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Die Stadt der Engel

Die Stadt der Engel

Titel: Die Stadt der Engel
Autoren: Will Berthold
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und Ort waren wie ein Traum, und es war schwer, in einer solchen Situation etwas Reales wie ein Frühstück zustande zu bringen; aber die junge Frau schaffte es und deckte den Tisch auf der Veranda vor der Hütte.
    Dann schoben sie sich gegenseitig Leckerbissen in den Mund.
    Die Bucht, halbkreisförmig zwischen zwei dichtbewachsenen Landvorsprüngen, war so groß, daß sich die Sonnenurlauber in ihr verloren und einander nicht störten. Aber es gab eine Rezeption, eine Verwaltung und ein Telefon. Die Gäste waren unbehelligt wie Adam und Eva, aber ihr Garten Eden war doch nur ein Luxushotel mit fünf Sternen.
    Ein Boy ging von Hütte zu Hütte. Ferrys Gesicht verdüsterte sich, er war sich sicher, daß der Junge als Störenfried kam.
    Der Thai-Boy blieb vor ihnen stehen, sah wieder auf seinen Zettel: »Mistel Fenlich?« fragte er. »Please Telefon!«
    Ferry stand wütend auf, sah auf die Uhr, rechnete rasch. Es war genau die Zeit, zu der Annabelle als erste das Büro von FENRICH & PARTNER betrat.
    »Sei friedlich!« rief ihm Dany nach; aber ihr Begleiter war entschlossen, seiner supertüchtigen Assistentin den Kopf abzureißen. Als er lospoltern wollte, kam ihm die kühlblonde Unberührbare zuvor.
    »Ich will Ihnen nur den Urlaub verschönern, Herr Fenrich«, sagte sie. »Begreifen Sie doch!« Sie wurde zur Glücksbotin, die lauter Treffer aus der Tombola zog und verschenkte. »Das Finanzamt hat eingelenkt und will sich mit der Hälfte der geforderten Summe begnügen. Der Steuerberater meint aber nun, er könnte die Forderung noch ein bißchen herunterhandeln.«
    »Prima, Mädchen!« lobte Ferry. »Soll er.«
    »Wider Erwarten hat die Firma Bauer und Schmidt bezahlt: 150.000 Mark sind bereits eingegangen, der Rest ist für nächste Woche avisiert.« Sie unterbrach sich. »Sie sind mir doch nicht mehr böse, daß ich Sie gestört habe?«
    »Nein, Annabelle«, erwiderte er.
    »Das ist noch nicht alles.« Sie kam zum Clou. »Die Universität bietet Ihnen einen Erweiterungsbau und die Planung und Bauüberwachung für ein großes Studentenheim am Stadtrand an. Ich denke, das wäre genau der richtige Auftrag für Sie, und dazu nicht gar so eilig. Es genügt, wenn Sie im Herbst die Pläne einreichen. Sie können also noch in aller Ruhe Ihr Rheuma am Äquator ausheilen.«
    »Hab' kein Rheuma«, knurrte er.
    »Aber vielleicht einen Hexenschuss …«
    »Das schon eher«, erwiderte er lachend und legte auf.
    Er ließ sich einen Korb mit Früchten füllen; dann ging er an den Zeitungsstand und kaufte für Dany alle Zeitungen, die er bekommen konnte, sogar GLOBE INTERNATIONAL. »Du bringst mir Glück, Dany«, sagte er. »Es war meine Firma, lauter gute Nachrichten.«
    »Gratuliere! Und vielen Dank für die Zeitungen.« Sie griff zuerst nach der ›Bangkok Post‹, kam von den World News zu den kleineren Nachrichten. »Wieder Persulke«, sagte Dany und zeigte Ferry einen Schnappschuss seiner Verhaftung. Dann überflog sie den Bericht: »Na, der ist ja nun für eine Weile aus dem Verkehr gezogen.«
    »Früher hätte keine Thai-Zeitung so etwas gebracht«, stellte Ferry fest. »Die Schattenseite des Sonnenlandes ist ein Tabu. Prostitution wird nicht verfolgt, weil es sie nicht gibt. Was nicht existiert, kann man nicht bekämpfen.«
    »Das ist vielleicht eine Logik.«
    »Heuchelei«, erwiderte Ferry. »Der Eindruck, den ein oberflächlicher Besucher von diesem Land gewinnt, ist übrigens gänzlich falsch; es ist eher prüde als verkommen.«
    »Und warum greifen die Zeitungen jetzt endlich diese Missstände auf?«
    »Weil vor kurzem hier in Phuket eine Bordellstraße mit dreihundert Liebesmädchen abgebrannt ist und einige von ihnen umkamen, angeschmiedet an die Wand. Seit diesem Skandal rennen die Zeitungen massiv gegen die landesübliche Heuchelei an. Und irgendwann wird die Regierung gezwungen sein, Konsequenzen zu ziehen.«
    »Und was wird dann aus den Lotosblumen?« fragte Dany.
    »Einige haben sich bereits zu einer Art Schutzverband zusammengeschlossen. Andere möchten, wenn sie ihre Eltern nicht mehr unterstützen müssen, in ein buddhistisches Kloster eintreten. Nicht wenige spekulieren darauf, einen Ausländer zu heiraten – ein Thai täte das nicht mehr, wenn ihm ihr Vorleben bekannt wäre. Und viele sparen jeden Baht, um sich aus diesem schrägen Gewerbe freizukaufen.«
    Sie stellten das Thema vorläufig zurück, aber eine Weile wirkte Dany so zerstreut, als formuliere sie bereits ihren Report. Sie wollten sich den Tag
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