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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos
Autoren: Suzanne Frank
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heiße Seide seiner Zunge, die kupferne Flüssigkeit, die sein Leben war.
    »Ich liebe dich«, flüsterte sie. »Ich werde stets bei dir sein.«
    Er drückte sie fest an sich und flüsterte in ihr Ohr: »Mein Gott, wie hatte ich gefürchtet, du würdest das nie mehr sagen.« Seine zitternden Hände betasteten ihren verletzten Leib. »Halt dich an mir fest. Lass mich nicht los.«
    Sie strich mit der Hand über seine Wange und sah in seine Augen. »Ich werde dich nicht verlassen. Das gelobe ich.«
    Er schloss die Augen und Tränen zogen eine Spur durch die Asche auf seinem Gesicht. Die einzige Bitte, die er gehabt hatte: dass sie bei ihm bleiben möge. So lange hatte sie gebraucht, um ihm zu antworten. »Wir bleiben zusammen.« Cheftu schlug die Augen auf und sah sie eindringlich an. »Das gelobe ich. Ich werde überall hin reisen, um dich zu finden, in jede Zeit.«
    O Gott, vielleicht würden sie gar nicht zusammen reisen. Auch ihm ging das plötzlich auf. Chloe flüsterte: »Das verspreche ich ebenfalls.«
    Inzwischen reichte ihnen das Wasser schon bis zum Bauch. In wenigen Stunden wäre die Insel vollkommen überspült. Sie hielten sich fest an der Hand und brannten das Gesicht des anderen in ihr Gedächtnis ein.
    Es geschah völlig unerwartet.
    Plötzlich kam ein heftiger Wind auf und Chloe merkte, wie sie gestoßen wurde, wie ihre geschundenen Finger in Cheftus unversehrter Hand zerschmolzen. Statt des Wassers spürte sie nur noch leeren Raum und dann ein übersinnliches Dröhnen, mit dem sie von Fleisch in reine Energie verwandelt wurde, verloren in einer Kakophonie von Sinneseindrücken.
    Ohne Cheftu.
    Hilf mir, mein Gelübde zu erfüllen, betete sie.
    EPILOG
    Cheftu erwachte davon, dass Wellen über seine Beine leckten. Das Wasser war frisch, deshalb setzte er sich auf, um den Kopf frei zu bekommen. Auf die Ellbogen gestützt, blickte er sich um. Der Fleck, auf dem er hockte, war nicht so groß, als dass er den Namen Insel verdient hätte, und nirgendwo sonst war auch nur ein Zipfelchen Land zu sehen.
    »Chloe?«, rief er.
    Das Wasser teilte sich. Stöhnend und mit verzogenem Gesicht schleppte sich eine Frau auf das Inselchen.
    »Seth soll mich dreimal verdammen und lieben«, fluchte sie.
    Cheftus Blut vereiste. Die Frau in Sibyllas Körper sah zu ihm auf. Ihre braunen Augen hefteten sich auf sein Gesicht und wurden schmal. Mit breitem Lächeln und verführerisch süßer Stimme sagte sie: »Haii, Cheftu, so sehen wir uns also wieder.«
    Mon Dieu! RaEmhetepet! Cheftu zuckte zurück und bedeckte sich. Wenn sie hier war, wo war dann Chloe geblieben? Ihm fiel auf, dass das Wasser klar war, der Himmel blau und die Asche verschwunden. Er war durch die Zeit gereist. Das Inselchen, auf dem sie hockten, war zwar winzig, doch es ragte aus dem Wasser. Der Torbogen war verschwunden. Wo kam RaEm plötzlich her?
    »Wie .«, er verschluckte sich fast an den Worten, »wie bist du hierher gekommen?«
    Entsetzt begutachtete RaEm ihren neuen Leib, jenen Leib, der den Vulkanausbruch auf Atzlan überstanden hatte.
    »Ich war eben mit Phaemon zusammen .« »Phaemon? Phaemon war bei dir?«
    »Ja, der Soldat war mein Geliebter.« Sie leckte sich die aufgesprungenen Lippen und wandte den Blick ab. »In jener Nacht, als ich aus unserem Ägypten in diese Hölle von Zukunft verschlagen wurde, hatte ich beschlossen, Phaemon endlich los zu werden. Ich trug sein Kind im Bauch und der Narr glaubte, ich würde Ägypten verlassen, um fortan als Frau und Mutter zu leben.« Sie lachte und Cheftu musste sich zwingen, nicht zurückzuzucken. Wie hatte er Chloe jemals mit RaEm verwechseln können und sei es nur für einen Herzschlag?
    »Während wir uns miteinander verbanden, streckte ich ihn nieder.«
    »Du hast dich ihm hingegeben und ihn dabei erschlagen?«
    »Nein. Ich habe eine Klinge in seinem Rücken versenkt.«
    »Bei den Göttern, RaEm!«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Wir haben miteinander gekämpft und rollten dabei unter den Bogen Hathors.« Ihr Blick traf auf seinen. »Damit begann unser Abstieg in die Hölle. Wir kämpften weiter, als wir in der Kammer erwachten, in demselben Raum, doch viele Jahre später, als wir je ermessen hätten. Ich floh und versteckte mich in den Katakomben unter dem Tempel von Karnak, Phaemon erholte sich schließlich.«
    Wieder zuckte sie mit den Achseln.
    »Irgendwann schlossen wir Frieden.«
    »Wie bist du hierher gekommen?«
    »Ich ging in der Nähe unseres Lagers durch die Wüste. Dann trat ich in eine
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