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Die See des Schicksaals

Die See des Schicksaals

Titel: Die See des Schicksaals
Autoren: Michael Moorcock
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von Nebel gebrochen. Das Schiff war ziemlich groß und bestand von Bug bis Heck aus schwarzem Holz. Seine Form hatte etwas Barockes, Fremdartiges, mit hohen Decks an Bug und Heck und ohne sichtbare Ruderluken. Ungewöhnlich für ein Schiff aus Melnibone oder den Jungen Königreichen. Elric fühlte sich in seiner Theorie bestätigt, daß er hier eine Zivilisation gefunden hatte, die aus irgendeinem Grund von der übrigen Welt abgeschnitten war, so wie Elwher und die Unerforschten Königreiche durch die Weite der Seufzenden Wüste und der Weinenden Wüste von der übrigen Welt getrennt wurden. An Bord war keine Bewegung auszumachen, war keines der Geräusche zu hören, wie sie für ein Schiff auf großer Fahrt typisch waren, selbst wenn der größere Teil der Mannschaft ruhte. Der Nebel wallte hin und her, ließ das rote Licht stärker leuchten und erhellte das Schiff: auf Vorderdeck und Achterdeck wurden große Steuerräder sichtbar, ein schmaler Mast mit gerefftem Segel, komplizierte geometrische Schnitzereien an den Relingen und der Galionsfigur, sowie der mächtige, sich emporschwingende Bug, von dem das Schiff im wesentlichen seine Aura der Kraft bezog und der Elric zu der Auffassung brachte, daß es sich wohl weniger um ein Handelsschiff, als um ein Kriegsschiff handelte. Aber wen gab es in solchen Gewässern zu bekämpfen?
    Elric schlug jede Vorsicht in den Wind, legte die Hände um den Mund und rief: »Holla, Schiff!«
    In der ihm antwortenden Stille schien plötzlich ein besonderes Zögern zu liegen, als hätten die Wesen an Bord ihn gehört, überlegten aber, ob sie ihm antworten sollten.
    »Holla, Schiff!«
    Endlich erschien eine Gestalt an der Backbordreling, lehnte sich darauf und blickte gelassen herüber. Der Mann trug eine Rüstung, die so dunkel und seltsam war wie die Bauart des Schiffes; sein Helm verdeckte den größten Teil des Gesichts und als wesentlichstes Merkmal machte Elric einen dichten goldenen Bart und scharfe blaue Augen aus.
    »Holla, Küste!« sagte der Bewaffnete. Sein Akzent war Elric unbekannt, sein Ton so gelassen wie seine Bewegungen. Elric glaubte ein Lächeln auszumachen. »Was willst du von uns?«
    »Ich brauche Hilfe«, antwortete Elric. »Ich sitze hier fest. Mein Pferd ist tot. Ich habe mich verirrt.«
    »Verirrt? Aha!« Die Stimme des Mannes hallte hohl durch den Nebel. »Verirrt? Und du willst an Bord kommen?«
    »Ich kann ein bißchen bezahlen. Als Gegenleistung für das Mitfahren kann ich euch meine Dienste bieten, entweder bis zum nächsten Hafen, in dem ihr landet, oder bis in irgendein Land in der Nähe der Jungen Königreiche, wo es Landkarten gibt, so daß ich später allein weiterreisen kann...«
    »Nun«, sagte der andere langsam. »Wir hätten Arbeit für einen Schwertkämpfer.«
    »Ich besitze ein Schwert«, sagte Elric.
    »Das sehe ich. Eine gute, große Klinge.«
    »Dann kann ich an Bord kommen?«
    »Darüber müssen wir erst beraten. Wenn du die Güte hättest, noch ein bißchen zu warten.«
    »Selbstverständlich«, sagte Elric. Das Verhalten des Mannes verblüffte ihn, aber die Hoffnung auf Wärme und Nahrung an Bord des Schiffes munterte ihn auf. Er wartete geduldig, bis der blondbärtige Krieger zur Reling zurückkehrte.
    »Dein Name, Herr?« fragte der Krieger.
    »Elric von Melnibone.«
    Der Krieger schien ein Stück Pergament zu studieren, schien mit dem Finger an einer Liste entlangzufahren, bis er zufrieden nickte und die Liste in seinen Gürtel steckte, an dem eine große Schnalle schimmerte.
    »Also«, sagte er, »dann hat sich das Warten hier also doch gelohnt. Ich wollte es erst nicht glauben.«
    »Worum ging es denn, warum habt ihr gewartet?«
    »Auf dich«, antwortete der Krieger und schleuderte eine Strickleiter über die Bordwand, daß sie ins Meer fiel. »Würdest du an Bord kommen, Elric von Melnibone?«

2
    Elric war überrascht, wie flach das Wasser war, und fragte sich, wie ein so großes Schiff so dicht an die Küste kommen konnte. Schultertief im Meer stehend, hob er die Hand, um die ebenholzschwarzen Leitersprossen zu ergreifen. Nur mit äußerster Anstrengung vermochte er sich aus dem Wasser zu ziehen; das Schwanken des Schiffes und das schwere Runenschwert behinderten ihn, doch schließlich war er ungeschickt über die Bordwand geklettert und stand an Deck, während das Wasser aus seiner Kleidung auf die Planken rann und sein Körper vor Kälte bebte. Er sah sich um. In der dunklen Takelage des Schiffes lag schimmernder rötlicher
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