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Die Sprache der Macht

Die Sprache der Macht

Titel: Die Sprache der Macht
Autoren: Matthias Noellke
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einem Lächeln, wenn ich Ihnen zustimme, und Ihre Miene verfinstert sich, wenn ich Bedenken äußere. So sitzen Sie als Manipulator auf der Anklagebank, abgestempelt als jemand, dem nicht über den Weg zu trauen ist.
    Kein Erfolg bei Frauen? Verklagen Sie Ihren Deohersteller!
    Nicht einmal auf die Werbung ist heute noch Verlass. In einem Spot für das Deo Axe wird der Eindruck erweckt, als könnte jeder Mann die Frauen betören, wenn er nur das richtige Deo verwendet. Weil die versprochene Wirkung (der „Axe-Effekt“) nicht eintrat, verklagte der 26-jährige Inder Vaibhav Bedi den Hersteller Unilever. Wie die Zeitungen meldeten, bekam er von einem Gericht in Amsterdam 30.000 Euro Schadenersatz zugesprochen. Eine schöne Geschichte über die Macht der Manipulation und ihre vermeintlichen Opfer. Denn die Meldung hatte es natürlich nur in die Boulevardpresse geschafft, weil wir kaum glauben mögen, dass jemand eine Werbeaussage als Versprechen versteht. Und wenn er dann noch Recht bekommt, verschlägt uns das den Atem. Allerdings waren die Blätter einer Falschmeldung aufgesessen. Und dabei handelte es sich nicht einmal um Manipulation. Denn die Geschichte stammte von der satirischen Internetseite fakingnews.com.
    Nicht weniger häufig treffen wir jedoch auf ein ganz anderes Argumentationsmuster: Verharmlosung. Weil ohnehin jeder manipuliert, der den Mund aufmacht, um seinem Gegenüber einen schönen Tag zu wünschen, ist nun alles erlaubt: Lug und Trug, Tricks und Täuschung. Im Spiel der Macht zählen moralische Skrupel allenfalls als Imagefaktor, ansonsten gelten sie als Hindernis. Nach dem Motto: Mach, was du willst, aber lass dich nicht erwischen. Der Begriff der Manipulation wird bagatellisiert, damit auch größere Sauereien noch irgendwie durchgehen. Weil Sie als Verkäufer, Mitarbeiter und erst recht als Führungskraft gar nicht umhinkommen, den einen oder anderen Kniff anzuwenden, um Ihre Mitmenschen in die gewünschte Richtung zu bugsieren, sollen auch bedenkliche „dirty tricks“ in den Handwerkskasten der Profis. Denn so machen es ja im Grunde alle, lautet die Rechtfertigung. Zumindest alle, die ihren Willen erfolgreich durchsetzen können. Seien wir doch mal ehrlich …
    In beiden Fällen handelt es sich um, nun ja, Manipulation. Zumindest wird es der Sache, um die es hier geht, nicht gerecht. Es ist schlicht weltfremd anzunehmen, Sie könnten sich gegenüber anderen behaupten ohne Mittel und Methoden der Einflussnahme. Sie bedienen sich dieser Methoden und achten dabei darauf, dass die Gegenseite Ihre Manöver möglichst nicht durchschaut. Denn das ist in den meisten Fällen die Bedingung dafür, dass sie überhaupt gelingen. Und selbstverständlich nehmen Sie in Kauf, dass Ihrem Gegenüber Nachteile entstehen (wenn Sie „jetzt mal ehrlich“ sind) – zumal wenn diese Nachteile Ihre Vorteile sind. In diesem Sinne ist Manipulation nicht nur äußerst weit verbreitet, oftmals ist sie geradezu die Voraussetzung dafür, dass Sie Ihren Willen durchsetzen können und nicht den Kürzeren ziehen. Im Übrigen zeigt die Lebenserfahrung, dass diejenigen, die besonders streng über die vermeintlichen Manipulationsversuche der anderen urteilen, an das eigene Verhalten deutlich weniger strenge Maßstäbe anlegen. Bestätigt wird dieser Befund durch die Sozialpsychologie. Eine ganze Reihe von Studien zeigt: Auch und gerade Moralapostel sündigen – und zwar mit dem reinsten Gewissen. Der Psychologe Benoît Monin von der Universität Stanford hat für diesen Effekt den Begriff „Moral Credentials“ geprägt. Man hält sich selbst für besonders moralisch und deshalb für berechtigt, auch einmal über die Stränge zu schlagen.
    Das heißt aber gerade nicht, dass „alles erlaubt“ ist. Natürlich gibt es einen fundamentalen Unterschied zwischen rhetorischem Geschick und faustdicker Lüge, zwischen Imagepflege und Intrige, zwischen Selbstbehauptung und Mobbing. Die Wahl der Mittel hat entscheidenden Einfluss darauf, wie die Auseinandersetzung geführt wird. Überschreiten Sie eine bestimmte Grenze, müssen Sie nicht nur damit rechnen, dass Ihre Konkurrenten nachziehen, Sie selbst laufen Gefahr, sich als Führungsfigur buchstäblich unmöglich zu machen – auch und gerade bei denen, die Sie vorher besonders unterstützt haben. Ja, Sie können sich sogar rückwirkend selbst demontieren: Wenn sich herausstellt, mit welchen Mitteln Sie einst Ihre Machtposition erobert haben, kann Sie das aktuell in Schwierigkeiten
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