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Die Spur des Drachen

Titel: Die Spur des Drachen
Autoren: Jon Land
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sie zuflog, genau in dem Moment, als sie den Abzug betätigte. Beim Aufprall verriss Matabu die Waffe, sodass der Schuss weit daneben ging und die Israelin verfehlte.
    Matabu versuchte, das Gewehr wieder in Anschlag zu bringen, doch der Falke hatte bereits ihre Handgelenke gepackt und ließ nicht mehr los. Matabu wehrte sich. Die Füße glitten unter ihr weg, sodass beide auf das glitschige Deck schlugen. Diesmal lag Matabu oben. Verzweifelt versuchte sie, die Hände um die Kehle des Gegners zu legen und ihn zu erwürgen, damit sie ihr Werk doch noch vollenden konnte.
    Danielle riss die Leuchtpistole, die sie im Notfallkoffer der Spirit of St. Louis gefunden hatte, unter ihrem Gürtel hervor und zielte auf das gestrandete und nun ölbedeckte Kühlschiff. Doch sie zögerte, die Leuchtrakete abzuschießen. Ben wäre mit Sicherheit in den Flammen gefangen, sobald das Feuer aufloderte. Zugleich aber wusste Danielle, dass das Kühlschiff bald außerhalb der Reichweite der Leuchtpistole war.
    Sie traf eine bittere Entscheidung, richtete den Lauf der Pistole aufs Kühlschiff, kniff ein Auge zu und drückte ab.
    Ben konnte einen kurzen Blick auf Danielle werfen, die bereits ein gutes Stück am Kühlschiff vorbei war, eine Leuchtpistole in der Hand. Er wusste, dass sie schießen würde, schießen musste, so wie er wusste, dass er kaum noch eine Chance hatte, sich rechtzeitig aus Latisse Matabus Griff zu befreien.
    Ben rollte sich auf dem glitschigen Deck zur Seite, gefangen in einer tödlichen Umarmung mit Matabu, deren Hände um seinen Hals lagen und mit unglaublicher Kraft zudrückten. Beide rutschten immer weiter zur Backbordseite des Schiffes, die nahe dem Heck über dem Fluss hing.
    Der Drache erkannte Bens Absicht im letzten Moment, doch dieser hatte die Handgelenke Matabus schon gepackt und ließ nicht mehr los. Er sammelte alle Kraft, die ihm geblieben war. nahm auf dem schlüpfrigen Deck zum letzten Mal Schwung und warf sich über die Reling in das braune, ölbedeckte Wasser des Mississippi, wobei er Matabu mit sich riss.
    Danielle feuerte, als Ben bereits unter der Wasseroberfläche verschwunden war. Wie ein Blitz jagte die Leuchtrakete los und verlor an Geschwindigkeit, als sie sich dem gestrandeten Kühlschiff näherte. Einen Moment sah es so aus, als würde die Rakete im Wasser landen, doch sie jagte weiter durch die Luft und in direkter Linie auf das Schiff zu.
    Die Leuchtrakete traf die Breitseite des Kühlschiffes und explodierte in einem roten, flammenden Blitz, der Sekundenbruchteile später von einer riesigen Stichflamme verschluckt wurde – ein brennendes Streichholz, das einen benzingetränkten Lappen entzündet, millionenfach vergrößert. Die Hitze traf Danielles Gesicht und versengte ihr Haar, als die Flammen um sich griffen und auch an der Wasseroberfläche leckten, während das Feuer auf dem Kühlschiff auf die Kühlräume übergriff.
    Die Kisten mit dem Schwarzen Tod, die sich im Innern befanden, verbrannten zu Asche.
    Danielle riss den Blick von den Flammen los und suchte die Wasseroberfläche nach Ben ab.
    Keine Spur von ihm.
    Sie sprang, tauchte ins schmutzige, ölige Wasser und schwamm eilig zum Flachwasser im Uferbereich hinüber, das vom flammenden Ölteppich bereits aufgeheizt wurde.
    »Ben!«
    Vergeblich rief sie seinen Namen. Das Schwimmen wurde immer schwieriger und kräftezehrender. Schwarzes Öl bedeckte jeden Zentimeter ihrer Haut und ihrer Kleidung und verlangsamte ihre Bewegungen, als sie sich mühte, näher an das brennende Schiff heranzukommen.
    »Ben!«, rief sie noch einmal. Fieberhaft versuchte sie zu schätzen, wie lange er und Matabu schon unter Wasser waren.
    Plötzlich hörte sie ein lautes Keuchen ganz in der Nähe. Eine Welle öligen Wassers schwappte auf sie zu. Sie drehte sich um und sah Ben, der die Wasseroberfläche durchstoßen hatte, nur ein paar Meter von ihr entfernt. Er schnappte nach Luft, hustete und krümmte sich.
    Danielle schwamm auf ihn zu.
    Latisse Matabu sank immer tiefer, fort vom bernsteinfarbenen Leuchten des Wassers über ihr. Die Welt um sie herum wurde dunkel. Sie fühlte sich seltsam ruhig und friedlich. Die Schmerzen der Krankheit, die ihren Körper verwüstete, schwanden.
    Vor dem geistigen Auge sah Latisse die Moorfrau auf sich zu schwimmen und war enttäuscht darüber, dass weder ihre Eltern, ihre Großmutter, ja nicht einmal ihr Sohn gekommen waren, sie im Tod zu begrüßen. Dann aber wurde ihr klar, dass es für sie keine Erlösung gab, dass
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