll, müssen Sie entscheiden«, stellte der Mann mit der Narbe fest. »Die Überwachung ist riskant. Gehen Dechas Männer zu dicht an Vasatrana heran, merkt er, daß er beschattet wird. Hängen sie mit der Verfolgung zu weit zurück, kann er ihnen entschlüpfen. Er ist Sportpilot, und wir sind nur einen Katzensprung vom kommunistischen Machtbereich entfernt.«
    Es galt als Faustregel, einen überführten Spion solange wie möglich in Freiheit zu lassen, um an seine Hintermänner heranzukommen; aber in Südostasien galten wohl andere Spielregeln.
    »Wirklich nicht einfach, diese Entscheidung«, zögerte der große Gregory.
    Sie kauten die Probleme noch einmal durch, aber mitten in das Gespräch platzte eine Alarmnachricht aus dem Polizeipräsidium: Vasatrana hatte seine Bewacher abgehängt.
    »Wo habt ihr ihn verloren, Decha?« fragte Garella.
    »In der Äußeren Sukhumvit Road.«
    »Also in Richtung Pattaya – Kambodscha?«
    »Ja«, erwiderte der Freund. »Aber es kann auch eine Finte sein.«
    Garella zündete sich mit aufreizender Langsamkeit eine Zigarette an, blies gemächlich den Rauch aus. »Hol mich hier ab!« bat er.
    »Ihre Nerven möchte ich haben«, fuhr ihn der große Gregory an. »Tun Sie doch etwas!«
    »Längst veranlasst«, erwiderte Garella. »Ich hab' das kommen sehen«, setzte er hinzu, und jedes Wort war für ihn ein Leckerbissen.
    Schon bevor Schlumpf ihn aus Deutschland angerufen hatte, war Vasatrana der Verdacht gekommen, daß er beschattet wurde. Dazu kamen noch das rätselhafte Verschwinden des Colonel Maliwan und die dubiose Verhaftung der Leihfrau Kalaschkes im Dusit Thani. Er machte eine Probe aufs Exempel.
    Auf einmal wußte er, daß er das große Spiel verloren haben mußte. Zwar umgaben ihn seine Männer wie ein Leibgarde, aber dahinter kamen Verfolger, und der Major erkannte zumindest einen von ihnen als Beamten der Crime Suppression Division: Garella hatte den Anschlag überlebt und war der Sieger.
    Der Doppelagent verfiel nicht in Panik. Zuerst durchsuchte er seinen Wagen und fand im Kofferraum einen Minisender, der Impulse ausstrahlte; sie wurden von seinen Bewachern aufgefangen, und so konnten sie ihn auch aus größerer Entfernung observieren. Dann sandte Vasatrana Leutnant Nakorn mit der verschlüsselten Meldung zu einem V-Mann des sowjetischen Geheimdienstes, daß er enttarnt sei. Anschließend schickte er seine Bodyguards weg und machte sich auf die Flucht.
    Er war
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