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Die Spur des Drachen

Titel: Die Spur des Drachen
Autoren: Jon Land
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Abgeordneten hatten angezweifelt, dass die einst so reichen Diamantenfelder überhaupt noch genug Gewinn abwarfen – genau das war der Grund für diese Inspektionsreise.
    Auf der Hügelkuppe, die zu dem schmalen Streifen Wasser hinunter führte, war der Pfad geebnet. Regierungssoldaten standen an beiden Ufern auf Posten und überwachten Dutzende von Arbeitern, die geschäftig große Siebe ins Wasser tauchten und schüttelten, um Schlamm und Sand auszusieben und nachzuschauen, was im Gitter hängen geblieben war. Ihre Bewegungen wirkten wie die Schritte eines gemeinsamen, einstudierten Tanzes.
    »Bei den hiesigen Diamanten handelt es sich um Ablagerungsgestein. Die Abbaumethode hat sich seit Jahrhunderten nicht geändert, von ein paar Ausnahmen abgesehen.«
    Als die Gruppe sich dem Fluss näherte, sammelten weitere Arbeiter gerade hastig den Inhalt der Siebe in Schubkarren und brachten sie zu einem Förderband, auf das die Steine und Felsstücke geschaufelt wurden.
    »Das Förderband ist mit Wagenschmiere eingestrichen«, erklärte Verdoon. »Wir haben festgestellt, dass Rohdiamanten am Fett kleben bleiben, normale Steine aber nicht.« Verdoon verschwieg, dass dieses Wissen den Rebellen zu verdanken war, die Tongo wesentlich erfolgreicher ausgebeutet hatten, als es sich noch in ihren Händen befand. Das Förderband transportierte die Steine aus dem Flussbett zu einem zentralen Platz, auf dem mehrere Tische zwischen hohen Bergen ausgeschaufelten Abraums standen. Unter den wachsamen Augen der Soldaten sortierte eine weitere Gruppe von Arbeitern mögliche Diamanten aus und gab sie in hölzerne Tröge.
    »Seit ich die Verantwortung für die Sicherheit übernommen habe, hat es hier in Tongo keine Zwischenfälle gegeben«, erläuterte Verdoon stolz. »Wir vermuten, dass die Rebellen das Gebiet geräumt haben. Für den Fall ihrer Rückkehr haben wir in den Wäldern der Umgebung Minen gelegt und Fallen aufgestellt.«
    Ein Lastwagen rollte einen Forstweg hinunter, der in den Wald geschlagen war. Die offene Ladefläche war voller Männer und Frauen in zerrissenen Shorts und ausgefransten T-Shirts. Der Laster parkte quer zum steilen Abhang. Zwei Soldaten, bewaffnet mit M 16-Gewehren, stiegen aus dem Führerhaus.
    »Die nächste Schicht«, erklärte Colonel Verdoon den Regierungsabgeordneten, die um ihn herum standen. »Die Schichten dauern jeweils acht Stunden, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.« Er warf einen prüfenden Blick auf die Armbanduhr. »Die Leute scheinen ein wenig zu früh dran zu sein, aber …«
    Seine Stimme verebbte. Die Soldaten scheuchten die Arbeiter vom Lastwagen und stießen sie mit den Läufen ihrer M 16-Gewehre. Einige Männer waren in der Gluthitze zusammengebrochen. Die Soldaten stiegen auf die Ladefläche, um diejenigen von ihnen herunter zu scheuchen, die sich noch rühren konnten.
    Verdoon räusperte sich nervös. Er hoffte, dass ihm die Peinlichkeit erspart blieb, einen weiteren Arbeiter tot zu sehen. Als sämtliche Männer sich aufrappelten, stieß er einen Seufzer der Erleichterung aus und blinzelte gegen die Sonne. In diesem Augenblick sah er, wie Gewehrläufe unter den Körpern der scheinbar zu Tode erschöpften Männer zum Vorschein kamen und den Arbeitern zugeworfen wurden, die bereits vom Lastwagen geklettert waren. Rebellen! Die RUF!
    Während Verdoon sich verzweifelt bemühte, die Abgeordneten den Hügel hinunter zu treiben und in Sicherheit zu bringen, begann die Schießerei, die immer wieder von den durchdringenden Schreien Getroffener übertönt wurde. Die Rebellen feuerten über die Flussufer hinweg und schossen die Arbeiter und Soldaten nieder. Nur wenigen Arbeitern gelang es, aus dem Fluss zu entkommen, und nur eine Hand voll Soldaten konnte in die Wälder flüchten.
    Verdoon zog seine Pistole, stürmte seitlich den Hügel hinauf und feuerte im selben Moment, als die Angreifer ihn bemerkten. Zwei Abgeordnete gingen schreiend zu Boden, während am Flussufer mehrere Rebellen Macheten zückten, die unter ihren T-Shirts verborgen gewesen waren. Sie setzten den überlebenden Arbeitern nach, die verzweifelt zu entkommen versuchten.
    Klingen sirrten durch die Luft. Blut spritzte. Die Schreie der Getroffenen gellten in Verdoons Ohren. Er versuchte zu schlucken, doch sein Mund war zu trocken. Er stellte fest, dass der Schlitten seiner Pistole leer eingerastet war, und drückte das Magazin heraus, um ein neues einzulegen. Erst dann fiel ihm ein, dass sich keine Ersatzmagazine an seinem
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