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Die Spur des Boesen

Die Spur des Boesen

Titel: Die Spur des Boesen
Autoren: G.M. Ford
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Gasleitung geplatzt und alles in die Luft geflogen.«
    »Das glaube ich nicht«, widersprach Corso. »Tommie war bei mir draußen. Hat Benzin in den Tank gefüllt. Sofern ich nicht ohnmächtig geworden bin oder so, glaube ich nicht, dass er die Zeit dazu hatte.«
    Molina beobachtete den Horizont. »Erzählen Sie das der örtlichen Polizei.«
    »Ich werde noch einen Monat hier bleiben.«
    Molina zuckte mit den Schultern und grinste. »Ferien mitten im Zentrum des Geschehens.«
    »Es geht los«, flüsterte Dougherty.
    Sie hatte Recht. Ein Priester in vollem Ornat war eingetroffen und hatte begonnen, aus der Bibel zu lesen. Molina deutete auf den Rollstuhl.
    »Darf ich?«, fragte er Dougherty. Sie trat zurück und überließ Molina die Griffe am Rollstuhl. Der Priester kam gerade in Fahrt, als sie am Grab eintrafen. Mit lauter werdender Stimme beschrieb er das himmlische Paradies, das Gordon Fulbrook erwartete. Auf der anderen Seite des Halbkreises aus Trauergästen saß May Fulbrook auf einem Metallklappstuhl und drückte ein Spitzentaschentuch vor ihr Gesicht. Rechts von ihr, auf dem gleichen Stuhl, hielt sich ihre Enkelin Sarah bemerkenswert gut für ein Kind, das gerade beide Eltern verloren hatte. Während der Priester weiterleierte, wandte sie ihren Kopf dem soeben eingetroffenen Trio zu. Corso setzte seine Sonnenbrille ab und legte sie in seinen Schoß. Als er den Kopf wieder hob, starrte Sarah Ful-brook ihn mit ihren kalten Augen an. Ohne jegliches Anzeichen von Trauer. Ohne ein Anzeichen von überhaupt etwas.
    Vielleicht irrte er sich. Vielleicht lag es an der Anspannung der letzten Woche, die seiner Fantasie nicht gut bekommen war, aber... in diesen dreißig Sekunden Blickkontakt, bevor sie sich wieder abwandte, spürte Corso ihren Hochmut. Spürte, dass sie ihn für seine Schwäche und seine Dummheit verspottete. Ein Schauder lief ihm den Rücken hinab, wurde noch heftiger, als sie ihre blassen Augen wieder auf ihn richtete und beinahe lächelte. Diesmal war es Corso, der sich abwandte.
    Zwanzig Minuten später war alles vorbei. Die Trauergäste schwärmten zu dritt oder zu viert aus, bis nur noch Molina, Dougherty und Corso übrig blieben. Zwei Totengräber waren mit einem orangefarbenen Schaufelbagger eingetroffen.
    »Hübsche Trauerfeier«, stellte Molina fest. Die beiden anderen stimmten zu. Molina reichte zunächst Dougherty die Hand. »Ich wette, Sie machen ein Buch daraus«, sagte er zu Corso, als er dessen Hand schüttelte.
    Zum ersten Mal in dieser Woche lächelte Corso. »Darauf können Sie sich verlassen.«
    Corso und Dougherty schauten Molina nach, bis er nicht mehr zu sehen war. Corso beugte sich nach unten und hob ein paar Eicheln vom Boden auf. Als der Baggerfahrer einmal stärker aufs Gaspedal drückte, wirbelte öliger Dieselrauch aus dem Auspuff. Dougherty umfasste die Griffe und schob Corso über die Wiese.
    Corso zog die Blätter von einer Eichel ab, bis er nur noch die glatte Schale mit der Spitze in den Händen hielt. »Sammelst du Nüsse für den Winter?«, fragte Dougherty.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nur gedacht, dass es mit den Eicheln genauso ist wie mit den Äpfeln — sie fallen nicht weit vom Stamm.«
    E r weiß Bescheid. Ich seh's in seinen Augen, wenn er mich anschaut. Sitzt da in seinem Rollstuhl und schaut mich streng an, während der Priester am offenen Grab ununterbrochen vor sich hin plappert. Zum Teufel mit ihm. Als er im Kofferraum von Mamas Wagen gelegen hat, sah er lange nicht so stark aus. Eher als würde er gleich losheulen wie ein kleines Mädchen. Ist ja auch egal, was er denkt. Wenn er was zu sagen hätte, hätte er es schon gesagt. Muss seine eigenen Gründe haben, sein Maul zu halten.
    So sind die Leute eben. Man denkt, man weiß, was im Kopf der anderen vorgeht, aber das stimmt nicht. Die Leute reden sich ein, sie wüssten, wie andere Menschen sich fühlen, dabei haben sie keine Ahnung. Weil jeder die Dinge aus einem anderen Grund tut. Und er tut alles, um zu überleben. Egal, für wie verrückt das jemand von außen hält, für einen selbst hat alles einen Sinn.
    Mama May sagt, Papas Lebensversicherung wird lange Zeit für Emily und mich ausreichen. Sie sagt, wir können das Geld nach und nach aufbrauchen, während wir älter werden und aufs College gehen. Damit hätten wir einen guten Start ins Leben. Könnten uns vielleicht sogar unser erstes Haus davon kaufen. Wenn ich das Geld für mich ganz allein hätte, würde ich mir irgendwo weit weg ein
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