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Die Séance

Die Séance

Titel: Die Séance
Autoren: Heather Graham
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Mädchen war clean. Tänzerin, könnte ich mir vorstellen, voller Hoffnung, mal eine Märchenprinzessin zu werden. Todesursache? Strangulation. Wurde sie vor ihrem Tod gequält? Zur Hölle, ja – ich nenne es ganz sicher Folter, ständig geschlagen zu werden und dabei zu wissen, dass der eigene Tod wahrscheinlich unmittelbar bevorsteht. Die Prellungen scheinen darauf hinzudeuten, dass sie zu irgendwelchen Dingen gezwungen wurde und dass sie sich gewehrt hat. Wir werden natürlich das Material unter ihren Nägeln analysieren, aber …”
    “Aber wenn dieser Mord vom Interstate-Killer begangen worden ist”, sagte Jed dumpf, “wird es keinerlei DNA unter ihren Nägeln geben. Und auch kein Sperma in ihrem Vaginalkanal.”
    “Genau wie vor zwölf Jahren. Als ob der Täter jemand ist, der genau weiß, wie man ihn festnageln kann – ein Polizist, Gerichtsmediziner oder jemand von der Spurensicherung”, sagte Jerry.
    “Oder ein leidenschaftlicher Hobby-Forensiker?”, sagte Jed.
    Doc Martin wurde einen Augenblick nachdenklich. “Da kann man nicht sicher sein, aber jedenfalls wäre das eine Möglichkeit.”
    Ein paar Minuten später standen sie draußen vor der Leichenhalle. Die Sonne stand hoch und es war glühend heiß, der Himmel von exakt dem Kristallblau, für das Florida so berühmt war. Aber die ersten Sturmwolken brauten sich bereits zusammen. Zum Teufel, es war Spätsommer. Das bedeutete in der Regel: ein heftiger Sturm pro Tag, üblicherweise gegen drei oder vier. Die Einheimischen fanden das Phänomen erfrischend, aber die Touristen neigten dazu, aus den Vergnügungsparks zu stürzen, wenn der Regen anfing, weil ihnen nicht klar war, dass alles in einer guten Stunde wieder vorbei sein würde.
    Die folgende Nacht wurde dann stets wunderschön, kristallklar, trotz Hitze und Luftfeuchtigkeit.
    “Deine Meinung?”, forderte Jerry und starrte Jed an.
    “Na ja, entweder hat irgendein Beteiligter komplett Mist gebaut und Beau Kidd war gar nicht der Mörder, oder wir haben da draußen einen Nachahmungstäter, der den Fall genau studiert hat und das Original jetzt verdammt gut imitiert.”
    “So viel war mir auch schon klar.”
    “Jerry, als das damals passierte, war ich nur selten in der Stadt”, erinnerte Jed seinen Freund. “Und ich war noch gar nicht bei der Polizei. Wer ist denn eigentlich momentan dein Partner?”
    “O’Donnell. Mal O’Donnell. Und der war vor zwölf Jahren auch noch nicht in der Gegend. He, wollen wir was essen gehen?”
    Essen? Bei dem Gedanken drehte sich Jed der Magen um. Machte ihn das zu einem Weichei? Er hatte immer noch den Tod und die Desinfektionsmittel in der Nase. Trotzdem wollte er schon zusagen, in der vermutlich vergeblichen Hoffnung, Jerry könnte ihm etwas mitteilen, das ihm einen Hinweis auf die Wahrheit hinter diesen Morden geben würde. Fühlte er sich schuldig? Himmel, ja – vorausgesetzt er hatte einen Fehler gemacht. Nicht nur hatte er in seinem Roman einen Cop zum Täter gemacht, es war auch ganz eindeutig, welcher Fall dem allen zugrunde lag, auch wenn er den Namen aus rechtlichen Gründen ändern musste.
    Und der echte Polizist war jetzt tot.
    Nun, aber seine Eltern nicht. Und die mussten jeden Tag damit leben, dass die Welt von der Schuld ihres Sohnes überzeugt war, eine Überzeugung, die er mit seinem Roman noch untermauert hatte.
    Jed begriff, dass er unbedingt wollte, dass dieser neue Mord die Tat eines Nachahmers wäre – er wollte nicht für das Fortbestehen eines schrecklichen Irrtums mitverantwortlich sein.
    “Hey, bist du noch anwesend?”, fragte Jerry.
    “Ja, Entschuldigung.” Jed blickte auf seine Uhr. “Ich kann nicht mit dir essen gehen. Ich bin anderweitig verabredet.”
    “Tatsächlich?”
    “Meine Kusine Ana. Eine ihrer besten Freundinnen aus Kindertagen ist gerade in das Haus ihrer Großmutter gezogen. Ich habe versprochen, dass ich zu der Einweihungsparty komme.”
    “Cool. Wo ist das Haus?”
    “Beinahe schon draußen im Horse County. So ein altes Schmuckstück von vor dem Bürgerkrieg, eines der wenigen, die es da noch gibt.”
    “Ah. Reicher Leute Kind.”
    “Nein, eigentlich nicht. Ich bin in derselben Straße aufgewachsen, und Ana lebt da immer noch, weil sie das Haus ihrer Eltern gekauft hat. Christinas Haus ist bloß älter und größer. Ihre Großeltern waren Einwanderer, die haben das Haus gekauft, lange bevor sich diese ganzen Themenparks breitgemacht haben, als es da auf dem Land noch nichts als Gehölz
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