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Die See des Schicksaals

Die See des Schicksaals

Titel: Die See des Schicksaals
Autoren: Michael Moorcock
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daß er nicht zu sehen vermochte. Er schenkte aus einem Silberkrug Wein in einen Silberbecher und begann auf Elric zuzugehen, wobei er den Becher vor sich hinhielt. Elric trat vor und nahm ihn entgegen.
    »Dein Entschluß, zu uns zu stoßen, stimmt mich dankbar«, sagte der Kapitän. »Ich bin sehr erleichtert, Herr.«
    »Das ist höflich gesprochen«, sagte Elric. »Ich muß allerdings hinzufügen, daß die Entscheidung mir nicht schwer gefallen ist. Ich weiß nicht, wohin ich sonst hätte gehen sollen.«
    »Das ist mir durchaus klar. Deswegen haben wir ja auch gerade dort und gerade zu diesem Zeitpunkt Anker geworfen. Du wirst feststellen, daß deine Gefährten ausnahmslos in einer ähnlichen Lage waren, ehe sie an Bord kamen.«
    »Du scheinst von vielen Männern genau zu wissen, was sie tun und wo sie sich befinden«, sagte Elric. Der Weinbecher lag unberührt in seiner Linken.
    »Bei vielen«, bestätigte der Kapitän. »Und auf vielen Welten. Soweit ich weiß, bist du ein kultivierter Mensch, Herr. Deshalb wirst du eine Vorstellung haben von der Beschaffenheit des Meeres, auf dem sich mein Schiff bewegt.«
    »Ich glaube es jedenfalls.«
    »Das Schiff fährt meistens zwischen den Welten - zwischen den Ebenen einer Vielzahl von Aspekten derselben Welt - um es ein wenig genauer auszudrücken.« Der Kaptän zögerte und wandte sein blindes Gesicht von Elric ab. »Bitte glaube mir, daß ich dich nicht absichtlich verwirren will. Manches verstehe ich auch nicht, und anderes darf ich nicht enthüllen. Ich habe ein gewisses Maß an Vertrauen zu rechtfertigen, und ich hoffe, du kannst das respektieren.«
    »Noch habe ich keinen Grund, anders zu denken«, erwiderte der Albino und trank von dem Wein.
    »Ich befinde mich in vorzüglicher Gesellschaft«, sagte der Kapitän. »Ich hoffe, du wirst es auch dann noch als lohnend empfinden, mein Vertrauen zu rechtfertigen, wenn wir unser Ziel erreichen.«
    »Und das wäre, Kapitän?«
    »Eine Insel in diesen Gewässern.«
    »Das muß in der Tat etwas Besonderes sein.«
    »In der Tat. Früher einmal war diese Insel unentdeckt und unbewohnt von Wesen, die wir zu unseren Feinden zählen müssen. Nachdem sie sie nun gefunden haben und ihre Macht erkennen, sind wir in großer Gefahr.«
    »Wir? Meinst du damit deine Rasse oder die Männer hier an Bord?«
    Der Kapitän lächelte.
    »Ich habe keine Rasse - außer mir selbst. Vermutlich spreche ich für die ganze Menschheit.«
    »Die Feinde sind also keine Menschen?«
    »Nein. Sie sind in menschliche Angelegenheiten verwickelt, aber diese Tatsache hat ihnen uns gegenüber keine Loyalität eingegeben. Natürlich gebrauche ich das Wort ›Menschheit‹ in seinem weitesten Sinne und will damit dich und mich eingeschlossen wissen.«
    »Das habe ich schon ganz richtig verstanden«, sagte Elric. »Wie heißen diese Feinde?«
    »Sie tragen viele Namen«, antwortete der Kapitän. »Verzeih mir, aber ich kann jetzt nicht weitersprechen. Halte dich zum Kampf bereit, im richtigen Augenblick werde ich dir mehr enthüllen, das ist ein Versprechen.«
    Erst als Elric wieder vor der rotbraunen Tür stand und zusah, wie Erekose durch den Nebel auf ihn zukam, begann sich der Albino zu fragen, ob der Kapitän ihn nicht so sehr verzaubert hatte, daß er seine Vernunft vergaß. Trotzdem: der blinde Kapitän hatte ihn beeindruckt, und schließlich hatte er nichts Besseres vor, als mit zur Insel zu fahren. Sollte er feststellen, daß die Wesen auf der Insel seiner Meinung nach doch keine Feinde waren, konnte er es sich noch immer anders überlegen.
    »Bist du nun mehr verwirrt - oder weniger, Elric?« fragte Erekose lächelnd.
    »In mancher Beziehung bin ich verwirrter als zuvor, in anderer sehe ich klarer«, antwortete Elric. »Aus irgendeinem Grund ist es mir auch gleichgültig.«
    »Dann teilst du die Gefühle aller hier«, stellte Erekose fest.
    Erst als Erekose ihn zur Kabine hinter dem Mast führte, ging Elric auf, daß er den Kapitän gar nicht gefragt hatte, was es mit den Vieren auf sich haben mochte.

3
    Abgesehen von der Tatsache, daß sie in die entgegengesetzte Richtung wies, ähnelte die andere Kabine der ersten in fast jeder Hinsicht. Auch hier saß etwa ein Dutzend Männer herum; Gesichter und Kleidung wiesen sie als erfahrene Glücksritter aus. Zwei saßen an der Steuerbordseite des Tisches beisammen. Einer hatte den blonden Kopf entblößt; er wirkte sorgenvoll; der andere hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit Elric und trug eine Art
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