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Die Schwingen des Todes

Die Schwingen des Todes

Titel: Die Schwingen des Todes
Autoren: Faye Kellerman
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durch die Medien, wie Donatti es vorausgesagt hatte: Rabbi Chaim Lieber gegen ein halbes Dutzend mit Drogen handelnder und Ecstasy schluckender jugendlicher Ungeheuer, einen korrupten Polizeichef und zwei seiner Helfer. Der erschossene Lieber wurde zu einem Heiligen und seine Frau Minda zu einer Märtyrerin stilisiert. Es war widerlich. Die Tage vergingen, und Decker musste der Polizei, den Medien, Rechtsanwälten, Freunden und Verwandten Rede und Antwort stehen. Nachts peinigten ihn Albträume. Nach außen hin schien er die Sache im Griff zu haben, aber in seinem Innern sah es anders aus. Sein Versagen quälte ihn, und er schämte sich, nicht die Wahrheit enthüllen zu können.
    Nach einigen Wochen war die Geschichte von einer Titelstory zu einer einspaltigen Nachricht im hinteren Teil der Zeitungen zusammengeschmolzen. Decker blieb schließlich mit seinem Geheimnis und seinen Gewissensbissen allein. Nicht einmal Rina weihte er ein. Vor allem nicht Rina.
    Obwohl sie ihn anflehte zu reden, behielt er die Geschichte für sich. Wenn sich alles beruhigt hätte, würde er sich jemandem anvertrauen.
    Wer hätte gedacht, dass es sein Bruder sein würde, der Decker den ersehnten Trost spendete? Nicht Jonathan, der nur einen Teil der Wahrheit kannte, aber geschworen hatte, diesen mit ins Grab zu nehmen. Nicht Jonathan, dessen Religion weder ihm noch Decker half. Als er sein Scheitern erkannte, suchte Jonathan Zuflucht bei einem Psychologen.
    Nein, es war nicht sein Bruder Jonathan, sondern Randy. Sechzehn Tage nach den Geschehnissen in New York fuhr Decker nach Florida, um im Haus seiner Kindheit seine seelischen Wunden zu lecken. Am ersten Wochenende besuchte i hn Randy. Sein einsfünfundachtzig großer und hundertzwanzig Kilo schwerer Bruder war der ideale Typ für einen Undercover-Cop. Sein markantes Gesicht wurde von einem verfilzten schwarzen Bart bedeckt, der ihm übers Kinn wuchs. Seine durchdringenden dunklen Augen ließen nur die Wahrheit gelten.
    Sie unterhielten sich zuerst über dies und das, bis Decker dann auf seine Schuldgefühle zu sprechen kam. Randy hörte zu, ohne ihn zu unterbrechen. Dann legte er ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Warum nimmst du's so schwer, Peter? Wenn du den Dreckskerl getötet hättest, wär ein anderer gekommen und hätte seinen Platz eingenommen - das weißt du so gut wie ich.«
    Decker wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ich weiß nicht, Randy...«
    »Natürlich, Peter. Denk nicht mehr dran.«
    »Ich hätte was tun müssen. Wenigstens den Cops die Wahrheit sagen.«
    »Und alle unglücklich machen - den alten Lieber, die Witwe, die anderen Kinder, die Familie deines Halbbruders, dich, Rina, deine Familie, sogar mich?« Er schüttelte den Kopf. »Der Begriff >Wahrheit< ist dehnbar. Hast du mir nicht erzählt, dass für die Juden Wahrheit Frieden bedeutet?«
    »Nein.«
    »Doch, du hast gesagt, es wäre erlaubt zu lügen, um den Familienfrieden zu erhalten.«
    »Ach das. Schalom bajit. Das bezieht sich auf kleine Schwindeleien, Randy, nicht darauf, einen Mörder laufen zu lassen.«
    »Irgendwann ist auch Donatti dran, genau wie sein Vater. Jetzt musst du dein Leben weiterführen.« Randy lehnte sich in seinem Korbsessel zurück. Die Brüder saßen auf der Veranda und tranken Limonade. »Du bist ein Held, Peter. Du hast dein Leben riskiert, um Chaim zu retten.« »Ich hab es nicht geschafft.«
    »Na und? Du hast es aber versucht. Und du bist dabei noch angeschossen worden. Außerdem hast du auch mich zum Helden gemacht. Weißt du, wie lange wir hinter Weiss, Harabi und Ibn Dod her waren? Du hast sie uns ins Netz getrieben und damit einen großen Ecstasyring gesprengt. Nächste Woche werden sie zum Prozess überstellt.«
    »Wie du schon sagst: Andere werden ihre Plätze einnehmen.«
    »Sicher, aber für uns ist es wichtig, ab und zu einen Erfolg aufweisen zu können, um den Leuten zu sagen: Wir kümmern uns um euch. Um eure Kids und eure Städte. Und das tun wir wirklich.« Er klopfte Decker leicht auf die Schulter. »Du hast uns hier in Miami gut aussehen lassen, genau wie Novack in New York die ganzen netten Sachen, die du über die New Yorker Polizei zu den Reportern gesagt hast. Alle lieben dich. Wenn du politischen Ehrgeiz hättest, könntest du aus der Sache Kapital schlagen und Polizeichef in einer Großstadt werden.«
    Decker schwieg.
    Randy fuhr schweres Geschütz auf. »Peter, du hast mich ganz besonders gut aussehen lassen. Deinetwegen werde ich befördert -
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