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Die Sprache der Macht

Die Sprache der Macht

Titel: Die Sprache der Macht
Autoren: Matthias Noellke
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wir auch gnädig darüber hinweg, wenn ein Machtmensch in der Wahl seiner Mittel nicht zimperlich ist. Es geht nun malnicht anders, finden wir. Bedrohlich erscheint hingegen jede Macht, die sich gegen uns und unsere Interessen wenden könnte. Wer sich noch nicht durchgesetzt hat und womöglich mit uns selbst um Macht und Einfluss konkurriert, der erzeugt ebenso Abneigung wie derjenige, dessen Interessen sich direkt gegen uns richten: der übermächtige Konkurrent, der erklärte Gegenspieler, der uns das Leben schwer macht oder der politisch anders Denkende.
    Selbstverständlich fliegen auch Ihnen nicht die Sympathien der Kollegen zu, wenn Sie sich ausgesprochen machtbewusst zeigen. Erst wenn Sie eine Machtposition innehaben, urteilen die anderen weniger streng. Denn nun können sie ja davon profitieren, wenn sie sich gut mit Ihnen stellen – oder weniger eigennützig interpretiert: Nun haben Sie ja bewiesen, dass Sie es können, sonst wären Sie ja nicht dort, wo Sie jetzt sind. Tiefe menschliche Zuneigung können Sie zwar nicht erwarten, aber immerhin Respekt, Anerkennung oder Unterwürfigkeit. Doch zuvor müssen Sie sich diese Position erst erobern. Und dafür braucht man mitunter härtere Bandagen. Es ist geradezu ein Betriebsgeheimnis der Macht, dass man sich nicht scheuen darf, anderen Unannehmlichkeiten zu bereiten. Darauf kommen wir noch ausführlich zu sprechen.
    Ein ähnlicher Widerspruch tut sich auf, wenn die Sprache als Machtmittel ins Spiel kommt. Denn einerseits ist es uns ja ganz sympathisch, wenn sich Macht nicht auf Hierarchie, Tradition oder gar Gewalt gründet, sondern auf ein Mittel, das uns allen zur Verfügung steht: das Wort. Wer sich sprachlich durchsetzt, dem ist es gelungen, die Zustimmung der anderen zu gewinnen. Auch wenn das nicht immer ganz freiwillig geschieht. Aber es erscheint kaum eine Form der Machtausübung so legitim wie die durch das Wort.
    Und doch gilt gerade sie als besonders abgefeimt. Macht durch Sprache, so wird geargwöhnt, heißt nichts anderes als Manipulation. Das mag überzogen sein. Allerdings gehört es zu unseren grundlegenden Erfahrungen, dass auch Menschen, denen wir vertrauen, nicht immer die ganze Wahrheit sagen, um ihre Interessen zu wahren. Wir bemerken, dass sich nicht immer das beste Argument durchsetzt, dass Informationen verdreht, unterschlagen oder in einen neuen Zusammenhang gebracht werden, dass an Gefühle appelliert wird mit der klaren Absicht, sie gegen unsere Vernunftgründe zu mobilisieren.
    Kaum jemand gibt sich der Illusion hin, er werde nicht manipuliert. Ja, es scheint zu den wenigen Gewissheiten zu gehören, die wir als ebenso aufgeklärte wie verunsicherte Menschen des 21. Jahrhundertsnoch haben: Wir werden ständig manipuliert. Und „irgendwie“ manipulieren auch wir selbst – natürlich immer mit den besten Absichten und manchmal, ohne dass uns das überhaupt bewusst ist. Ja, womöglich sind wir sogar gerade dann besonders erfolgreich. In diesem Sinne: Der erste Schritt zur gelungenen Manipulation besteht in der Selbstmanipulation. Die Sache ist nur die: Es gibt kaum einen Begriff, der so polemisch, um nicht zu sagen: manipulativ verwendet wird, wie der der Manipulation.
    Überzeugen Sie noch oder manipulieren Sie schon?
    Was Manipulation überhaupt ist, darüber herrschen unterschiedliche Vorstellungen. Handelt es sich um bloße Einflussnahme? Gehört es zur Manipulation dazu, dass sie vom Opfer nicht bemerkt oder zumindest nicht durchschaut wird? Zielt Manipulation immer auf die Schädigung des anderen? Ist Manipulation unmoralisch oder allgemein menschlich? Oder beides zugleich? Dass dieser Begriff so unscharf ist, macht ihn besonders geeignet, um zu manipulieren.
    Die Strategien der Manipulation
    Zwei gegensätzliche Strategien lassen sich beobachten: Dramatisierung und Verharmlosung. Bei der Dramatisierung wird jeder Versuch, auf jemanden einzuwirken, bereits in die Nähe vorsätzlicher Verdummung gerückt. Sie wollen mich überreden und benutzen bestimmte Begriffe, um mir die Sache schmackhaft zu machen. Natürlich könnte man es auch ganz anders ausdrücken, was mich zu gegenteiligen Schlussfolgerungen führen würde. Sie nennen mir nur Argumente, die Ihre Position stützen, und überlassen es mir, die Gegenargumente zu finden. Sie nutzen den Umstand aus, dass ich Sie für vertrauenswürdig halte, und bauen auf eines der sichersten Fundamente, die in diesem Zusammenhang verfügbar sind: meine Denkfaulheit. Sie belohnen mich mit
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