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Die Seherin von Knossos

Die Seherin von Knossos

Titel: Die Seherin von Knossos
Autoren: Suzanne Frank
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Quelle geschleift, wo sich beide gewaschen und mit Wasser voll gefüllt hatten, bis Chloe überzeugt war, dass sie nie wieder Probleme haben würde, irgendetwas zu »markieren«.
    Blieb nur die Frage: Warum?
    Hier zu sitzen war schlimmer als jeder Flughafen. Chloe presste Cheftus Hand. Sie hatten so viel gesehen, so viel erlebt, aber warum? Sie sah ihn an. »Was sollte das alles?«
    »Atlantis?«
    »Dass wir hier sind«, sagte sie. »Was hatten Menschen aus der Neuzeit in dieser vorgeschichtlichen Welt zu suchen?«
    Er zog die Achseln hoch.
    »Sollten wir ihnen bei der Krankheit helfen?«
    »Das kann ich mir kaum vorstellen, schließlich sind fast alle gestorben.«
    »Und was ist mit dem Elixier?«, fragte sie.
    »Nur drei von uns haben es eingenommen. Da ich die Scheibe zerstört habe, auf der die Formel stand, kann das Rezept nicht weitergegeben werden. Die Krankheit wie auch die Kur sind ein für alle Mal verschwunden.«
    Und wenn wir die Scheibe hätten behalten sollen?, dachte sie insgeheim. »Wir haben niemanden gerettet.«
    »Ein paar schon, Chloe. Wir haben getan, was wir konnten.
    Mehr kann man nicht verlangen.«
    Schweigend zupfte sie am Boden herum. »Und was ist mit den Steinen? Wozu sind sie da? Ging es vielleicht um sie?«
    Über ihnen schmolz der graue Dunst unter dem Licht der Sterne und des Halbmondes dahin. Cheftu seufzte und antwortete dann langsam: »Diese Steine sind hebräische Orakelsteine. Der hebräische Hohepriester verwendete sie, um mit Gott zu sprechen.«
    »Bequemer, als nur zu beten«, bemerkte Chloe. »Aber was tun sie hier?«
    »Diese Menschen lebten vor den Israeliten, aber auch sie verehrten den Einen Gott.«
    »Bis sie mit den Stieren angefangen haben«, wandte sie ein.
    »Genau. Doch jede Nation ist irgendwann vom Glauben abgefallen, Chloe. Sogar die Israeliten selbst. Gott verzieh ihnen immer wieder ...«
    Seine Worte erstarben, denn der Schatten des Querbalkens begann sich deutlicher abzuzeichnen.
    Um sie herum schien es heller zu werden und rosa zu glühen. Glühte der Querbalken selbst? Sie krochen langsam darauf zu, auf das Mosaik hinauf, unter den Bogen selbst. Chloe packte Cheftus Hand.
    »Es muss der dreiundzwanzigste Dezember sein.«
    »Ja.«
    Der vom Mond gelegte Schatten wanderte langsam voran, über einen Stein nach dem anderen, bis hin zum Zeichen der Ziege. Wie hypnotisiert verfolgten sie den Vorgang. Schließlich stand Cheftu auf und zog sie hinter sich her. Chloe spürte ein hysterisches Kichern in ihrer Kehle. Ihr Mann trug nichts außer einem Gürtel um den Bauch, in dem auf beiden Seiten je ein Stein steckte. Mit seinem über Schultern und Rücken wehenden Haar sah er aus wie vom Umschlag einer Lie-besschmonzette abgekupfert. Sie andererseits sah aus wie eine Hexe, die man im letzten Moment vom Scheiterhaufen ge-klaubt hatte. Cheftu lächelte, als könnte er ihre Gedanken lesen.
    Er gab ihr einen zärtlichen Kuss. Sie spürte, wie er seine Finger mit ihren verband und öffnete die Augen. Das Wasser schlug ihnen schon gegen die Waden. Es war allerhöchste Zeit.
    Ihr Mann zog sie fester an seinen Leib und wich langsam zurück, bis sie auf dem Ziegenmosaik mit den goldgetönten Hörnern standen. Dort hielten sie sich in den Armen und sie spürte, wie ihm das Herz im Halse schlug.
    Das Wasser klatschte gegen die Insel. Entweder würden sie im Meer oder in eine andere Zeit verschwinden. Die Fundamente des Bogens standen schon längst im Wasser und das Glühen vom Querbalken spiegelte sich auf den von Wellen überspülten Felsen. Jetzt waren sie ganz und gar von Wasser umgeben und sie wusste nicht mehr, ob sie ihr Zittern oder seines spürte.
    Cheftu trat zurück und hielt sie auf Armeslänge von sich weg. Dann bückte er sich, holte eine zerbrochene Muschel aus dem Wasser und ritzte damit über seine Handfläche. Blut perlte schwarz aus seiner Haut auf. Er schmierte es erst über seine, dann über ihre Lippen.
    Der aztlantische Schwur. Der Bluteid.
    Ganz langsam, in gebrochenem, kehligem Englisch sprach er zu ihr. Chloe merkte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sein durchdringender Blick ging durch ihr Äußeres, durch die Trümmer von Fleisch und Knochen hindurch bis in ihre alles überdauernde Seele.
    »Uns beiden ist das Leben und Wohlergehen des anderen anvertraut. Mein Blut ist dein, dein Blut ist mein. Ich werde alles tun, um dich mein Lebtag lang zu lieben und zu verehren, in welcher Welt wir auch leben mögen.«
    Er küsste sie und Chloe schmeckte die
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