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Die See des Schicksaals

Die See des Schicksaals

Titel: Die See des Schicksaals
Autoren: Michael Moorcock
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Nebel, weißer Nebel breitete sich über den Dächern und Wänden der beiden großen Kabinen aus, die sich vorn und achtern vom Mast erhoben - ein Nebel, der nicht so beschaffen war wie der Nebel rings um das Schiff. Einen Augenblick lang hatte Elric die seltsame Vorstellung, daß der Nebel das Schiff ständig begleitete. Er lächelte vor sich hin und schrieb das Traumhafte dieses Augenblicks dem Mangel an Nahrung und Schlaf zu. Sobald das Schiff in sonnigere Gegenden kam, würde es sich als das relativ normale Schiff entpuppen, das es in Wirklichkeit war.
    Der blonde Krieger packte Elric am Arm. Der Mann war so groß wie Elric, aber überaus kräftig gebaut. In seinem Helm schimmerte ein Lächeln, er sagte: »Gehen wir nach unten.«
    Sie erreichten die Kabine vor dem Mast, und der Krieger zog eine Schiebetür zurück, trat zur Seite und ließ Elric vorgehen.
    Elric zog den Kopf ein und betrat die Wärme der Kabine. Eine Lampe mit rotbraunem Glas hing an vier Silberketten unter der Decke, und in ihrem Licht entdeckte er mehrere andere stämmige Gestalten in einer Vielzahl verschiedener Rüstungen; sie saßen an einem festen Schiffstisch. Die Gesichter wandten sich Elric zu, dem der blonde Krieger folgte.
    »Das ist er«, sagte er.
    Einer der Männer in der Kabine nickte; er saß in der entferntesten Ecke, und seine Gesichtszüge lagen im Schatten. »Aye«, sagte er. »Das ist er.«
    »Du kennst mich, Herr?« fragte Elric, setzte sich an ein Ende der Bank und zog den durchnäß-ten Ledermantel aus. Der Krieger neben ihm reichte ihm einen Metallkelch mit Glühwein, und Elric griff dankbar zu, trank die würzige Flüssigkeit und staunte, wie schnell die Kälte aus seinen Knochen vertrieben wurde.
    »In gewisser Weise, ja«, sagte der Mann in den Schatten. Seine Stimme war sarkastisch und hatte zugleich einen melancholischen Klang, und Elric war nicht gekränkt, denn die Bitterkeit in der Stimme schien mehr dem Sprechenden selbst als dem Angesprochenen zu gelten.
    Der blonde Krieger nahm gegenüber von Elric Platz. »Ich bin Brut«, sagte er. »Ich stamme aus Lashmar, wo meine Familie noch immer Land besitzt; es ist aber viele Jahre her, seit ich zum letztenmal dort war.«
    »Also stammst du aus den Jungen Königreichen?« fragte Elric.
    »Aye. Aber das war einmal.«
    »Dieses Schiff reist zu keiner dieser Nationen?« erkundigte sich Elric.
    »Ich glaube nicht«, sagte Brut. »Ich bin selbst noch nicht allzulange an Bord. Ich suche Tanelorn, fand aber statt dessen dieses Schiff.«
    »Tanelorn?« Elric lächelte. »Oh, wie viele diesen mystischen Ort suchen müssen! Kennst du einen Mann namens Rackhir, früher Kriegerpriester aus Phum? Wir haben uns noch kürzlich zusammen durchs Leben geschlagen. Er trennte sich von mir, um Tanelorn zu suchen.«
    »Ich kenne ihn nicht«, sagte Brut aus Lashmar.
    »Und diese Gewässer«, fragte Elric, »sind sie weit entfernt von den Jungen Königreichen?«
    »Sehr weit«, antwortete der Mann im Schatten.
    »Kommst du vielleicht aus Elwher?« erkundigte sich Elric.
    »Oder aus einem anderen der Länder, die wir im Westen die Unerforschten nennen?«
    »Die meisten unserer Länder befinden sich nicht auf euren Landkarten«, sagte der Mann im Schatten. Und er lachte. Wieder registrierte Elric, daß ihn das nicht kränkte. Ebensowenig beunruhigten ihn die Rätsel, die der Mann im Schatten andeutete. Glücksritter (dafür hielt er diese Männer) liebten ihre kleinen Spaße und privaten Schlagworte; gewöhnlich war das das einzige Band zwischen ihnen, außer der Bereitschaft, ihre Schwerter demjenigen zur Verfügung zu stellen, der dafür bezahlen konnte.
    Draußen rasselte der Anker, und das Schiff begann zu rollen. Elric hörte, wie der Segelbaum herabgelassen wurde, er hörte das Knattern des Segels, das sich öffnete. Er fragte sich, wie man die Bucht bei so geringem Wind verlassen wollte. Im gleichen Moment stellte er fest, daß in die Gesichter der anderen Krieger (soweit er Gesichter sehen konnte) ein ziemlich starrer Ausdruck getreten war, als sich das Schiff in Bewegung setzte. Er blickte von einem ernsten, geplagten Gesicht zum anderen und fragte sich, ob seine Züge denselben Ausdruck offenbarten. »Wohin segeln wir?« fragte er.
    Brut zuckte die Achseln. »Ich weiß nur, daß wir unsere Fahrt unterbrechen mußten, um auf dich zu warten, Elric von Melnibone.«
    »Ihr wußtet, daß ich hier sein würde?«
    Der Mann im Schatten trat in Aktion und schenkte sich Glühwein nach aus dem
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