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Die Spur des Drachen

Titel: Die Spur des Drachen
Autoren: Jon Land
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vor dem Drachen in die Stadt zu gelangen, obgleich ihnen das ohne weitere Informationen auch nichts nützen würde.
    »Wohin?«, fragte der Fahrer.
    »Zum Mississippi«, erwiderte Ben.
    Der Fahrer drehte den Kopf und schaute seine Fahrgäste an. »Da müssen Sie schon genauer werden.«
    »Zum Hafen«, sagte Danielle. »Zum größten Frachthafen in St. Louis.«
    Latisse Matabu war bereits wach und schlenderte über die Decks des Lastkahns, als die Sonne aufging. Sie hatte die zwei Soldaten, Timo und Dikembe, als Begleiter ausgewählt, weil sie dasselbe Heimatdorf hatten wie Matabu selbst. Ihre Väter waren mit denselben aus Amerika gelieferten Waffen umgebracht worden, die auch Matabus Vater getötet hatten. Die beiden Männer hielten sich stets in ihrem Schatten auf, stets wachsam und beschützend, wenn auch sichtlich unbehaglich in westlicher Zivilkleidung.
    Die isolierten Kisten mit dem Schwarzen Tod waren in drei großen, gekühlten Containern untergebracht, die durch riesige Kompressoren achtern im Lastkahn mit Strom versorgt wurden. Obwohl die Kisten unmöglich sämtliche drei Container füllen konnten, hatte Matabu, um Komplikationen zu vermeiden, den gesamten Laderaum gemietet. Lediglich die Zeitspanne zwischen dem Zeitpunkt ihrer Ankunft und dem Eintreffen der Schiffsmannschaft hatte sie nicht bedacht. Sie hätte die Leute bezahlen sollen, dass sie an Bord blieben. Jetzt musste sie warten, bis die Besatzung wiederkam; erst dann konnten sie ablegen. Vielleicht in einer Stunde, vielleicht in zwei oder drei.
    Latisse Matabu versuchte, geduldig zu sein und sich abzulenken, indem sie ihren Plan in Gedanken noch einmal durchging. Während ihres langen Aufenthalts in den Vereinigten Staaten hatte sie den Mississippi nur einmal gesehen, ohne auch nur zu ahnen, welche Rolle er in ihrer Zukunft spielen sollte.
    Nördlich von St. Louis, bis zur Kette von Rocks Bridge, war der Mississippi durchsetzt mit Schleusen, Dämmen und Kanälen, die von der Armee angelegt worden waren. Südlich von St. Louis war der Fluss wilder und ungezähmter, ohne Schleusen oder Dämme, um den Verkehr der Lastkähne nicht zu behindern Matabu hatte sogar von Schleppverbänden gehört, die sich über einen Kilometer Länge erstreckten – ineinander verkeilte Ungeheuer, die so gewaltige Bugwellen verursachten, dass sie kleinere Fahrzeuge, die ihnen zu nahe kamen, kentern ließen.
    Von St. Louis aus nach Süden, bis in den Golf von Mexiko, vereinigte sich der Fluss mit buchstäblich Hunderten von Zuflüssen, die das Kernland Amerikas wie ein Netzwerk von Venen und Arterien durchzogen. Matabu hatte bereits zwei Dutzend Häfen ausgewählt, an denen sie lange genug anlegen würde, um dort einen Teil der Kisten zu lagern. Wenn sie ihre Reise in den Süden beendet hätte, war der Schwarze Tod über das Zentrum der Vereinigten Staaten verteilt und bereit, das Land zu überschwemmen. Sie, Matabu, würde zu den verschiedenen Häfen zurückkehren, um die gefrorenen Eier aufzutauen und die Kreaturen freizulassen, damit sie sich ungehindert verbreiten konnten. Die Käfer würden unablässig nach Nahrung suchen.
    Matabu hatte ihren Plan ausgearbeitet, nachdem sie die Karten mit den Bewässerungsplänen des Farmlands studiert hatte, das sich an beiden Ufern Mississippi ausbreitete. Wenn der Schwarze Tod demselben Weg folgte wie die Bewässerungskanäle, mit denen die Farmen versorgt wurden, würde er schließlich auf Land stoßen, das ihm endlosen Nahrungsvorrat bot.
    War er erst einmal frei und konnte sich ungehindert ausbreiten, war der Schwarze Tod nicht mehr aufzuhalten.
    Der Drache hatte noch keinen festen Zeitplan für die Freisetzung; wahrscheinlich musste die ganze Sache über mehrere Tage verteilt werden. Alles hing davon ab, wie lange der Rückweg in die Häfen dauerte, in denen die isolierten Kisten gelagert wurden.
    Dann hätte sie ihre Rache.
    Jim Black war seit fast zwei Jahren nicht in den Staaten gewesen und brauchte nicht lange, um herauszufinden, warum er sein Zuhause nicht allzu sehr vermisst hatte: Jeder redete und hörte gleichzeitig zu, was andere sagten. Jim Black aber fühlt sich viel wohler, wenn er nicht verstand, was die Leute sagten, und wenn sie ihn nicht verstanden. Es machte die Dinge einfacher und beschränkte eine Unterhaltung auf das Mindestmaß. Man gab jemandem zu verstehen, was man wollte, und das war es auch schon. Kein Smalltalk, kein Gefasel. Orte wie St. Louis waren schlimm für Jim Black; die Menschen redeten und
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